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Schroeder, Leopold von
Indiens Literatur und Cultur in historischer Entwicklung: ein Cyklus von 50 Vorlesungen, zugl. als Handbuch der indischen Literaturgeschichte, nebst zahlr., in dt. Übers. mitgeteilten Proben aus indischen Schriftwerken — Leipzig, 1887

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https://doi.org/10.11588/diglit.16152#0526

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— 518 —

Dasselbe hat nun freilich auch bei den Fabeln stattgefunden,
insbesondre soweit dieselben mit Märchen verbunden und ver-
webt in dem berühmten Paficatantra sich vorfinden, dessen
mannigfache Wanderungen und interessante Schicksale wir später-
hin betrachten wollen. Es tritt aber bei den Fabeln eine andre
und schwierigere Frage ein, deren Lösung nur durch eingehende
vergleichend-literarhistorische Studien gewonnen werden kann,
— die Frage nämlich, ob und wieweit dieselben ursprünglich
indische Schöpfungen sind, ob und wieweit hier vielleicht Ent-
lehnungen von andern Völkern, insbesondere den Griechen, statt-
gefunden haben.

Es lässt sich nämlich garnicht verkennen, — und darin
stimmen alle Forscher überein —, dass eine bedeutende Anzahl
der indischen Fabeln, wie sie uns im Paficatantra, im Hitopa-
dega, und zum Theil auch schon in einigen älteren Werken1
vorliegen, augenfällig verwandt sind mit Fabeln, welche sich
bei den Griechen besonders an den Namen des Aesop knüpfen
und die uns als Fabeln des Babrius erhalten sind.

Albrecht Weber hatte sich zuerst (i. J. 1852) in seiner
Indischen Literaturgeschichte dahin ausgesprochen, dass die Ori-
ginale für viele jener griechischen Fabeln sich bei den Indern
nachweisen Hessen;2 und diese Ansicht war auch von A. Wage-
ner in einer besonderen Schrift eingehend vertheidigt worden.3
Weber aber kam nachher, und speciell bei einer gründlichen
Besprechung der Wagener'schen Arbeit, zu dem gerade ent-
gegengesetzten Resultate, dass nämlich „bei fast jedem Beispiel
in der griechischen Fabel der indischen gegenüber die Spuren
der Originalität zu erkennen" wären;4 dass somit von Seiten
der Inder eine Entlehnung stattgefunden habe. Als specielle
Vermittler glaubte er dabei die Buddhisten annehmen äu müssen.

Diese spätere Web ersehe Ansicht wurde wiederum von

1 Wie im Mahäbhärata und in der Chändogya-Upanishad (s. Weber,
Ind. Lit., 2. Aufl. p. 228).

2 Ind. Lit. 1. Aufl., p. 196.

3 Essai sur les rapports qui existent eutre les apologues de I'Inde
et les apologues de la Grece par A. Wagener, professeur agr£ge ä
l'universite de Gand. — Memoires couronnes et mömoires des savants
etrangers, publies par l'academie royale des sciences, des lettres, et des
beaux arts de Belgique, tom. XXY. 1851—1853. Bruxelles 1852. (Diese
Schrift hatte schon im Jahre 1849 einen Preis der philosoph. Fakultät
in Bonn gewonnen und war im Jahre 1852 der Belg. Academie über-
reicht worden).

4 S.Weber, Ueber den Zusammenhang indischer Fabeln mit grie-
chischen, Ind. Stud. III, p 327; Ind. Lit. 2. Aufl. p. 228 Anm.
 
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