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Antiquitäten-Zeitung — 2.1864

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— — —
2 — T


Auflage 3000.

und Alterthumskunde.






Verbürgte

Auflage 3000.



Stuttgart, 21. Februar 1894.

Erſcheint woͤchentlich)

—— 2
Die Nonpareillezeile oder deren
Raum 20 Pfennig. Jahrgans ·



feibe an einen Sammler weiterzugeben.

Ueber die Katakomben.

Gachdruck verboten.)

Die Katakomben in Paris.

Man nieldet aus Paris:„Das Stadt-
vierſel der Sante, das ſich über den Pariſer
Katakomben erhebt, iſt eine Beute des
Schreckens gewoͤrden. Dieſelben Erſchein-
ungen wie in Gisleben treten auf ; die Häufer
bekoͤmmen ploͤtzlich gewaltige Riſſe und der
Erdboden klafft an mehreren Stellen aus-
einander. Viele Bewohner ſchleppten ihre
Möbel fort und verhrachten die Nacht
im Freien! Die Unterſuchung ergah, daß
eine Anzahl Steinpfeiler in den Katakomben
tragunfähig geworden iſt. Nur die ſchleunigſte
Bolzung verhinderte eine Kataſtrovhe. Die
Bevölketung bleibt trotzdem höchſt beun-
ruhigt; einzelne Gruppen halten die Wagen
an, welche das Viertel paſſiren wollen, wo-
durch ein fortwaͤhrendes Einſchreiten der
Polizei nöthig ift.“ Dieſe Nachricht gibt
uns Veranlaffung, heute überhaupt auf die
Katakomben perſchiedener Länder zu ſprechen
zu kommen. Wir nehmen zuerſt die Kata-
fomben von Paris. Den Urſprung dieſer
Souterrains und Leichenwohnungen deren
Bewohner, wenn fie auf einmal auf die
Oberflaͤche heraufſtiegen, ganz Paris bis zu
den kleinſten verborgenen Winkeln anfüllen
wuͤrden kennt man nicht. Ehemals waren
es Steinbrüche, aus denen man die Mate-
rialien zu den Bauten holte. Als keine
Steine mehr daraus zu entnehmen waren,
wurden ſie berlaſſen, und häufig einſtürzende
Erde verſtopfte bald die Oeffnungen; ſo
wurden ſie zuͤletzt vergeſſen, bis im Zaͤhre
1774 mehrere Haͤuſer in einem Viertel ein:
ſtürzten, ohne daß man wußte, wie es zu-
ging. Man unterfuchte jetzt den Boden und
fand bald, daß er an dieſer Stelle nicht feſt
und dick genug und daß dies mit einem



verfuhr beim Stützen ſo u gemäßz und geſchickt daß
alle ledigbleibenden Gaͤnge genau mit der Srdfläche, auf
welcher oben die Straßen Hinliefen, Übereinftimmten,
während diejenigen, wmorauf Häuſer oder öffentliche Ge-


Erde zu hindern.


Römiſcher Altar. Gefunden zu Eining.
Hinterlaſſenſchaften der Nömer in Deutſchland.

1780 machte der damalige Polizei⸗ Lieutenant Lendir
den Vorſchlag/ die ſterblichen Refte, womit die Pariſer
Kirchhoͤfe überfüllt waren, in dieſe Gewölbe zu bringen.
Dies wurde ſchnell vollzogen, da der durch Aufſchichtuns
der Leichen bewirkte faulichte Gexuch der Geſundheit der
Bewohner überhaupt, und beſonders derjenigen gewiſſer

Viertel, dem Viertel des innocens und anderen, nach-
theilig zu werden drohte. Seit ſiebenhundert Jahren
waren auf dem zu der Kirche dieſes Namens gehören-
den Kirchhofe die Todten von zwaͤnzig umherliegenden

die Katakfomben, und 1810 und 11 beſchäftigte man ſich
einige Mal mit der beſſeren Vertheilung
und Aufſtellung der Gebeine; man machte
die Gänge frei, erweiterte jie und verſah
ſie mit Denkſprüchen und Inſchriften, bei
welchen man aber gemeiniglich Geſchmack
und Geiſt vermißt.

Man ſtieg chemals in die Katakomben
auf drei großen Treppen herab; der Haupt-
eingang mar bei der barriere d’Enfer. Wenn
man ſich mit einem Führer und Fackeln
verſehen Hatte, ſtieg man in eine Tiefe von
ſiebenzig Fuß unter den Boden und gelangte
dann in einen Gang, deſſen Höhe und Breite
von Entfernung zu Entfernung verſchieden
war; die Decke war bald von dem Felſen,
bald durch ſteinerne Pfeiler geſtützt, und eine
Menge anderer Gänge ſtanden mit demfelben
in Verbindung. So gelangte man in einen
achteckigen Voͤrſaal mit einer ſchwarz an-
geſtrichenen, zwiſchen zwei Säulen von 103-
laniſcher Ordnung befindlichen Thüre. Eine
lateiniſche Inſchrift und ein Vers von Delille
erinnerten die Bejucher, die über ihre Schwelle
treten wollten, daß ſie in das Gehiet der
Todten kommen würden. Beim Eintreten
ſah man rechts und links in allen Gängen
menſchliche Gebeine, die ſich vom Boden bis
zur Decke erhoben, und die man in Geſtalt
von Pyramiden, Obelisken, irregulären oder
fhuunetriſchen Säulen, ſelhſt von Altären,
aufgeftellt hatte, wobei Mörtel zu Hülfe
genommen war, um den Gebeinen, woraus
man ſie erbaute, eine feſte Lage zu geben.

Auf die Beftimmung des Ortes ſich be-
ziehende Sentenzen waren mit ſchwaͤrzen
Buchſtaben auf weiße Tafeln geſchrieben und
erinnerten die Seele an das Nichtige in dieſer
Welt und an die Hoffnungen, die wir un
von einer andern beſſeren machen ſollen.
Einige von dieſen Knochengruppen hatte man
nach der Form, die man ihnen zu geben ge-
ſucht, benannt. So gab es einen Altar der
Obelisken, den Sarkophag des Thränenkrüg-
leins, den Springbrunnen der Samaritaner-
in und noch audere. Der Springbrunnen
kam aus einer ſehr tiefliegenden Quelle und
war mit einem Waſſerbehaͤlter und anderen
zur Verſchönerung und zur bequemeren Benutzung dienen-
den Arbeiten verſehen, und an der Vorderſeite ſtanden
die aus der heiligen Schrift entlehnten ſchönen Worte
unſeres Herrn an das Weib am Jakobs⸗Brunnen.

Die Neberbleibfel der Schlachtopfer der Revolutious-
wuth, am Ende des letzten Jahrhunderts, nahmen einen
 
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