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Antiquitäten-Zeitung — 2.1864

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Verbürgte

Auflage 3000.


itäten


und Alterthumskunde.




Abonnement:
Deutſchland u. Oeſterreich A 2.50
vierteliährlich, Ausland A 3.—.

Nr. 34.

Stuttgart, 22. Auguſt 1894.

Erſcheint wöchentlich.)

Auzeigen:
Die Nonpareilezeile oder deren
Raum 20 Pfg., Auttionen 30 Pfg.

2. Jahrgang.

Die Bezugsbedingungen ſind auf der letzten
Seite in jeder Nummer abgedruct, Exrfüllungsort für
die Lieferung und für die Zahlung: Stuttgart.

Das Steinkiſtengrab bei
Beckendorf.

(Mit 9 Abbildungen)
(Nachdruck verboten.)

äoeben iſt das erſte Heft der „Mittheilungen aus
dem Probinzialmuſeum der Provinz Sachſen zu Halle
<a d. Saale erfchienen, herausgegeben von dem rührigen
Direltor desſelben, Herrn Dr. Zulius Schmidt. (Mit
68 Abbildungen; Halle, bei Ottd Hendel, Preis M 1.)
Wir finden in dieſer höchſt intereſſänten und allen In-
tereſſenten warm zu empfehlenden Schrift eine Geſchichte
des Provin-
zialmuſeums,
einen Aufſatz
über Thonge-
bilde aus der
Umgegend von
Halle und be-
ſonders eine

Reihe von
Ausgrabungs-
berichten, de-
nen wir den
folgenden ent-
nehmen.

In Oſtnord-
oſt⸗ bei Oſt-
Richtung, in
1,75 km Ent-
fernung vom
Dorfe Becken-
dorf auf dem

Blockberge,
Kreis Oſchersleben, neben einem trigonometriſchen Sig-
nale, in der Nähe des königlichen und Aſſeburg'ſchen
Forſtes, das hohe Holz genannt, wurden beim Tief-
pflügen die Deckplaͤtten einiger Steinkiſtengräber der
Steinzeit berührt. Die nähere Unterſuchung im Monat
Mai 1892 ergab: daß der gewachſene gelbe Kiesboden
mit einer Schicht zienlich ebener, gleich dicker Sand-
ſteinplatten, wie dieſelben in dortiger Gegend gebrochen
werden, belegt worden war, auf die man aus dicken,
etwa 50 em hohen und 55 cm laͤngen Platten ver-
ſchiedene Gräber aufgeſetzt hatte, die ſozengunte, Hocker-
ſkelette! bergen, das heißt Skelette der älteſten Veſtat-
tungsart, deren Beine ſo eingezogen ſind, daß die Kniee
ſich dem Kinn nähern. (Fig 21 a.) Als Beigabe befand
ſich über dem Kopfe eine jener Amphoren, deren etwa
7 cm hoher Hals mit eingedrückten gegitterten Rauten
verziert und mit zwei Oehren beſetzt ſind. Fig. 22 ſtellt
die Verzierungsweiſe dieſes Gefäſſes dar: die ſtarken
Linien ſind tief mit einem ſpitzen Knochen in den halb-

feſten Thon eingegraben worden die flachen Linien nur
flüchtig; Farbe des Gefäſſes faſt ſchwaͤrz. SIın dem
heftigen Regenwetter, in welchem die Ausgrabung aus-
zuführen war, gelang es nur, Scherben zu retten, Fig.
23 gibt indeß die voͤlle Geſtalt dieſer Auiphoren, nach
zwei im Muſeum zu Halle vorhandenen gaͤnz gleichen
Fremplaxen, wovon Lines auf dem Galßzenberge bei
Zoͤrbig, das andere beim Dorfe Körner bei Mühlhauſen
gefunden wurde. Fig. 24 bildet die Verzierungen des
letztgenannten Gefaͤſſes ab. Die Verzierungen dieſes



*

Das Steinkiſtengrab bei Beckendorf.


Fefäſſes ſind nicht eingegraben, ſondern mit einem 1,1 cm
breiten/ ſtumpfſchneidigen, meißelförmigen Werkzeug flach
eingedrückt, meiſt an einem Ende tiefer als anı andern.
Wandftärke gleichförmig von 5 bis 7 mm betragend.
Aeußere Oberflähe höckrig, doch glatt, Farbe der Bruch-
fäche dunkelgrau. Auch die Sammlung in Schloß
Künau bei Deſſan birgt ein ſolches Gefäß, Fundort
aber unhekannt. Nehen dem Schädel des Stelett3 ag
ein glatt ausgeſchliffenes, ſcharfſchneidiges Beil au
weißem Feuerſtein und auf dent Schädel ein Meißel

aus gleichem Material. In der Nähe des Beckens fand
ſich eine ziemlich ſcharfkantige, rund in der Mitte duͤrch-
bohrte Scheibe Bernſtein von 4,8 em Durchmeſſer und
9 mm Dicke (Fig. 25). Neben den Knieen ſtand ein
Gefäß mit weiter Oeffnung, deſſen 9 cm höher Hals
mit den ja häufigen, aus glatten Bändern zuſammen-
geſetzten Zacken belebt iſt, deren Zwiſchenräume mit
ſchraggelegten Eindrücken ſehr feiner Schnürchen ausge-
füllt ſind. Leider war nur der untere Theil an Ort
und Stelle erhalten, während der Hals in Scherben
in der Erde zerſtreut lag. Fig. 26 ſtellt den Quer-
ſchnitt dar. Er entſpricht dem des einem neolithiſchen
Hockergrabe bei Röſſen im Kreiſe Merſeburg entnom-
menen Gefäße des Probinzial⸗-Muſeums, abgebildet auf
Tafel II im III. Heft der vorgeſchichtlichen Alterthümer
der Proyinz Sachſen. Ein aͤhnliches SGefäß ift auch
abgebildet im photographiſchen Album der prähiſtoriſchen
Ausſtellung in Berlin 1880, V. Mappe, Tafel 8, leider
ohne jegliche Bezeichnung, ſo daß ſich nur vermuthen
läßt, daß es der neolithiſchen Periode angehört. Be-
ſtimmt dieſer Periode zugerechnet wird das auf Tafel
XVI, Fig. 34 der „Vorbeſchichtlichen Alterthümer aus
Schleswig-Holſtein von J. Mesdorf“ dargeſtellte ge-
henkelte Ge-
fäß, das freis
lich eine andere
Berzierung
aufweiſt. Di-
tenſtonen un-
ſeres Gefäſſes
Fig. 267 größ-
ter Durchmeſ-
ſer: 33,5 em
Durchm. des
Bodens 13—
14 cm, ganze
Höhe 27,5 cm,
Durchmeſſer der Deffnung: 27 cm. Fig. 27 zeigt uns
die Verzierung des Haͤlſes und des auſtoßenden Bauch
Vertheils. Ebenſo zerſtreut fanden ſich einige kleine
Feuerſteinmeſſer gewöhnlicher Form vor und einige roh
zugeſchlagene Feuerfteinpfeiljpigen. Das Stelett ſelbſt
war durch einen niedergefallenen Deckſtein ſehr gebrückt
worden. Dem anfcheinend doligocephalen Schädel (Fig.
26) fehlt die Hintere Partie, der Bruchrand iſt alt; er
Iag unmittelbar auf der Steinplatte auf. Suturen und
die vollſtaͤndigen, nur ſehr wenig abgeſchliffenen Zähne
laſſen auf einen Mann in mittleren Jahren ſchleßen.
Auf der rechten Seite der Stirn macht ſich die Wirkung
eine3 Schlages, pielleicht mit einem Steine, durch eine
Vertiefung bemerklich. Die dem Schädel zunächſt liegen-
den Rückenwirbel, ſowie auch die Schlüſfelbeine waͤren
in denſelben eingetrieben. Fünf andere Wirbel lagen
noch in natürlicher Stellung zum Becken, die übrigen,
ſowie die Mehrzahl der Rippen und die Knochen der
Hände und Füße waren nicht vorhanden. Das Gaͤnze
lag in der Richtung von Nordnordoſt chier der Schädeh
nach Südſüdweſt. Zu Füßen des Skeletts, doch außer-
halb des Grabes, lagen Knochen eines Wildſchweins,
kenntlich an den faſt hoͤrizontal gerichteten Vorderzähnen
 
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