Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Schroeder, Leopold von
Indiens Literatur und Cultur in historischer Entwicklung: ein Cyklus von 50 Vorlesungen, zugl. als Handbuch der indischen Literaturgeschichte, nebst zahlr., in dt. Übers. mitgeteilten Proben aus indischen Schriftwerken — Leipzig, 1887

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.16152#0220

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Fünfzehnte Vorlesung.

Die Philosophie der Upanishaden. Ihre Ursprünge und ihre Entwicklung.
Vi^vakarman, Prajäpati, Purusha; *\tman und Brahman. Gespräch des
BälAki Gärgya mit König Ajätagatru von Kä^i, aus dem Brihad-Aranyaka.

Frühe schon war in dem Geiste der Inder jener Trieb
erwacht, der in die Tiefe des Göttlichen zu dringen strebte.
Frühe schon wurden bei ihnen die Fragen nach dem Welten-
ursprung, nach dem Geheimniss des Werdens, nach den Grün-
den des Seins aufgeworfen. Und was uns bei diesen ersten
Regungen des philosophischen, resp. theosophischen Denkens
und Suchens der Inder von vornherein charakteristisch er-
scheinen muss, das ist der Ernst, der unablässige Eifer, mit
dem bald von dieser, bald von jener, bald von einer dritten
Seite die Lösung der Fragen versucht wird. Was uns in der
Philosophie der Upanishaden als schöues und tiefsinniges Re-
sultat vorliegt, das ist nicht das Verdienst, die Schöpfung
einiger weniger hervorragender, erleuchteter Geister, nein, wir
sehen seit Alters gleichsam das ganze indische Volk an der
Lösung dieser Fragen mitarbeiten. Die gesammte Art und
Stimmung des religiösen Denkens trägt einen Charakter an
sich, der wie mit Naturnotwendigkeit auf jene späteren Resul-
tate hindrängt.

Wir sahen in den Hymnen des Rigveda die Inder in den
einzelnen Reichen und Erscheinungen der Natur das Göttliche
suchen und erkennen. Aber, nicht befriedigt durch die be-
grenzte Einzelerscheinung des Göttlichen in der Natur, die
gerade in ihrer harmonischen Umgrenzung einem mehr ästhe-
tisch als philosophisch angelegten Geiste volles Genügen ge-
währt hätte, sucht der Inder in dieser einzelnen und begrenzten
Erscheinung ein hohes und höchstes Göttliches, das durch keine
Schranken mehr in seiner Macht, seiner Grösse, seiner Weisheit
und Herrlichkeit beschränkt wird: und indem dieses Suchen,
von verschiedenen Punkten ausgehend, sich immer weiter und
 
Annotationen