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Schroeder, Leopold von
Indiens Literatur und Cultur in historischer Entwicklung: ein Cyklus von 50 Vorlesungen, zugl. als Handbuch der indischen Literaturgeschichte, nebst zahlr., in dt. Übers. mitgeteilten Proben aus indischen Schriftwerken — Leipzig, 1887

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https://doi.org/10.11588/diglit.16152#0689

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— 681 —

Solchen Sprüchen muss man nun aber andre entgegen-
stellen, die sehr anders reden. So hören wir:

I. S. 1288. Reichthümer sind zunächst schwer zu erwerben; sind
sie erworben, so ist es schwer sie zu hüten; der Verlust des Erworbenen
ist wie der Tod: darum denke man nicht an Reichthümer.

Pahcat. 1, 312 (I. S. 2726). Besser der Wald, besser Almosen,
besser ein Lebensunterhalt durch Lasttragen als Gewinnung von Reiöh-
thümern durch Dienst bei dummen Menschen.

Und aus Bhartrihari's Sprüchen wird uns energisch
mahnend zugerufen (2, 77; I. S. 2731):

Besser, dass dieser Leib von einem mit seinem Gipfel emporragen^
den, ehrwürdigen Berge auf irgend eine rauhe Stelle fällt und zwischen
harten Felsen zerschmettert wird, besser die Hand in den scharfzahnigen
Rachen einer riesigen Schlange zu stecken, besser sich in's Feuer zu
stürzen, als dass die edln Gemiithsart zu Grunde gehe.

Der Edle aber, der verkannt und gering geachtet wird, darf
ruhig bleiben im Bewusstsein seines Werthes:

Nitiratna 121. Ein Edelstein liegt zu den Füssen, ein Glasstück
wird auf dem Haupte getragen; mag es ihnen immerhin so ergehen, wie
es ihnen ergeht, — Glas bleibt doch Glas, und Edelstein bleibt Edelstein.

In reicher Anzahl würden sich noch andre Sprüche dar-
bieten, die es in hohem Grade verdienen dürften, angeführt zu
werden; doch wir müssen uns an den gegebenen Beispielen ge-
nügen lassen. Möchte es mir gelungen sein, durch diese frei-
lich nur flüchtige Skizze Ihr Interesse für den reichen und
originellen Gedankengehalt der indischen Spruchweisheit nach-
haltig erregt zu haben.2

1 Vgl. Ind. Spr. 2086.

2 Eine Auswahl von 387 Sprüchen der Böhtlingk'schen Samm-
lung hat Ludwig Fritze in metrischer Form herausgegeben. (Indi-
sche Sprüche. Aus dem Sanskrit metrisch übersetzt. Leipzig, Reclam's
Univ.-Bibl). — Die Sprüche des Bhartrihari sind schon vor längerer
Zeit von P. v. Bohlen in metrischer Uebertragung einem weiteren Publi-
kum zugänglich gemacht worden. (Hamburg 1835). Lange vorher hatte
schon der Missionar Abraham Roger das 2. und 3. Buch der Sprüche
des Bh. in's Holländische übersetzt, in seiner Open Deure cet. i. J. 1651.
[Deutsch, Nürnberg 1663, unter dem Titel: Neu eröffnetes Indisches
Heidenthum]. Herder machte Einzelnes davon in geschmackvoller Form
als „Gedanken eines Brahmanen" bekannt. — Die indischen Weisheits-
sprüche sind übrigens auch nach Birma hinübergewandert und finden
sich dort hauptsächlich in drei Sammlungen, Lokaniti, Dhammaniti und
Räjaniti genannt, die im Päli-Dialekt verfasst sind. Eine engl, üeber-
setzung derselben veröffentlichte James Gray, Ancient Proverbs and
Maxims from Burmese Sources or tlie Niti Literature of Burma. Lon-
don 1886.
 
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