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Schroeder, Leopold von
Indiens Literatur und Cultur in historischer Entwicklung: ein Cyklus von 50 Vorlesungen, zugl. als Handbuch der indischen Literaturgeschichte, nebst zahlr., in dt. Übers. mitgeteilten Proben aus indischen Schriftwerken — Leipzig, 1887

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https://doi.org/10.11588/diglit.16152#0234

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Sechszehnte Vorlesung.

Die Philosophie der Upanishaden (Fortsetzung und Schluss). Mittheilungen
aus der Chändogya-Üpanishad, Brihadäranyaka, I^a-Upanishad, Kathaka-
Upanishad u. a. Anquetil Duperron's Oupnekhat. Urtheil Schopenhauer's

über dasselbe.

Wir haben am Schlüsse der letzten Vorlesung ein inter-
essantes Gespräch aus dem Brihad-Aranyaka kennen gelernt,
in welchem der Versuch gemacht ist, das Wesen der Weltseele
in ihren verschiedenen Entwickelungsphasen durch Vergleich
mit dem träumenden und endlich traumlos selig schlafenden
Geiste deutlich zu machen. Nun begegnen wir, in andere Form
gekleidet, einem ähnlichen Versuch auch in der Chändogya-
Üpanishad, den ich nur in kurzen Zügen skizziren will.1

Dort tritt Prajäpati, der Herr der Geschöpfe, auf und
redet weise Worte von dem Atman, der Seele, dem Selbst, zur
Erbauung Aller, die es hören. Er sagt: „Das Selbst, welches
frei von Sünde, frei von Alter, von Tod und Kummer, von
Hunger und Durst ist, welches Nichts verlangt, als was es ver-
langen soll, Nichts denkt, als was es denken soll, das müssen
wir zu verstehen suchen. Wer dieses Selbst gefunden und ver-
standen hat, erreicht alle Welten und alle Wünsche."

Die Götter und die Asuren hören diese Worte und be-
schliessen nun auch nach diesem Selbst zu suchen. Und nun
geht von den Göttern Indra, von den Asuren Virocana zu Prajä-
pati hin, und sie wohnen dort als seine Schüler zweiunddreissig
Jahre. Da lässt Prajäpati sie in eine Wasserschale hineinsehen,
und als sie nun sich selbst, ihr Spiegelbild darin erblicken,
spricht er: „Das ist das Selbst, das Unsterbliche, das Furcht-
lose, das ist Brahman!" — Sie gehen fort, und der Asure

1 Chändogyop. VIII, 7—12. Die Erzählung findet sich übersetzt
bei M. Müller, Urspr. u. Entw. d. Rel. p. 367—373. Die wörtlich an-
geführten Stellen sind nach dieser Uebersetzung gegeben.
 
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