Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Schroeder, Leopold von
Indiens Literatur und Cultur in historischer Entwicklung: ein Cyklus von 50 Vorlesungen, zugl. als Handbuch der indischen Literaturgeschichte, nebst zahlr., in dt. Übers. mitgeteilten Proben aus indischen Schriftwerken — Leipzig, 1887

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.16152#0029

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Zweite Vorlesung.

Die Urzeit. Die Periode der indopersischen Einheit. Uebereinstimmungen
und Abweichungen in Religion, Mythologie and Cultus des Zendvolkes
und der vedischen Inder. Wanderung der Inder in das Penjab und
Aufenthalt derselben ebendort in der Periode des Rigveda. Culturver-
hältnisse der Inder in dieser Zeit (Ackerbau, Viehzucht, Gewerbe).

Wenn der forschende Geist sieb bemüht, die ersten An-
fänge des geistigen und religiösen Lebens eines historischen
Volkes wie die Inder zu erkunden, so strebt er naturgemäss über
die durch geschichtliche Denkmäler bezeugte Zeit hinaus und
fragt nach dem Aeltesten, sei es auch nur in nebelhafter Ferne
und in dunklen Umrissen zu erschauen. Hier hat uns für das
indische Volk die vergleichende Sprachforschung unschätzbare
Dienste geleistet, und wenn auch in erster Linie die euro-
päischen Völker dem Sanskrit für die Aufhellung ihrer ersten
sprachlichen und culturgeschichtlichen Anfänge zu Dank ver-
pflichtet sind, so hat doch auch die Indologie der Vergleichung
mit den verwandten Sprachen viel zu danken.

Wir wissen, dass die Inder, als sie noch mit den anderen
indogermanischen Völkern ein Volk bildeten, sei es nun dass
sie im Hochlande von Iran oder auch in den Grenzen eines
anderen Landes1 ihre Heerden weideten, sich in gesitteten,
wenn auch nicht hoch cultivirten Zuständen befanden, dass sie
in Stämmen unter einzelnen Herrschern lebten, dass die Familie
wohlgeordnet bestand, dass üie neben der Viehzucht bereits den
Ackerbau und manches nützliche Handwerk pflegten. Ueber

1 Die früher ziemlich allgemein geltende Annahme, dass Iran der
Wohnsitz des urindogermanischen Volkes gewesen, erscheint mir auch
jetzt noch als die wahrscheinlichste; die Gründe, welche von einigen
Seiten für Europa als Wohnsitz unserer indogermanischen Voreltern
angeführt worden sind, haben mich nicht überzeugt. Doch will ich nicht
unterlassen zu bemerken, dass ich diese Frage noch nicht für eine end-
gültig erledigte ansehe.
 
Annotationen