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Antiquitäten-Zeitung — 2.1864

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Verbürgte

Auflage 3000.


und Alterthumskunde.

Verbürgte

Auflage 3000.


Abouuement:
Deutſchland u. Oeſterreich 2.50
vierteliährlich, Ausland ıM4 3. —.

Stuttgart, 10. Jauuar 1894,
(Erſcheint wödhentlich.)

2. Jahrgang.

Raum 20 Pfennig.

Die Bezugsbediugungen ſind auf der letzten
Seite in ieder Nummer abgedruckt. Erfüllungsort für
die Lieferung und für die Zahlung: Stuttgart.

Probe⸗Nummern. Sollte durch Zufall eine
Probe⸗Nummer an einen Empfänger gelangen, * der
kein Intereſſe für Antiquitäten hat, ſo bitten wir, die-
ſelbe an einen Sammiler weiterzugeben.

Belagerung und Uebergabe
einer Burg.

Nachdruck verboten.)

Die angekündigte Fehde war ausgebrochen. Der


Rauben, Morden und Sengen ſuchte er ſeinem
Feinde den größten Schaden beizufügen, Eine
ſchlimme Nachricht nach der andern kam auf die
Burg des Herausgeforderten, wo alles ſich auf
die wohl nicht allzulange ausbleibende Belage-
rung rüſtete! Mehl und Salz, Getreide und
jonitige Nahrungsmittel wurden Teichlich, in die

Die leeren Kufen und Zuber in allen Gaͤngen
und unter den Dächern wurden mit Waſſer ge-

bereitet zu ſein! Haufen kleinerer und großer
Steine wurden auf dem Burghof und in den
Mauergängen neben den weiten Schießſcharten
zuſamniengetragen.! Da und dort erprobte ein
Mann die Spannkraft ſeiner Armbruſtſehne; auch
die Stand⸗ oder Thurmarmbrüſte, deren Sehnen
mit einer beſonderen Winde geſpannt werden
niußten und welche große Steine fortzuſchnellen
vermochten, wurden in Stand geſetzt Schwere
Laͤnzen allerlei Brandſtoffe, eiſenbeſchlagene Bol-
zen für die Aruibrüſte wurden herbeigeſchafft oder
angefertigt. Haſtiges, ruheloſes Treiben und
Schaffen herrſchte in den grauen Mauern, die der
Feind wohl bewehrt finden ſollte.⸗

Die Schreckenskunden mehrten ſich; näher rückte mit
ſeinen Brandſchatzungen der Feind. Die Unterthanen
draußen erbaten, verlaugten Hülfe. Im nächſten Kirch-
dorfe haͤtten ſich die Bauern der Umgegend hinter die
hohen Mauern ihres feſten Kirchhofes mit allen ihren
beweglichen Habſeligkeiten geflüchtet. Hier wollten ſie ſich
gegen die hekanziehenden Plünderer kraͤftig wehren. Ihr
Bürgherr aber ſollte zur Hülfe, zum Entſaͤtze herbeieilen;
eine Botſchaft hatte ihn D’rum gebeten. Und nachdem in
der Burg alles bereit war, beſchloß auch der Burgherr,
dem Feinde entgegenzureiten; vielleicht gelang e8, ihn
zurückzuhalten und ſd die Belagerung der Burg abzu-
wenden. Dieſe in die Hut einiger bewährter Mannen
übergebend, ritt der Herr mit ſeinem Gefolge dem Feinde
entgegen. Vom Kirchdorfe her klang heulend die Sturm-
glocke und je näher der reiſige Zug kam, deſto deutlicher

Plötzlich wirbelte von ben Strohdaͤchern der niederen
Bauernhäuſer eine dichte Rauchwolke auf, ein vielſtim-
miger Wehſchrei durchzitterte die Luft. Da ſpornten die
Neiter die ſchnaubenden Roſſe an und ſprengten in das
Dorf. Schon berannte der Feind den Kirchhof. In
4* Rücken wälzte ſich die Flamme durch die Dorf-
gaſſe.

Heller Jubel aus den Kirchhofmauern begrüßte den
herbeieilenden Entſatz gegen den ſich nun die flürmenden
Feinde wandten Aus dem Kirchhofe brachen die Bauern
mif ihren zu Mordwaffen umgewandelten Senſen, Heu-
gabeln und Dreſchflegeln Ein ſchweres Ringen und
Streiten entſpann ſich. Aber die Feinde waren in der
Ueberzahl; aus den benachbarten Gaſſen ſtrömten ſie vom
Raube zur Hülfe herbei, während die Bauern — einer
nach dem andern — heimlich davonſchlichen, um ihre
Häuſer vor dem verheerenden Feuer zu ſchützen und den






Umzug der Metzgerknechte. (Tert Seite 12.)

raubenden Feinden Einhalt zu thun! Der Burgherr
wurde zurückgeworfen. Eilend floh er mit den Seinigen
der ſchützenden Burg zu, verfolgt vom Feinde. Da jedoch
deſſen Fußvolk nur laͤngſam nachrücken konnte, da ferner
Viele ihr Gelüſte zum Rauhen nicht länger bezähmen
wollten, mußten auch die Reiſigen bald von ihrer Ver-
folgung abſtehen. Die Thore ſſchloſſen ſich hinter den
Heimkehrenden; die Zugbrücke wurde aufgezogen und ſo-
fort wurden die letzten Zurüſtungen getroffen, um den
nun bald und ſicher anrückenden Feind gebührend zu
empfangen. Ohne Beunruhigung verging die Nacht.
Aber mit dem Morgengrauen fah der Thorwart auf der
Heerſtraße ein Blinken und Blitzen: der Feind rückte
heran. Die Aufforderung zur Uebergabe wuͤrde höhnend
abgewieſen, denn die Drohung, daß nach Eroberung der
Burg alle Männer über die Klinge ſpringen müßten
(getoͤdtet würden), ſchreckten weder den Burgherrn noch

Nun begann ſafort eia reges
Treiben draußen vor den Mauern. Schwerbeladene
Wagen wurden vorgeführt. Der „Zeugmeifter“, der
über das Antwerk! oder „Zeug“ (die Zerſtörungs-
niaſchinen) geſetzt war, hatte nun vollauf zu thun. . Zum
Schutze für die Mannſchaft wurden fahrbare Holzbruſt-
wehren errichtet. Die Armbruſtſchützen fuchten daͤhinker
ihre Deckung und nahmen Jeden ſcharf auf's Korn, der
ſich unvorſichtig auf der Mauer oder in den Mauer-
lucken ſehen ließ. Etwas entfernt von der Burg wurde
friſch dirauf los gezimmert. Aus ſtarken Balken wurde
ein Gerüſte errichtet, das auf Blockrädern vorwärts ge-
ſchoben werden konnte. Ein Schutzdach breitete ſich
drüber aus, mit angefeuchteten wollenen Tüchern, ſtarkem
Filz und friſchen Fellen bekleidet! So waren die An-
greifer vor den brennenden Pechtöpfen und Fackeln
geſchützt, welche die Burgleute herunterſchleuderten, um
die Männer vom Gerüſte zu vertreiben und dieſes
zu verbrennen. In dieſem Gerüſte wurde nun
der Widder oder Sturmbock, ein langer, mit
metallenem Kopfe berſehener Balken aufgehängt,
der zum Zertrümmern der Mauern dienen ſollle

An einer andern Stelle wurde eine Mange
und neben dem Widder eine Pheter — die Paira:
ria der Alten — aufgeſtellt, zwei gefürchtete
Wurfmaſchinen.

Der erſte Tag verging mit allgemeiuen Zu-
rüſtungen des Feindes. Da die Burg auf einer
Landzunge lag, die nach drei Seiten ſchroff ab-
fiel, konuten nur auf der vierten Seite die Zerz
ſtörungswexkzeuge aufgeſtellt werden; doch wur-
den auch die andern Seiten des Burgberges {o
viel als möglich beſetzt und überwacht, um den
Burgleuten jeden Ausweg abzuſchneiden! Der
folgende Morgen brachte nochnials die Aufforde-
Lung zur Uehergabe, aber wiederum vergebens
Nun begann der Feind mit ſeinem Zerſtörungs-
werk. Der Widder wurde auf ſeinen Blockrädern
nahe an die Mauern geſchöben. Und obwohl
Steine und Bolzen und brennende Pechtoͤpfe

ſeine — gefrenuen Manieit.


doch alle wirkungslos an dem angefeuchteten

Schutzdache ab. Wohl an die 40 Mann ſtellten
ſich an den langen Baumſtamm, an dem zahlreiche Seile
befeſtigt waren. An dieſen zogen ſie den hängenden
Baumftanım weit nach rückwärts Ein Kommandowort !
Im Nu wurden alle Seile losgelaſſen, und mit wuchtigem
Schwunge fuhr der Metallknopf dröhnend gegen die er-
bebende Mauer. Auf der andern Seite des gewaltigen
viereckigen Burgfrieds (Churm), der den Weß und das
Thor zur Burg beherrſchte, arbeitete ein Fuchs oder
Krebs, eine Bohrmaſchine, beſtehend aus einem langen
Baumſtamme, der an ſeiner Spitze einen ſcharfen Bohrer
hatte. Dieſer wurde in die Mauerfugen eingeſetzt, und
durch drehende Bewegung des Stammes wühlte er ſich
immer tiefer und tiefer ein.

Die Nacht machte der heitzen Arheit des Angriffs
wie der Abwehr ein Ende. Auf den Mauern und vöm
Thurme aus, der weite Ausſchau bot, beobachteten die
Wachen jede Bewegung des Feindes und die ganze Gegend.
 
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