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Schroeder, Leopold von
Indiens Literatur und Cultur in historischer Entwicklung: ein Cyklus von 50 Vorlesungen, zugl. als Handbuch der indischen Literaturgeschichte, nebst zahlr., in dt. Übers. mitgeteilten Proben aus indischen Schriftwerken — Leipzig, 1887

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https://doi.org/10.11588/diglit.16152#0541

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— 533 —

Dann für die Ziegen Rinder! Sobald die Kühe gekalbt haben,
verkaufe ich die Kälber. Dann für die Rinder Büffel! Für die
Büffel Stuten! Sobald die Stuten geworfen haben, werde ich
viele Pferde besitzen. Aus dem Verkauf von diesen löse ich
viel Gold. Für das Gold bekomme ich ein Haus mit vier Ge-
bäuden in einem Viereck. Dann kommt ein Brahmane in mein
Haus und giebt mir ein sehr schönes Mädchen mit grosser
Mitgift zur Frau. Die wird einen Sohn gebären. Dem werde
ich den Namen Somagarman geben. Wenn dieser dann alt
genug ist, um sich auf meinen Knieen zu schaukeln, dann
werde ich ein Buch nehmen, mich hinten in den Pferdestall
setzen und studiren. Mittlerweile sieht mich Somagarman, und
begierig, -auf meinen Knieen zu schaukeln, klettert er von seiner
Mutter Schooss und kommt zu mir dicht an die Hufen der
Pferde. Dann werde ich, von Zorn erfüllt, der Brahmanin zu-
rufen: Nimm das Kind! Nimm das Kind! — Sie aber, mit
Hausarbeit beschäftigt, hört meinen Ruf nicht. Dann spring
ich auf und gebe ihr einen Fusstritt." Indem er so in diese
Gedanken versenkt war, stiess er mit dem Fusse so aus, dass
der Topf zerbrochen und er selbst von dem Reisbrei, welcher
sich im Topfe befand, weiss gefärbt ward. Daher sage ich:
Wer unvernünftige Projekte über die Zukunft spinnet aus, dem
geht's wie Somagarman's Vater: er liegt von Reisbrei weiss
gefärbt.

Hören wir nun, wie sich diese Geschichte in unserer alten
deutschen Uebersetzung ausnimmt1:

Niemand soll in seinen Anschlägen zu stark fantisiren,2
dass er sein selbs nit vergess, dass ihm nit geschehe als dem
Bruder,3 der sein Fässlin mit Honig zerschlüge.

Man sagt, es wohnet einsmals ein Bruder der dritten Regel»
der Gott fast dienet,4 bei eins Kiinigs Hof, den versähe der
Künig und gab ihm alle Tag zu Auffenthalt5 seins Lebens sein
Kuchenspeiss6 und ein Fässlin mit Honig. Dieser ass alle Tag
die Speiss vor der Kuchen7 und den Honig behielt er in ein
irden Fässlin, das hieng ob seiner Bettstatt, so lang bis dass
es voll ward. Nu kam bald ein grosse Theurung in den Honig,

1 Daselbst p. LXXIII. Ich habe die, übrigens recht inconsequente,

Orthographie des Originals der unserigen näher zu bringen gesucht, im
Uebrigen aber die alte Sprache nach Möglichkeit in ihrem eigentüm-
lichen Charakter beibehalten.

3 phantasiren. 3 d. i. Mönch. * Gott eifrig diente. 6 d. h-

zur Erhaltung. 6 Küchenspeise. 7 die Speise vor der Küche.
 
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