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Schroeder, Leopold von
Indiens Literatur und Cultur in historischer Entwicklung: ein Cyklus von 50 Vorlesungen, zugl. als Handbuch der indischen Literaturgeschichte, nebst zahlr., in dt. Übers. mitgeteilten Proben aus indischen Schriftwerken — Leipzig, 1887

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https://doi.org/10.11588/diglit.16152#0066

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— 58 —

in der frühesten Morgendämmerung, ehe noch die Sonne am

Horizont erscheint, muss er dies Gebet sprechen (RV 3, 62, 10):

tat savitur varenyam
bhargo devasya dhimahi,/
dhiyo yo nah pracodayat //

„Den herrlichen Glanz Gott Savitar's mögen wir erlangen! Er soll
unsre Andacht fördern!"

So ist Savitar seit der Zeit des Rigveda bis in unsere Tage
ein viel angerufener Gott.

Ganz andersartig ist die Gestalt eines anderen Gottes, den
wir ebenfalls deutlich als Sonnengott erkennen, nämlich des
Püshan, der als ein Hirt vorgestellt wird, mit dem Ochsen-
stachel bewaffnet oben am Himmel wandelt und vor Allem den
Heerden Wachsthum und Gedeihen spendet. Er ist so recht
ein Gott, wie er zu dem Hirtenvolk der alten Arier passt Er
wird auch als der Geleitsmann auf Wegen und Strassen, als
„Wegesherr" verehrt und angerufen. Vor Allem aber soll er
dem Vieh, den Rindern und Rossen der Opferer und Sänger
nachgehen und sie behüten, dass keins sich verliert, keins sich
verletzt und keins in eine Grube fällt; unversehrt soll er sie
alle wieder her beibringen.1 Wahrscheinlich weil die Ziege von
allem Vieh am kühnsten klettert, ist dem Gott auf seiner
schwindelnden Höhe ein Ziegenpaar verliehen, das seinen
Wagen zieht.

Auch der als einer der Aditya's schon früher besprochene
Mitra ist ursprünglich ein Sonnengott.

Ein Sonnengott ist aller Wahrscheinlichkeit nach auch
Vishnu, der Geschäftige oder Wirksame, dessen Gestalt im
Rigveda nur wenig hervortritt, der aber berufen war, in spaterer
Zeit zu dem Range eines obersten Gottes emporzusteigen. Aus
dem vedischen Pantheon könnte er herausgenommen werden,
ohne dass die Lücke merkbar würde. Es wird im Rigveda von
ihm hauptsächlich das Eine berichtet, dass er mit drei Schritten
den ganzen Lichtraum durchmisst; Aufgang, Höhepunkt und
Niedergang des Lichtes sind seine drei Fussstapfen, schon nach
den indischen Commentatoren. Auch erscheint er als thätiger
Freund des Indra. An diesem bescheidenen Gotte bewährt
sich das Wort, dass die Letzten die Ersten werden sollen.
Denn er ist es, der später als Erhalter der Welt gefeiert, für
die Weltseele selbst erklärt wird, die in wiederholter irdischer
Verkörperung der Welt und den Menschen Heil gebracht hat.

1 S. RY 6, 54, 5—7.
 
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