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Antiquitäten-Zeitung — 2.1864

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Verbürgte

Auflage 3000.

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und Alterthumskunde.

Verbürgte

Auflage 3000.


Abonnement:

Nr. 22.

vierteljährlich, Ausland M 3.—.,


Stuttgart, 30, Mai 1894,

Erſcheint wöchentlich)

Auzeigen:
Die Nonpareilezeile oder deren
Raum 20 Pfennig,

2. Jahrgang.

Die Bezugsbedingungen ſind auf der letzten
Seite in jeder Nummer abgedruckt. — Erfüllungsort für
die Lieferung und für die Zahlung: Stuttgart!

Von den Aufängen der
Muſeen.

ADaz Muſeum des Herrn P. F. Röding in Hamburg)

Nachdruck verboten).
— « TL

Wie erhalten aus Hamburg den

dieſe reihen ſich die Säugethiere aller Art, theils in
Spiritus; theils ausgeſtopft unter dieſen bemerkt man
mit beſonderem Vergnügen einen ſchönen großen Löwen,
einen weißen Bären, einen Panther, eine faſt vollſtän-
dige Reihe von Beutelthieren und einen außerordentlich
gut konſervirten Zebra-Heugſt, ſowie auch einige Affen-
Arten die von der Reiſe des Prinzen von Nenwied mit
aus Braſilien gekommen ſind, und noch vielleicht nir
gends anderswo als hier gefunden werden. Ich muß
hier einer außerordentlichen Einzelnheit dieſes Kabinetts
gedenken: es iſt dies der Unterkiefer mit Zähnen von
dem ſogenaunten Pottfiſch, Physeter macrocephalus,

welcher 14 FJuß, 4 Zoll laug iſt; ein ſo großes und

der Unter-Kinnlade vom Narval mit zwei Zähnen, ſowie
den Kopf vom Nilpferd mit aufgeſperrtem Rachen.

In ſauberen Glasſchränken ſieht man eine Samm-
lung von mehr als 800 der vorzüglichſten ausländiſchen
Vögel ausgeſtopft, unter denen ſich beſonders ein ſehr
ſchöner Strauß von 81/, Fuß Höhe, neben ihm ein eben
aus dem Ey gefrochener, und vier Dutzend der prächtigſt
gefiederten Colibris mit ihren Neſtern und Eyern aus-
zeichnen; mehrere Paradies⸗Vögel, unter ihnen auch der
ſogenannte goldene Paradies⸗Vogel, verdienen Aufmerk-
ſamkeit, letzterer ergötzt durch unübertreffbare Farben.

Im Muſeum erblickt man über 400 Fildhe, dabei
die ſeltenſten aller Zonen, ſowie mehr als 2000 In-
ſekten: Es iſt zu bedauern: daß eine

nachfolgenden, aus dem Jahre 1820
ſtammenden intereſſanten Bericht über
das Muſeum Röding:

„Wohl ſelten iſt es einem Pripat-
manne in Hamburg gelungen, ſeiner
Lieblings-Neigung eine Ausdehnung
in dem Grade zu geben, wie Herrn
Röding. Ohne alle Aufmunterung und
Unterſtützung, ohne ein ausgezeichnet
großes Bermögen, wußte er eine be-
wundernswürdige Menge von Natur-
und Kunſtſchätzen zu häufen, die mit Ge-
ſchmack und Kenntniß in einem von
der Stadt gemietheten Lokale, welches
ſonſt das Artillerie⸗Zeughaus derſelben
war, von ihm aufgeſtellt ſind, und die

von Verehrern foldher Merkwürdig- AN


keiten, gegen ein fehr geringes Einlaß-
geld, an beſtimmten Tagen in der
Woche zu beſehen ſind. Leider! findet
dies ſeltene, vielleicht in ſeiner Art
einzige Etabliſſement bei dem Pnbli-
kum nicht Unterſtüzung noch Aner-
kennung genug, und ohne die große
Vorliebe, welche der Stifter desſelben
dafür unverkennbar hat, würde es
nimmermehr zu dem Grade von Voll-
kommenheit gediehen ſeyn, in der es
jetzt mit Recht zu bewundern iſt. Selbſt
die Franzoſen, welche ſo wenig Achtung
des deutſchen Eigenthums zeigen, gaben
dieſem, für einen Privatmann rieſen-

]

l
T


Menge der ſchönſten Schmetterlinge der
Zeit und Zerſtörung erlagen, ſonſt
würde auch dieſe Klaffe von Geſchöpfen
hier ſehr vollſtändig gefunden werden.
Am meiſten zeichnet ſich Herrn Röding's
Muſeum durch eine hoͤchſt komplette
Conchylien⸗Sammlung aus. Ueber
10,000 der ſchönſten Schaalthiere zieren
den Saal; Herr Röding ſuchte, auch
von den ſeltenſten, zwei Exemplare zu
erhalten, um ſie dem Beſchauer voͤn
heiden Seiten im Glaskaſten zeigen zu
können. Neben und zwiſchen dieſen
erblickt man ſeltene Schwänme, Koral-
len und andere Erzeugniſſe der See,
wodurch die geheimnißbolle Tiefe des
Meeres dem aufmerkſamen Beſchauer
offenbar wird! Daß alle Gegenſtände
näch dem Linneiſchen Syſtem und mit
muſterhafter Ordnung aufgeſtellt ſind
verfteht ſich von felbſt.

Wir verlaſſen jetzt dieſes der Natur
geweihte Zimmer, nachdem wir noch
vorher unſern Blick auf die bis jetzt
als größeſte bekannte Land⸗Schildkröle
gewendet haben, welche der Capitain
Jolke Arendt Folkes aus Jsle de France
mitgebracht hat. Wahrſcheinlich iſt keine
ähnliche in Europa, denn ſelbſt in dem
berühmten Werke des Lacepede findet
man dieſe weder angezeigt noch be-
ſchrieben. Große See⸗Schildkröten als:

Maa

III

haften Unternehmen ihren Beifall, und
waͤhrend nichts ſicher in Hamburg war,
beſchützten ſie das Muſeum Röding’3 und halfen es
egen die zündenden Bomben der Befreier Hamburgs
in Sicherheit bringen. Herr Röding erzählte mir: daͤß
er ſchon im ſiebenten Jahre ſein Taſchengeld nur dazu
geſpart habe, um Conchylien und Mineralien dafür an-
zukaufen. Dies iſt der Aufang einer Sammlung, gegen
welche die ſo oft gerühmte des Helmſtädtiſchen Profeſſors
Beireis, nach dem Urtheil vieler Kenner, uur unbeden-
tend war. —

Links, wenn man in den Saal tritt, wird man
mehr als hundert lehrreiche Präparate von allen Theilen

des menſchlichen Körpers trefflich erhalten finden. An

Landleute, dem Grafen das Schwarzwild mäſtend. (Text Seite 172.)

wohlerhaltenes Exemplar wird in keiner andern Natura-
lien⸗Sammlung gefunden.

Nach den Säugethieren folgen die Amphibien, theils
in Spiritus, theils ſorgfältig getrocknet; darunter be-
finden ſich: ein Nil-Krokodil, ein amerikaniſches, der ſo-
genannte Alligator, und eines der ſeltenſten, die es gibt,
nämlich eines mit einem Schnabeh aus dem Sanges,
Lacerta gangetica. Eine Klapperſchlange und manche
andere jeltene Dinge ſind hier zu finden. Von vielen
Thieren, die nicht aufgeſtellt werden konnten, ſieht man
die merkwürdigſten Theile, als Köpfe, Klauen, Gebiſſe,
Hörner, Häute u. ſ. w.,. unter anderen den Kopf mit

die Rieſen⸗Schildkröte und die Leyer

(im Mittelmeere und an der Küſte der
Barbarei gefunden) die über 800 Pfund wiegen, ſind
hekannt; aber Land Schildkroͤten pon heträchtlicher
Größe kannte man bis zur Entdeckung dieſer nicht.
Lacepedes größeſte dieſer Art iſt die Testudo indica,
deren Panzer zu 3 Fuß Länge und 2 Fuß Breite anz
gegeben wird; hier iſt aber eine von 4 Fuß Länge und
21/2 Fuß Breite. Sie wog, obgleich ſie auf der Reiſe
an Schwere abgenommen, doch bei ihrer Aukunft noch
340 Pfund; ihre Nahrung beſtand in Kohl, Kürbiſſen,
Wurzeln u. f. w. Sie haͤtte eine ſo außerordentliche
Kraft. daß ſie eben ſo leicht wie ſonſt fortſchritt, wenn
auch drei ſtarke Männer auf ihr ſtanden.
 
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