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Schroeder, Leopold von
Indiens Literatur und Cultur in historischer Entwicklung: ein Cyklus von 50 Vorlesungen, zugl. als Handbuch der indischen Literaturgeschichte, nebst zahlr., in dt. Übers. mitgeteilten Proben aus indischen Schriftwerken — Leipzig, 1887

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https://doi.org/10.11588/diglit.16152#0349

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- 343 —

Vollständiger und deutlicher noch als in diesem Liede
treten uns beide Seiten des Rudra, die heilende und die
schreckvolle, in einem anderen Hymnus des Rigveda entgegen1:

1. Du Vater der Maruts, es komme zu uns deine Huld! Beraube
uns nicht des Anblicks der Sonne! Der Held sei gnädig unsern Rossen!
0 Rudra, schenk uns reichen Kindersegen!

2. Durch die heilvollen Arzeneien, die du spendest, o Rudra, möchte
ich hundert Winter noch erleben! Scheuche weit weg von uns die Noth,
die Anfeindung, die Uebel weg nach allen Seiten!

3. Du, Rudra, bist an Schönheit der Schönste der Geborenen, der
Stärkste der Starken, du Donnerkeilträger! Bring rettend uns ans andre
Ufer der Noth, zum Heile, halte fern von uns alle Angriffe der Krankheit!

4. 0 möchten wir dich nicht erzürnen, Rudra, durch unsre Ver-
ehrung, nicht durch ein schlechtes Preislied und Geschrei.2 Hilf unsern
Helden auf mit deinen Arzeneien! Den besten der Aerzte hör ich dich
nennen.

5. Ihn, der durch Anrufung und Opfer herbeigerufen wird, den
Rudra möchte ich mit Preisliedern befriedigen; der süssen Trank ver-
schafft und trefflich anzurufen ist, nicht möge uns der schönwangige
Braune dem Zorne überantworten.

6. Der Stier,3 den die Maruts umgeben, hat mich mit rüstiger Kraft
erfreut, da ich flehte. Möchte ich de3 Rudra Huld erreichen unversehrt,
wie den Schatten aus der Sonnengluth.

7. Wo ist denn, Rudra, deine gnädige Hand, die heilt und lindert?
Der du die gottgesandte Krankheit wegnimmst, sei gnädig mir, o Stier!

8. Dem braunen Stier, dem glänzenden, lass ich erschallen laut
den grossen Lobgesang! Verehre den hellfunkelnden in Demuth! Wir
preisen des Rudra gewaltiges Wesen.

9. Mit starken Gliedern, vielgestaltig, furchtbar, schmückte der
Braune sich mit leuchtendem Goldschmuck. Von ihm, dem Herrn der
grossen Welt, von Rudra weichet nicht göttliche Lebensfülte.

10. Wohl würdig dessen trägst du Pfeil und Bogen, wohl würdig
dess den hehren bunten Goldschmuck, wohl würdig dess besitzest du all
diese Macht; nichts Stärkeres giebt es als dich, o Rudra.

11. Preise den berühmten jugendlichen, der auf dem Streitwagen
sitzet, den furchtbaren, der wie ein wildes Thier (den Gegner) anfällt!
Sei gnädig dem Sänger, o Rudra, wenn du gepriesen wirst! Einen Andern
als uns mögen deine Geschosse treffen.

12. Wie ein Knäblein, das seinen Vater begrüsst. so neige ich mich
dem Herannahenden, o Rudra! Ich preise den Spender des reichen
Gutes, den Heerführer; du, der Gepriesene, spende die Heilmittel uns!

13. Eure strahlenden Arzeneien, o Maruts, die sehr heilvoll und
wohlthätig sihd, ihr Starken, die unser Vater Manu sich erwählte, die
wünsche ich von Rudra zu Heil und Segen.

14. Des Rudra Waffe möge uns erschonen! Vorüber gehen mög
an uns die schwere Ungunst des Gewaltigen! Was allzu straff ist, spanne

1 RV 2, 33; Verfasser Gvitsamada.

2 Eig. Zusammenrufen, d. h. wohl Durcheinanderufen. Schreien
beim Gebete.

3 Stier, starker Stier, brauner Stier — ehrendes Beiwort so mancher
Götter, und auch des Rudra.
 
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