Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Antiquitäten-Zeitung — 2.1864

Zitierlink: 
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/antiquitaeten_zeitung1894/0029
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
4

en 6 ümabe

Auflage 3000.

und Alterthumskunde.








Verbürgte

Auflage 3000.


Abonnement:
Deutſchland u. Oeſterreich M 2.50
vierteljährlich, Ausland M 3.—.

Nr. 4.

Stuttgart, 24. Januar 1894,
Erſcheint wöchentlich.)

Anzeigen:
Die Nonpareilezeile oder deren
Raum 20 Pfennig.

2, Jahrgang.

Die Bezugsbedingungen ſind auf der letzten
Seite in jeder Nummer abgedruckt, Erfüllungsort für
die Lieferung und für die Zahlung: Stuttgart.

Probe⸗ Nummern. Sollte durch Zufall eine
Probe Nummer an einen Empfänger gelangen, der
kein Intereſſe für Antiquitäten hat, ſo bitten wir, die-
ſelbe an einen Sammler weiterzugeben.

Pompeji.

Eine begrabene und wiedererſtandene Stadt.
(Mit Illuſtration Seite 29,)

SE (Nachdruck verboten).

Am 24. Auguſt des Jahres 79 nach Chriſti Ge-
burt, als eben ein großer Theil der Ein-
wohner Pompejis im Amphitheater ver-
ſammelt war, um ſich an dem grauſamen
Schauſpiel der Gladiatorenkämßfe zu er-
freuen, und zuzuſehen, wie faſt wehrloſe
Unglückliche den wilden Beſtien preisge-
geben wurden, unterbrach der nahe Vefuv
dieſe Vorſtellung auf's Gründlichſte. Von
donnerndem Getöſe begleitet erfolgte jener
gewaltige Ausbruch des erloſchen⸗geglaub-
ten Vulkans, der außer Vompejt noch
weitere fünf Orte, darunter Herkulanum
und Stabiä, gänzlich bernichtete. Der
Aſchenregen verwandelte drei Tage in
eine tiefe, unheilvolle Nacht, und als
endlich die Sonne wieder hervorſah, be-
ſchien ſie eine dicke Schichte von Aſche
und Bimsſteinbrocken unter welcher Pom-
peji begraben lag. Das furchtbare Schick-
jal erxeichte die unglückliche Stadt ſo plötz-
lich, daß etwa 1500 von den 28--30,000
Einwohnern nicht mehr entfliehen konnten
und mit zu Grunde gingen.

Nachgrabungen, welche bald nach der
Verſchüttung verſucht wurden, waren nicht
von Bedeutung, und neue Ausbrüche des
Veſuv verſtärkten die auf Pompeji lagernde
Decke mehr und mehr. Es gerieth in Ver-
geſſenheit und blieb über 16 Jahrhunderte
ganz verſchollen, bis im Jahr 1748 Land-
leute beim Pflügen auf Gemaͤuer und Koſt-
barkeiten ſtießen und dadurch zur Wiederentdeckung den
Anſtoß gaben. Nun wurde mit Ausgrabungen begonnen,
doch erſt zu Anfang unſeres Jahrhunderts erfolgten
ſolche planmäßig und ernſtlich, und heute liegt ungefähr
die Hälfte der Stadt wieder zu Tage. Die Entdeckungen
und Funde ſind von unſchätzbarem Werth für die Wiſfen-
ſchaft. Sie geben ein ganz klares Bild von dem ge-
ſammten Leben einer röniſchen Stadt im erſten Jahr-
hundert nach Chriſtus.

Pompeſt, von dem uralten Volke der Osker ge-
gegründet, findet in der Geſchichte erſtmals Erwähnung
um das Jahr 310 vor Chriſtus, und war eine blühende
Handelsſtadt. Durch Eroberung kam es 290 v. Ehr.


Lage am Meer wurde Ponipeji von vielen Römern, die
ſich aus der Hauptſtadt zurückzuziehen wünſchten, als
Aufenthaltsort gewählt, und auch der berühmte Cicero
erbaute ſich hier ein Landhaus. Pompeji hatte neun
Thore, deren zwei bekannteſte das Salerner und das
Herkulaner Thor ſind. Von bisher ausgegrabenen
Plätzen, Gebäulichkeiten und Straßen mögen Crwähnung
finden: das Forum civile, der Hauptſammelpunkt des
öffentlichen Lebens der Pompeſianer. Es hat die Form
eines Rechtecks von über 150 Meter Länge und 42 Meter
Breite, und iſt von herrlichen Säulenreihen rings um-
geben. Das Pantheon, die Baſtilika, der Venustempel,
der Jupitertenipel mit dem Triumphthor, und andere,
meiſt ſchöne Bauten ſchließen das Forum civile ein.
Die Mehrzahl der Gebäude iſt jedoch nur in den unter-

——
2 4

Heraldit. (Text Seite 28.)

ſten Stockwerken erhalten, die oberen Theile braͤchen in
Folge der Laſt von Aſche und Bimsſtein längſt zuſammen.
Ein kleiner Platz, das Forum triangulare, liegt dicht
neben der Stadtmauer auf einem Hügel und gewährt
einen hübſchen Ausblick nach dem Meerc Auf der einen
Seite wird dieſes Forum von dem großen Theater be-
grenzt, deſſen Umfang für Pompeji beinahe unverſtänd-
lich iſt, da es volle 5000 Zuſchauer faſſen konnte. Diefes
Theater dürfte wohl das beſterhaltene des ganzen Alter-
thuns ſein und macht einen impoſanten Eindruck.
Waͤhrend hier hauptſächlich ernſte dramatiſche Aufführ-
ungen zur Darſtellung gelangten, war das nebenan-
ſtehende kleinere Theater, das Odeon, muſtkaliſchen Pro-

dultionen und Luſtſpielen gewidmet! Das Amphithea-
ter endlich mit ſeinen Glaͤdiatorenkämpfen und Thier-
hetzen vollendet die Reihe der großen öffentlichen Schau-
gebäude, und wir können ermeſſen, wie ſtark auch bei
den Pompejianern die Sucht nach Schauſtellungen und
Spielen geweſen ſein muß. Nicht weniger denn 15,000
Perſonen hot das Amphitheater Raum, und die Glaͤdia-
torenkämpfe waren es vor allem, welche das damalige
Publikum anzogen. Urſprünglich ſtellte man Gefangene
oder dem Tod geweihte Sklaven einander gegenuͤber
zum paarweiſen Kampf um Leben und Tod. Bald
aͤber gab es Gladiatoren von Beruf, meiſt frühere Rauf-
bolde, welche in Kaſernen untergebracht wurden. Auch
Ponipeji Hatte eine ſolche Gladiaͤtorenkaſerne.

In die gewerbliche Regſamkeit gewähren uns die
zahlreichen Werkſtätten, Kaufläden und Schenken vollen
Einblick. Wir können die Werkſtätte des
Töpfers, des Goldſchmieds, des Müllers,
des Seifenſieders, des Tuchmachers und
Künſtlers betreten und finden ſie in der-
ſelben Einrichtung, wie ſie vor 1800 Jah-
ren verlaſſen wurde.

Die Wohngebäude enthalten beinahe
durchweg auffallend kleine Zimmer, auch
in den vornehmen Häuſern.

Wie die Zimmer im Allgemeinen klein
ſind, ſo ſind die Straßen eng, denn eine
Breite von 7—8 Meter gehört ſchon zu
den Ausnahmen Straßen, welche keine
Kaufläden und Schenken aufweiſen können,
machen einen recht kahlen Eindruck, da alle
Häuſer ihren Glaͤnz nach innen, nach dem
Hofe zu zeigen, während ſie an der Straße
nur kleine, meiſt vergitterte Fenſteröff-
nungen haben. Die Graͤberſtraße mit ihren
ſchönen Monumenten und Villen genießt
große Berühmtheit, und die Schäge der
aufgefundenen Wandgemälde, Reliefs,
Staͤndbilder in Marmor und Bronee, der
Schmuckgegenſtände, Moſaiken und präch-
tigen Glaͤsgefäße erfüllen uns mit höchſter
Bewunderung.

Mit einem Blick auf den leicht rauchen-
den Veſuv, den ſchönen und gefährlichen
Nachhar, nehmen wir Abſchied von Pom-
peji/ das uns ein ſeit 18 Jahrhunderten be-
grabenes Leben imGeiſte wieder erſtehen ließ.

Was Herkulanum anbelangt, ſo ſagt ein Bericht
von 1828: Die Aufgrabung von Herkulanum, dieſer
alten Stadt, die in Luxus Schönheit und Geſchmack
mit Pompeſt und der nahen Parthenope wetteiferte,
wurde am 1. Januax 1828 angefangen, und ſchon ift
das größte Pribatdenkmal, das man dis jetzt kenut, an
den Tag gebracht worden. Es beſteht aus einer Reihe
von Zimmern für die Männer, mit einem in der Mitte
unbedeckten Vorhof, aus einer Abtheilung für die Frauen
mit dem Periſthle und mit Blumen und Vorhaͤngen
rings herum, und aus einem weiten Garten, umgeben
mit Säulen, Bogengängen, reichen und prächtigen Saͤlen
für die Vereinigung der Familie, der Verwandten und
 
Annotationen