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Schroeder, Leopold von
Indiens Literatur und Cultur in historischer Entwicklung: ein Cyklus von 50 Vorlesungen, zugl. als Handbuch der indischen Literaturgeschichte, nebst zahlr., in dt. Übers. mitgeteilten Proben aus indischen Schriftwerken — Leipzig, 1887

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https://doi.org/10.11588/diglit.16152#0389

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Siebenundzwanzigste Vorlesung.

Allgemeines Culturbild des indischen Mittelalters. — Parallele zwischen
dem Alterthum, Mittelalter und der neueren Zeit in Europa und in Indien.
Nähere Bestimmung des indischen Mittelalters. Mönchthum und Ein-
siedlerleben. Busse und Askese. Wunderbare Macht der Askese. Nach-
richten der Griechen über'die indischen Asketen.

Nachdem Avir in den letzten Vorlesungen das Göttersystena
des indischen Mittelalters entwickelt haben, müssen wir nun
noch ein allgemeines Bild von den brigen Culturerscheinungen
dieser Zeit zu gewinnen suchen, bevor wir zur Schilderung
ihrer literarischen Schöpfungen übergehen.

Wie schon aus dem Frühergesagten hervorging, lässt sich
die Geschichte Indiens ebenso wie die der abendländischen
Welt deutlich scheiden in ein Alterthum, ein Mittelalter
und eine neuere Zeit.

Diese Eintheilung ist keineswegs nach der Schablone unserer
abendländischen Geschichtsdarstellung künstlich zugeschnitten,
vielmehr ergiebt sie sich dem tieferschauenden Blicke als durch-
aus naturgemäss und in den Verhältnissen begründet.

Es ist in der That auffallend und merkwürdig genug, wie
sehr die drei grossen Epochen der indischen Entwicklung dem
Alterthum, Mittelalter und der neueren Zeit Europa's ähnlich
sehen, ohne dass — mit Ausnahme der letzten Jahrhunderte
— eine nähere Berührung oder irgend bedeutende Beeinflussung
zwischen den beideri grossen Culturgebieten stattgefunden hätte.

Da haben wir zuerst das Alterthum mit seinen naiven
und urwüchsigen Schöpfungen, seinem kräftigen, gestaltenreichen
Polytheismus, seiner Heroenzeit, seinem Opfercultus, den ersten
bedeutenden staatlichen Bildungen, den ersten grossen und auch
für die Folgezeit bestimmenden Gestaltungen des philosophischen
Triebes. Dann eine Zeit des Uebergangs, der Verinnerlichung,
der religiösen und sittlichen Einkehr der Menschen in sich
selbst, und daraus entspringend das Mittelalter mit seinem
 
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