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Schroeder, Leopold von
Indiens Literatur und Cultur in historischer Entwicklung: ein Cyklus von 50 Vorlesungen, zugl. als Handbuch der indischen Literaturgeschichte, nebst zahlr., in dt. Übers. mitgeteilten Proben aus indischen Schriftwerken — Leipzig, 1887

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https://doi.org/10.11588/diglit.16152#0586

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— 578 -

zweite Person als Zuhörer gedacht wird, bald auch nicht.
Eigentlicher Dialog findet nicht statt. Der Dichter selbst führt
in kurzen einleitenden Strophen die Personen vor und beschreibt
kurz die Situation und Gemüthsverfassung, in der sie sich be-
finden, — dann beginnt der Gesang.

Lassen hat nun schon vor längerer Zeit die Ansicht ausge-
sprochen, — und dieselbe hat entschieden viel Wahrscheinlich-
keit für sich, — dass die dramatische Poesie sich zuerst in den
Kreisen der Vishnu-Verehrer entwickelt habe, und dass wir in
dem Gitagovinda, wenn dieses Werk auch aus viel späterer
Zeit stammt, ein Beispiel, oder richtiger ein Abbild jener äl-
testen dramatischen Dichtung vor uns haben. Selbstverständ-
lich hat er damit nur sagen wollen, „dass in einer viel früheren
Zeit Scenen aus der Geschichte Krishna's oder Vishnu's auf
eipe ähnliche Weise dargestellt worden seien, ohne an eine
Aehnlichkeit mit der sehr künstlichen Sprache und der aus-
gebildeten Verskunst des späteren Gedichts zu denken."1 Es
wurde der Gitagovinda bei dem zu Ehren des Krishna gefeierten,
Rasa genannten Feste vorgetragen, und wurden bei dieser Ge-
legenheit auch Tänze aufgeführt und Lieder zu Ehren des
Krishna gesungen.2

Zu der Annahme, dass das älteste Drama mit dem Cultus
des Vishnu-Krishna in nächster Beziehung stand, stimmt auch
Dasjenige, was die einheimische Tradition über die Anfänge
des Dramas zu berichten weiss. Das Schauspiel, welches Bha-
rata, der mythische Schöpfer des Dramas, vor den Göttern
aufgeführt haben soll, war die Gattenwahl der Laksbmi, der
Frau dö£ Vishnu. Ferner sagt die Tradition, dass das Samgita,
eine aus Musik, Tanz und Gesang gemischte Aufführung von
Krishna und den Hirtinnen ausgegangen sei.3 Es ist diese An-
nahme weiter noch glänzend bestätigt worden durch den Nach-
weis, dass das Mahäbhäshya, ein berühmtes grammatisches Werk,
das etwa aus dem zweiten Jahrhundert vor Chr. stammen dürfte,
unzweideutig dramatische Aufführungen der Tödtung des Kamsa
und der Gefangennahme des Bali4 erwähnt, und dies sind ja
gerade wieder Vorgänge aus der Geschichte des Krishna/' Es

1 S. Lassen, Ind. Alt. II2, p. 509.

2 S. Lassen a. a. 0., sowie auch in den Prolegomena zu seiner
Ausgabe des Gitagovinda p. VII.

3 Lassen, Ind. Alt. II2, p. 509; Prolegom. zum Gitagov. p. VII.

4 Kamsavadha und Balibandha.

5 S.Weber, Ind. Lit. 2. Aufl. p. 215 Anm. Windisch, der griech.
Einfluss im indischen Drama, p. 6.
 
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