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Schroeder, Leopold von
Indiens Literatur und Cultur in historischer Entwicklung: ein Cyklus von 50 Vorlesungen, zugl. als Handbuch der indischen Literaturgeschichte, nebst zahlr., in dt. Übers. mitgeteilten Proben aus indischen Schriftwerken — Leipzig, 1887

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https://doi.org/10.11588/diglit.16152#0585

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Vierzigste Vorlesung.

Jayadeva's Gitagovinda, eine lyrisch-dramatische Dichtung. Bedeutung
dieses Werks für die Geschichte des Dramas. Entstehung des Dramas
im Kreise der Yishnu-Krisbna-Verehrer, mysterienartig. Die bengalischen
Yäträ's. Formschönheit des Gitagovinda. Mittheilungen aus Rückert's
Uebersetzung des Gitagovinda.

Bevor wir uns von der lyrischen Poesie der drama-
tischen zuwenden, müssen wir unsre Aufmerksamkeit noch auf
eine interessante und viel gefeierte Schöpfung des indischen
Mittelalters richten, welche gewissermassen gerade in der Mitte
zwischen den genannten Dichtungsarten steht. Es ist dies das
berühmte Gedicht Gitagovinda, dessen Dichter Jayadeva
einem unverdächtigen Zeugniss zufolge im zwölften Jahrhundert
nach Chr. lebte, und zwar aller Wahrscheinlichkeit nach in
Bengalen.1 Wir können diese Dichtung eine lyrisch-drama-
tische nennen und leitet uns dieselbe in ganz naturgemässer
und passender Weise zum Gebiete des Drama's hinüber, um so
passender, als diese Composition, wie wir gleich sehen werden
für die Erkenntniss der ältesten Geschichte des Drama's nicht
ohne Bedeutung ist.

Den Inhalt des Gitagovinda bildet die Liebe des Krishna
zur schönen Hirtin Rädhä, ihre Entzweiung und endlich ein-
tretende glückliche Versöhnung. Diese Dichtung versetzt uns
in jene Periode von Krishna's Leben, wo er selbst als Hirt
(Govinda) unter den Hirtinnen am blühenden Ufer der Yamunä
lebte und die Lust des Lebens und Liebesglückes in vollster
üppigster Weise genoss. Die einzelnen Personen dieses Liebes-
dramas, Krishna, die Geliebte Rädhäund deren vertraute Freundin
treten in einer Art lyrischer / Monologe auf, wobei bald eine

1 Jayadeva lebte zur Zeit des Königs Lakshmanasena, unter
welchem nur der Yäidyakönig von Bengalen verstanden werden kann,
von dem wir eine Inschrift a. 4- J- 1116 besitzen. (Ygl. Bühler, Re-
port p. 64. Pischel, Gött. Gel. Anz. 1883. Stück 39, p. 1'222.)

v. Schröder, Indiens Lit. u. Cult. 37
 
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