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Schroeder, Leopold von
Indiens Literatur und Cultur in historischer Entwicklung: ein Cyklus von 50 Vorlesungen, zugl. als Handbuch der indischen Literaturgeschichte, nebst zahlr., in dt. Übers. mitgeteilten Proben aus indischen Schriftwerken — Leipzig, 1887

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https://doi.org/10.11588/diglit.16152#0709

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Siebenundvierzigste Vorlesung.

Wissenschaftliche Leistungen der Inder. Sprachwissenschaft: Grammatik
und Lexikographie. Der Padapätha. Die Nighantavas. Yäska's Nirukta.
Qäkatäyana. Pänini's Grammatik. Eigentümliche Terminologie. Zeit-
alter des Pänini. Kätyäyana. Patafijali's Mahäbhäshya. Spätere gram-
matische und lexikographische Leistungen. Der Amarako^a. Die Wurzel-
wörterbücher. — Rhetorik und Poetik. — Geschichte.

Unter den Wissenschaften, in welchen die Inder etwas ge-
leistet haben, nimmt die Sprachwissenschaft die erste Stelle
ein, ja auf diesem Gebiete haben sie mehr erreicht als alle
andern Völker des Alterthums, die Griechen nicht ausgenommen,
und es ist eine ebenso bekannte wie bemerkenswerthe That-
sache, dass die rasche und glückliche Entwicklung der ver-
gleichenden Sprachforschung in unserem Jahrhundert nicht zum
geringsten Theile durch die bedeutenden grammatischen Vor-
arbeiten der Inder gefördert worden ist. Nur durch diese war
es den europäischen Gelehrten möglich, den Bau der für die
Vergleichung so hochwichtigen Sanskritsprache zu durchschauen,
von welcher aus bekanntlich das Licht auch in den viel weniger
durchsichtigen Bau der anderen indogermanischen Sprachen
hineinstrahlte.

Das hervorragende Verdienst der indischen Grammatiker
liegt vor Allem in der höchst scharfsinnigen Zerlegung der
sprachlichen Formen in die Elemente, aus welchen dieselben
zusammengesetzt sind. Nicht sowohl geistvolle sprachphiloso-
phische Theorieen, als vielmehr gerade die eindringendste und
sorgfältigste empirische Forschung lässt die Inder auf diesem
Gebiete gross, ja genial erscheinen, und die Methode, deren
sie sich dabei bedienen, muss eine wahrhaft wissenschaftliche
genannt werden. Sie besteht in der gründlichsten Analyse der
äusseren Form der Sprache, Zerlegung derselben in ihre Bestand-
teile und Erkenntniss der Funktion dieser einzelnen Theile.
 
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