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Antiquitäten-Zeitung — 2.1864

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A

Verbürgte

Auflage 3000,

|


alrn

und Alterthumskunde.


—— —

Auflage 3000.


Abonuement:
Deutſchland u. Oeſterreich M 2,50
vierteljährlich, Ausland M 3.—.

Nr. 16,

Stuttgart, 18. April 1894,

Erſcheint wöchentlich)

Auzeigen:
Die Nonpareillezeile oder deren
Raum 20 Pfennig.

2. Jahrgang.

Die Bezugsbedingungen ſind anf der lesten
Seite in jeder Nummer abgedruckt. Erfüllungsort für
die Lieferung und für die Zahlung: Stuttgart.

Vorſintfluthliche Landſchaft.
(Mit Illuſtration Seite 125.)
Nachdruck verbotem.

Mit goldenem Glanz uͤberfluthet die ſcheidende
Sonne das reiche Thal, in welchem üppige Getreide-
felder der Ernte entgegenreifen, und zu deſſen Seiten
waldergekrönte Höhen in ſchön geſchwungenen Zinien ſich
hiuztehen. Noch herrſcht hier an einer Stelle rege
Thaͤtigkeit; Arbeitex ſind in einem
Steinöruch beſchäftigt, mächtige Schiefer-

die Wiedergabe einer wweltlichen Landſchaft. Unſer
Bild fuͤhrt uns zurück in die Zeit, die der Erdkundige
den Lias nennt und die einen Theil der Juraformation
bildet, und zeigt uns in charakteriſtiſchen Abbildungen
zwei beſonders bekannt gewordene Vertreter der Thier-
welt jener Zeit. Beide zählen zu den Reptilien, den
Sauriern. Aber waͤhrend die hierher gehörigen Formen
der heutigen Thierwelt faſt dürchwegs auf dem Lande
Jeben, ſind die in unſerer Abbildung dargeſtellten Sau-
rier der Liaszeit ächte Meeresthiere Die Fiſchſaurier
oder Ichthyoſdurier, von denen ſich auf unſerem Bilde
einige in der Nähe der Küſte herumtreiben, erinnern
entfernt ‚an die Krokodile; allein ſie beſaßen keinen
Schuppenpanzer, ſondern eine glatte Haut und konnten
nicht an’3 Land gehen. Ihr gewaltiger Schädel trus

zahlreiche kegelförmige Zähne, die Augen beſaßen eine

Gegenden einſt Meeresbuchten, die den Fiſchlauxiern
deſonders zum Aufenthaltsort behagten bis ſie durch
Feinde oder ein Naturereigniß in noch nicht aufgeflärter
Weiſe fajt plötzlich vernichtet wurden! Wohl verdienen
die Fiſchfaurier den Namen Meerdrachen, den ihnen
Scheffel in feinem „Bericht von dem Meerdrachen“ ver-
Leiht, weldhen er dem Mönch Nicodemus von Banz in
den Mund legt, denn ſie erreichten eine Größe bis
zwölf Meter. Die Nahrung dieſer gewaltigen Raut-
thiere beitand aus Fiſchen und Tintenfiſchen! wie wir
genaun wijjen, denn ſelbſt der Darminhalt der Ichthyo-
ſaurier iſt uns verſteinert erhalten.

Roch viel werkwürdiger als die Fiſchlaurier er-
ſcheinen unZ die Schlangenjaurier des Liaz-Meeres, die
unfere Abbildung ebenfalls zeigt und denen wir unter
den jetzigen Thieren nichts Aehuliches an die Seite zu
ſtellen wüßten. Auch ſie waren ächte
Meeresthiere, und es mag ein ſonder-

platten zu brechen, wiederuͤm iſt eine
derfelben gelockert und vor Schluß des
Arbeitstages ſoll ſie noch abgeſprengt
werden. Welch überraſchender Anblick
aber bietet ſich uns dar!

Eins, zwei, drei — und losgelaſſen! rief ich
Und die Platte ſank — o dreimal Vunder,
Nie vergeß ich jenes wilden Anblicks:

Vom Geſchiefet das da kam zum Vorſchein,
“Nings umiſchloſſen, halb darin erhaben,
‚Beigte ſich ein ungeheures Steinhaupt.“

Alſo läßt der Dichter Scheff el
ſeinen Mönch Nicodemus von Kloſter
Banz!) erzählen. Vor unſeren Augen
liegt ein Denkmal uralter Zeit. Seit.
Jahrtauſenden und aber Jahrtauſenden
iſt die Sonne auf und untergegangen
wie heute, aber nicht immer beſchienen
ihre Strahlen das gleiche Bild. Wo
heute Get reidefelder wogen da wogten
in weit zurückliegender Zeit, deren
zettliche Entfernung wir kaum ſicher
mit Zahlen zu meſſen vermögen, die
Fluthen eines mächtigen Meeres, und
in demſelben tummellen ſich gewaltige
Geſchöpfe, die wir unter den jetzt leben-
den Thieren vergebens ſuchen. Mit
der Zeil aber veränderten ſich die Berhältniſſe von Waſſer
und Zand. „So geht alles Irdiſche den Kreislauf, und
beſtändig iſt allein der Wechſel: Meer wird Fels, und
Fels wird Erde“ und die Geſchöpfe, die das Meer be-
dölkerten, ſie ſtarben ans; ihre Leiber verſanken, wurden
vom Schlamm umhüllt und verſteinert, um in ſpäter,
ſpäter Zeit wieder aufgefunden zu werden und Kunde
zu geben von einer untergegangenen Lebewelt.

Aus dieſen verſteinerken Reſten vermag ſich der
Forſcher ein Bild zuſammenzuſtellen von Geſtalt und
Bröße dieſer ausgeftorbenen Thiere, und der Künſtler
verleiht ihnen Leben und entwirft mit kunſtgeübtem Stift

Kloſter Banz bayeriſches Benediltinerlloſter, am Main ge-
Legen/ jeßt Schloß des Herzogs Maximilian in Bayern.


Fert unten.)

gewaltige Größe und waren von einem Kranz von
Knochenplatten umgeben; unmittelbar vor den Augen-
höhlen liegen die tleinen Naſenlöcher, aus denen die
Ichthhoſautier ähnlich den Walfiſchen der Jetztzeit
Waͤſſerdauf in die Höhe geblaſen Haben mögen. Wie
ſich heute an den Kuͤſten tropiſcher Meere Seeſchild-
kröten in größter Zahl zuſammenfinden, oder Seehunde,
Walroſſe, und ſogaͤr die gewaͤltigen Wale in Schaaren
vereint die Meere und ſeine Buchten bevölkern, ſo waren
jedenfalls auch die Fiſchſaurier der Lias geſellige Thiere,
und wo ſie überhaupt vorkamen, da fanden fie ſich in
Menge zuſammen! denn arn einigen Orten, beſonders
bei Banz in Franken und Boll in Württemberg, liegen
ihre mehr oder weniger wohl erhaltenen Stelette zu

vielen Hunderten beiſammen. Wahrſcheinlich waren dieſe

barer Aublick geweſen ſein, auf den
glatten Fluthen die ſo mächtigen, bei
ſieben Meter großen Thiere mit langem,
leicht gebogenem und weit über den
Meeresſpiegel ſich erhebendem Hals,
gleich großen ſchwarzen Schwanen, ein-
heraleiten . zu ſehen. Während der
Schwan, das langhalſtaſte Thier der
Sebtzeit, nur 23 Haͤlsvirbel beſitzt
finden wir bei den Schlangenjauriern
40 Halswirbel; der Rumpf war ſehr
feſt und maſſiv gebaut und das kräftige
Gebiß machte die Schlangenſaurier zu
gefährlichen Räubern.

Fiſchfaurier und Schlangenſaurier
fanden in den Meeren der Iurafor-
mation manche Genoſſen an Größe
und Eigenartigkeit der Erſcheinung,
ſowie räuberiſchem Weſen, und auch in
den Kreidemeeren finden ſich gewaltige
im Meer lebende RKeptilien, ſo der
rieſige Maßſauxier, der eine Länge von
ungefähr 70 Fuß beſaß! Mit dem
Zuendegehen des mittleren Zeitalters
aber verſchwanden dieſe rieſigen Meer-
bewohner/ und nur noch ihre berſteiner-
ten Reſte geben Kunde von ihrem
einſtigen Beſtehen.

Angel der Nouevuyenne-
Indianer.

Eine ungeheure Verſchiedenheit unter den einzel-
nen Völkerraſſen, nicht mur untereinander, ſondern
auch unter den einzelnen Abſtufungen kann der For-
{her unſchwer wahtnehmen. Das gefammte Amerike
war einſtmals von Grönland bis zum Feuerlande mit
der einzigen indianiſchen Raſſe beſetzt, aber im Laufe
der Zeiten haben Geſittung und Wohnort und andere
Eiufluͤſſe ſo große Verſchiedenheiten hervorgebracht, daß
es nicht leicht mehr iſt, auf den erſten Blick hin die
 
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