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Antiquitäten-Zeitung — 2.1864

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7

Verbürgte

Auflage 3000.




und Alterthumskunde.









Abonnement:
Deutſchland u. Oeſterreich A 2.50
viertelährlich, Ausland M 3.—,

Nr. 21.

Stuttgart, 23. Mai 1894,

Erſcheint wöchentlich.)

Anzeigen:
Die Nonpareilezeile oder deren
Raum 20 Pfennig.

2. Jahrgang.

Die Bezugebedingungen ſind auf der letzten
Seite in jeder Nummer abgedruct, — Erfüllungsort für


Die Kempelen ſche Schach-
maſchine.

Nachdruck verbotem.

Von gefchatzter Hand erhalten wir den nachfolgen-
den, aus dem Sahre 1819

ſtellen, noch um anſehulichen Preis, der ihm dafür ge-
boten mward, verkaufen; er beſchäftigte ſich mit andern
neuen Verſuchen, der Automate ward nicht weiter be-
achtet, und zum Theil auch auseinandergelegt. Eine
geraume Zeit nachher erſt, als ſich der Großfuͤrſt Paul
von Rußland in Wien zum Beſuche befand, erinnerte
ſich Joſeph II des Schachſpielers wiedex; er ließ Herrn
vonm Kempelen auffordern, denſelben in Ordnung zu
bringen, um das Kunſtſtuck dem Großfürſten und ſeiner
Gemahlin vorweiſen zu können. In fünf Wochen war
das Werk hergeſtellt, und der Schachſpieler erwarb ſich
die gleiche Bewunderung wie das Erſtemal; man drang

Der Automate wird gegenwärtig in London in
einem Saale gezeigt, in deſſen Hintergrund die Maſchine
ſteht. Sie ſtellt einen Türken, in Lebensgröße und
volksthümlicher Kleidung vor, der hinter einem Kaſten
ſitzt, welcher drei und einen halben Fuß Länge, zwei
Fuß Breite und dritthalb Fuß Höhe hat; mit dem
Kaſten iſt er durch den hölzernen Stuhl verbunden,
worauf er ſitzt. Das Werk ruht auf vier Rollfüßen
und kann nach Belieben im ganzen Saal herumgeführt
werden. Der Deckel des Kaſtens bildet eine Art Tiſch,
auf dem ein ziemlich großes und wenig erhabenes Schach-
brett ſteht, worauf die Figur ihren Blick zu richten

ſcheint. Ihr rechtex Arm

intereſſanten

Schachſpiels: Das unter dem
Namen des Schachſpielers
bekannte mechaniſche Kunſt-
werk ward durch Wolfgaug
von Kempelen, einen ungar-
ſchen Edelmann und Hof-
rath bei der fönigl. Domai-

nenkammer des Kaiſers von
Er
hatte von früher Jugend
ein ausgezeichnetes Talent

Arbeiten zu Tage gelegt,
und ſich durch verſchiedene
werkwürdige und nützliche
Erfindungen bekannt ge-
macht. Er befand ſich in
Wien, als die Kaiſerin Ma-
ria Thereſia ihn im Jahr
1769 einladen ließ, magne-
tiſchen Verſuchen beizuwoh-
nen, die ein Franzoſe
Namens Pelletier dem Hofe
vorweiſen ſollte. Während
der Vorſtellung gab Herr
von Kenipelen der Kaiſerin
zu verſtehen, daß er im
Stande zu ſein glaube, eine
Maſchine zu verfertigen,
welche noch viel auffallendere
und unerklaͤrbarere Ergeb-
niſſe zeigen würde, als die


Ausgrabungen. (Tert Seite 165.)

und Hand ſind über den
Tiſch hingeſtreckt, und der
linke Arm iſt etwas in die
Höhe gerichtet, wie zum
Halten einer Pfeife nöthig
iſt, die er früher wirklich
auch, jetzt aber nicht mehr,
in der Hand hielt.

Der Vorweiſer des Kunſt-
ſtücks fängt damit an, die
Maſchine auf ihren Roll-
füßen mitten unter die Zu-
ſchauer gegen die Eingangs-
thüre des Saals zu führen.
Hier werden mehrere Thür-
chen des Kaſtens geöffnet,
zwei vorn und zwei hinten;
eine lange, wenig tiefe Schub-
lade wird herausgezogen,
worin die Steine des Spiels/
ein kleines Kiſſen, welches
dem Automaten unter den
Ellbogen geſchoben wird,
und etliche Spielmarken ent-
halten ſind. Noch werden
zwei kleinere Thürchen ge-
öffnet, und ein grüner Tuch-
ſchirni weggeſchoben, der
mehrere im Rumpf und
Untertheil der Figur befind-
liche Oeffnungen deckte; auch
ein Stück der Kleidung, die
einen Theil dieſer Oeffnungen
verdeckte, wird emporge-

er ſoehen geſehen hatte; die
Kaiſerin forderte ihn auf, Hand ans Werk zu legen,


von ſechs Monaten ſeinen ſchachſpielenden Automaten
ihr überreichen ließ.
Sn Wien, wo die Maſchine zuerſt gezeigt ward,


und einer Menge gebildeter und neugieriger Perſonen;
die öffentlichen Blaͤtter wurden bald auch der Wieder-
hall des allgemeinen Erſtaunens! Der Erfinder blieb


gültig, wie es dem ächten Verdienſte zienit; er wollte


in den Erfinder, er möchte mit ſeinem Werk Deutſch-
land und andere Länder bereiſen, um die Schauluſt des


und da ihm der Kaiſer einen zweijährigen Urlaub be-
willigte, trat er mit ſeinem Automaͤten die Reiſe an,
auf der er Paris beſuchte und im Jahr 1785 nach Eng-
land kam. Herr von Kempelen ſtarb, 71 Jahre alt,
im Jahr 1804, und ſein Sohn verkaufte alsdann die
Maſchine an ihren gegenwärtigen Beſitzer, einen ge-
ſchickten mechaniſchen Künftler in London, der vielleicht
aur durch den Herrn von Kempelen ſelbſt in ſolchen
Arbeiten übertroffen wird.

hoben. Nach dieſen Vor-
richtungen führt man die Maſchine im Saal herum, da-
mit auch argwöhniſche Zuſchauer ſich überzeugen können,
daß kein lebendiges Geſchöpf darin enthalten iſt, zumal
die Unterſuchung des Kaſten⸗Inhalts auch noch durch
eine breunende Wachskerze erleichtert wird, die den
ganzen Mechanismus gleichſam durchſichtig macht. Wenn
Jemiand nach vollendetem Spiel eine Wiederholnng dieſer
Einſicht verlangt, ſo wird dieſelbe gern bewilligt.

Der Rumpf des Automaten iſt durch eine Zwiſchen-
wand in zwei ungleiche Hälften getheilt; diejenige zur
Rechten iſt die ſchmälere, und ninimt kaum einen Dritt-
theil des Geſammtraums ein: man erblickt darin eine
 
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