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Schroeder, Leopold von
Indiens Literatur und Cultur in historischer Entwicklung: ein Cyklus von 50 Vorlesungen, zugl. als Handbuch der indischen Literaturgeschichte, nebst zahlr., in dt. Übers. mitgeteilten Proben aus indischen Schriftwerken — Leipzig, 1887

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https://doi.org/10.11588/diglit.16152#0653

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— 645 —

Dass der Mond vom Himmelszelt
Nieder auf die Erde fällt?

Willst du sehn, dass Feuersgluth
Lodert in der Wasserfluth?

Grosser König, gieb Bescheid;

Was du magst, ich bin bereit.1

Dann schwingt er seine Pfauenfedern und, siehe da, in
den Lüften zeigen sich zum höchsten Erstaunen des Königs
und seines Hofes die grossen Götter selbst, Qiva, Vishnu und
Brahmä auf seinem Lotussitz, Indra auf seinem Elephanten
reitend,

Vidyädhara- und Siddhaschaaren,

Die tanzend durch die Lüfte fahren.

Die Ankunft eines fremden Ministers, den der König em-
pfangen muss, unterbricht das Zauberspiel. Plötzlich geräth
Alles in Aufregung, Geschrei und Getümmel erschallt — eine
furchtbare Feuersbrunst ist in dem Frauenhause ausgebrochen!
Der König in höchster Angst, dass die Geliebte mit verbrennen
möchte, lässt sich durch nichts zurückhalten, stürzt sich in
Flammen und Rauch, findet sie, umarmt sie, will sie retten, —
da ist plötzlich Feuer und Gluth verschwunden und das Frauen-
haus steht unversehrt in seinem alten Zustand da, — auch dies
war nur ein Spiel der Zauberei gewesen, die dem König so zur
lang ersehnten Berührung mit der Geliebten verholfen.

Die Ratnävali ist in vortrefflicher Weise von Carl .Cap-
peller herausgegeben.2 Eiife geschmackvolle und treue Ueber-
setzung des Stückes verdanken wir dem um das indische Drama
sehr verdienten Ludwig Fritze 3

Einen ganz anderen Charakter als dieses Stück hat der
ebenfalls dem König Qriharsha zugeschriebene Nagänanda,
ein durch bedeutende Vorzüge ausgezeichnetes Sensationsstück
mit buddhistischer Färbung, dessen Held ein Buddhist ist, in
dessen Nändi Buddha gepriesen wird. Der Nagänanda ist von

^ S. Fritze's Uebersetzung der Ratnäv. p. 88.

2 In der 2. Aufl. von 0. Böhtlingk's Sanskrit - Chrestomathie,
St Petersburg 1877, p. 290 flg. Ausserdem sind mehrere Ausgaben des
Stückes in Calcutta erschienen; so i. J. 1832; i. J. 1864; i. J. 1871;
ferner eine Ausgabe in Bombay, 1883.

3 Ratnävali oder die Perlenschnur. Ein indisches Schauspiel.
Aus dem Original zum ersten Male ins Deutsche übersetzt von Ludwig
Fritze, Chemnitz 1878. Eine englische Uebersetzung hatte schon vor
Jahren H. H. Wilson in seinem Select Specimens of the Theatre of the
Hindus geliefert, welche dann auch (von 0. L. B. Wolff) mit dem ganzen
Werke ins Deutsche übertragen wurde. (Theater der Hindus, Bd. II,
Weimar 1831, p. 123 flg.)
 
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