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Schroeder, Leopold von
Indiens Literatur und Cultur in historischer Entwicklung: ein Cyklus von 50 Vorlesungen, zugl. als Handbuch der indischen Literaturgeschichte, nebst zahlr., in dt. Übers. mitgeteilten Proben aus indischen Schriftwerken — Leipzig, 1887

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https://doi.org/10.11588/diglit.16152#0013

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die Inder berichtet; wohl schien es zu Alexe nders des Grossen
Zeit sogar, als würde diese Welt ihre starren Thore aufthun
und des macedonischen Welteroberers Plan, die Cultur des
Orients und des Hellenismus zu verschmelzen, in Erfüllung
gehen; wohl waren es interessante und auf wirklicher Sach-
kenntniss beruhende Mittheilungen, die der Grieche Megasthe-
nes über Indien gab, der als Gesandter de Seleukos um das
Jahr 300 vor Chr. am Hofe des Königs (Xndragupta (Sandro-
kottos) zu Pätaliputra (Palibothra) im Herzen der indischen
Culturwelt lebte; w hl brachten auch andere Griechen mehr
oder weniger werthvolle Nachrichten; wohl ist auch die Mög-
lichkeit eines Einflusses indischer Lehren auf griechische Phi-
losopheine, auf die gnostischen und neupl? tonischen Systeme
lange schon bemerkt worden; wohl brachten im Mittelalter
die Araber Kunde von der indischen Medicm und lehrten uns
mit den indischen Zahlzeichen schreiben, die wir zum Dank
nach unseren Lehrmeistern arabische Ziffern nennen, während
die Araber selbst vielmehr den Indern die Ehre der Erfindung
gaben; wohl wanderten im Mittelalter auch die indischen Fabeln
und Märchen über Persien und Arabien nach Europa, befruchtend
auf die Phantasie der abendländischen Völker wirkend; aber
trotz all dieser immerhin höchst werthvollen Mittheilungen und
Nachrichten kann doch von einer wirklichen Ifdnntniss der
indischen Literatur vor dem Ende des 18. Jahrhunderts nicht
die Rede sein. Nur eine unbestimmte, nebelhafte Ahnung da-
von, dass in jenem Lande grosse geistige Schätze verborgen
lägen, hat sich durch die Jahrhunderte hin erhalten in der
sagenhaften Erzählung von der wunderbaren Weisheit der
Inder.

Der griechisch-römischen Culturwelt war es nicht be-
schieden, die fremde Welt des eigentlich doch stammverwandten
Volkes aufzuschliessen. Wohl hatte Alexander ruhmreich ge-
siegt über den erlauchten und tapfern indischen König Poros
und ihn zur Anerkennung seiner Oberhoheit gezwungen; aber
seine Macedonier selbst zwangen den sieggewohnten Beherrscher
der Welt umzukehren, bevor er ins Herz von Indien einge-
drungen. Alexanders weittragende Pläne erfüllten sich nicht,
und volle zwei Jahrtausende sollten noch vergehen, bis die
abendländische Cultur in Indien festen Fuss fasste und andrer-
seits die indische Cultur ins Abendland getragen, hier mit
Eifer studirt, gelehrt und verkündigt wurde.

Die Culturwelt der Inder zu erobern, v :• den Germanen
vorbehalten; sie schlössen die langgetrennten anssersten Glieder
 
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