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Antiquitäten-Zeitung — 2.1864

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M E

I


Verbürgte

Auflage 3000.


——S———

und Alterthumskunde.


Auflage 3000.


— 77 Abounement:
Nr. 11. Deutſchlaͤnd u Defterreih 260


Stuttgart, 14, März 1894
(Erfcheint wöchentlich.)

Anzeigen:
Die Nonpareilezeile oder deren
Raum 20 Pfennig.

2. Jahrgang .

Die Bezugsbediuguugen ſind auf der legten
Seite in jeder Nummer abgedruct, Erfullungsort für
die Lieferung und für die Zahlung; Stuttgart.

Ein gefahrvolles Geſchäft.

Eine Juwelengeſchichte

von
Eduard Brauufels.
—— —
Nachdruck verboten.
(Schluß.)

Monier kehrte nun wit den Schmuckſachen in ſeine
WohHnung zurüß und machte fich Jofort an die Arbeit; er
‚richtete fich eine förmliche kleine Werkſtatt ein und hämmerte/

— feilte und
löthete bald
auf's Eifrigſte.
Doch warf er
auchgern einen
Blick zu den
Fenſtern hin-
ausS, theils
nach dem Gärt-
chen, in wel-
chen beſon-
ders Granat-

büſche in
üppigſter Fülle
bluhlen und

prangten,
theils nach dem
Hofe, mo ſich
nicht ſelten ein
ſehr buntes
Leben entfalz

tete.

Zte es ihn wenn
—- gie Damen
* — es Ha-
7 — rens don
Abdul

Slim duͤrch den Hof geführt wurden, entweder um ſich
daͤch ber Stadt überſetzen zu laſſen und dort in einer
Karoſfe eine Spazierfahrt durch die großen Gärten des
Bey zu machen, odder um eine Gondelparthie zu unter-
nehmen. Dabei bemerkte er auch des Defteren, datz die
Damen nicht ſelten zu ihm Hinüberlugten , ſobald es
nämlich Abdul Slim nicht gewahren koͤnnte; offenbar
war der franzöfijche Goldſchuied den Orientalinnen eine
in hohem Grade interejjante Perſönlichkeit und bildete
gewipß. mit Jeinen Koſtbarkeiten und ſeiner Arbeit das
Haußtthema bei allen ihren Unterhaltungen,

Bei ſeiner regen Thaͤtigkeit verging ihm die Zeit
jehr ichnell; die Abgeſchloſſenheit, in Dder er ſich befand,
wirkte nicht im Geringſten druͤckend auf ihn, und machte

ſich ja einimal das Gefühl ver Einjamkeit bei Hun gelieuD,
jo Dachte er amn die armen Schönen des HaremS, die
Zeit ihres Lebens Gefangene wären und ſelbſt, wenn
fie einmal auf kurze Stunden hinausflattern durften
aus ihrem Gefängniß, doch immer die feſte Schnur
Fühlten, die ſie hielt. - Bisweilen empfing er auch den
Beſuch des Konſuls. Dieſer hatte bekanntlich anfangs
den Landsuiann taͤglich beſuchen wollen, allein ſeine Ge-
ſchaͤfte hatten ihn zunaͤchſt öfter davon abgehalten, und
als er ſodann jah, daß vorläufig keine Gefahr zu be-
fürchten war, am er auch in der übrigen Zeit nur dann
und wann, wenn es ihm eben ſein Amt am beſten er-
laubte. Sein Interefje für Monier war dabei keines-
wegs erkaltet, ja es hatte ſich ſogar noch geſteigert, zu-
naͤchſt weil er in dem jungen Pariſex mehr und mehr
einen ſehr tüchtigen Nann kennen lernte, und danın,
weil er in hohem Grade geſpannt war, wie wohl die
ganze Augelegenheit ihre Löjung finden werde. Monier
war nach und nach froͤhlich und guter Dinge geworden
und meinte, e& werde ſich ja Alles zu beiderfeitiger Zu-
friedenheit glatt abwideln; der Bey ſcheine doch bereits
viel zu ſehr für die moderne Ziviliſation eingenommen
zu fein, unt noch ſolch eine Spitzhüberei ausführen zu
fönnen,. und auch Abdul Ilim ſehe nicht aus wie ein
Schurke; für einen ſolchen fei er viel zu jovial. Herr Raf-
mont lächelte jedoch. „Sie verzeihen mir,“ verſetzte er,
dieſe Gründe ſind bei mir hei Weitem nicht durch-
ſchlagend genug. Wenn der Bey Sie auf eine ſolche
Art beſeitigen könnte, daß er ſich dann in Paris ge-
nügend zu rechtfertigen vermöchte, ſo würde er Sie ohne
laͤngeres Beſinnen verſchwinden laſſen. Sr iſt eben nur,
wie alle Orientalen, ein Freund des europäiſchen Lurus,
aber nicht der europätfchen Kultur. Er wird aber Längit
bemerkt haben, daß ich Sie ſtets ſcharf im Auge behalte,
und darum wird er ſich die Sache doch ſehr überlegen.
Ich möchte Sie aber doch herzlich bitten, ja nicht ſoͤrg-
103 zu werden, ſondern ſtets auf Ihrer Outh zu ſein
Gaͤnz beſonderz moͤchte ich Sie aber vor Abdul Ilim
warnen ; der iſt, wie alle Leute ſeiner Sorte, durch und
durch ein Schurfe, Höflich, geſchmeidig! liebenswürdig,
jovial und dabei gerieben, verfchlagen, habſüchtig/ rach-
füchtig, ohne jede Regung des Herzens

Sieſe Waͤrnung und Mahnung verfehlte bei Monier
durchaus nicht ihre Wirkung, nintzte doch der Konful
den Bey mit allen ſeinen Leuten weit beſſer kennen als
er; ſo aufmerffam. er aber auch Alles um ſich her be-
obaͤchtete, nichts war geeignet, ihm Mißtrauen einzuz
flößen, felbſt Abdul Slim nicht, der von Zeit zu Zeit
einmal bet ihm vorſprach und ſich mit einem gewiſſen
höflichen Intereſſe bei ihm erkundigte, wie er ſich mit
ſeinen ſchwierigen Aufgaben abfinde. Der Menſch muß
entweder ein wahrer Künſtler von einem Heuchler ſein?,
ſagte daher der junge Fraͤnzoſe wiederholt zu 1ich, „oDder


ihm, dennoch geirrt.“

Unterdeß fchritt die Arbeit Monierls ſtetig vor-
wärts; ſie war eigentlich keine erfreuliche und erquickz
liche, denn er mußte maͤnches Arrangement, das ſeinen
ganzen‘ Beifall haͤtte, manche SGruppe von Edelſteinen,
die er für künſtleriſch vollendet hielt, vollſtändig zer-

itören und nach karkiſcharabiſchen Sejdhrrad ummodeln;
troßdem unterzog et ſich ihr mit rührigem Sifer, ſchon
um den Auftrag jo bald als möglich erledigt zu haben
Und o waren denn die Umänderungen in kurzer Zeit
gemacht und er konnte dem Bey die betreffende Anzeige
zugehen lafjen. Darauf erhielt er umgehend die ſchrift
Liche Weifung, ſich für den nächſten Tag Nachmittags
5 NOr zur Ablieferung der Garnituren und CEmpfang-
nahme der Zahlung bereit zu Halten, er könne damıt
auch bereitz, da e3 fich gerade gut pafje, am Morgen
darauf die Rückreije antreten, da an dieſen Tage früh
fechs uhr von Goletta aus ein franzöjijcher Danıpfer
nach Maͤrſeille abgehe. Schließzlich war dem Briefe noch
beigefügt, daß bei der Ablieferung und Zahlung der
Finanzminijter Seiner Hoheit und der franzöſiſche Kon-
jul, Herr Rafmont, zugegen ſein würden. Legterer
werde ihın au die ausgefertigten Päſſe mitbringen.

Nientand war jebt froher als Monier; Alles ſchien
ſich ganz Har umnd einfach abzuwickeln und in kurzer
Zeit konnte er wieder in Paris fein. Sr yacdte daher
jeine Sachen, beſtellte einen Platz auf dem Boftdampfer
und ermwartete mit Ungeduld die fünfte Nachmittags-
ituntde.. Sr hatte gehofft, der Konſul werde etwas früher
alz um fünf Uhr eintreffen und noch etwas mit ihm
plaudern, ja ihmn vielleicht auch nocdy einige gute Raths-
jchläge in Bezug auf die Abwidelung Ddes Geſchäftes
und- vielleicht auch auf die Rückreiſe geben, allein er er-
ſchien nicht

Um fünf Uhr wurde Monier durch Abdul Ilim
abgeholt und hinauf in dasſelhe Zimmer gefithrt, wo
er {jeiner Zeit die Schmuckgarnituren vorgelegt hHatte,
und fand dort auch den Bey und dieſelben Damen von da-
mal8. Darauf fand auch die Befichtigung der Schmuck-
jachen wieder ganz jo wie damals ftatt, und nachdem ſeine
Umänderungen alljeitige Zuſtimmung gefunden hHatten,
erhob fich der Bey und forderte iNn auf, zur weiteren
MAowickelung der Angelegenheit in das auſtoͤßende Zim-
mer zu freteın. Dort fand er zu feiner Neberrafchung
außer dem Finanzminiſter und zwei Unterbeamten des-
jelben au den Konful. Letzterer Hatte, mie er Monier
bei der Begrüßung kurz mittheilte, etwas früher fommen
wollen, um vorher noch ein Weilchen mit ihHm zu plau-
derın, Hatte aber, gerade als er weggehen wollie, den
Befuch des Herrn Finanzminifjter3 erhalten und war
daun wit ihn zufammen hinübergefahren.

Die geſchäftliche Angelegenheit wurde ſodann raſch
und einfach abgewikelt; die Zahlung wurde in fran-
zöfijhem Golde und in flanzöſiſcheu Banknoten geleiftet,
Monier. quittirte, erhielt darauf auch ſeine Paͤſſe und
derabſchiedete ſich mun vom Bey, der ihm noch höflich
fürdie geleiſteten Dienſte dankte und ihn bat, aug
Herrn Poͤſfart ſeinen Gruß zu bringen.

Leider mar e8 muun ſchon ſechs Uhr. geworden! e3
begaun bereits zu dämmern, ſo daß der Konjuk, da die
Hausgefege des alten Palaftes allen nicht zu den Be-
amten gehörigen Männern den Aufenthalt in Ddiejem
Paͤtafte nach Sonnenuntergang ‚verboten, aud) bexeits
mieder abfahren mußte, und zwar gleich wieder in dem-
jelben Boote, in welchem auch der Finanzminifter nach

der Staͤdt zurückfehrte. Er konnte daher von Monier
 
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