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Antiquitäten-Zeitung — 2.1864

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— ET



Verbürgte

Auflage 3000.

und Alterthumskunde.


* M
— ——

Auflage 3000.


Stuttgart, Böblingerfir. 2. Stutfgart 1894.

Abonnement:
Deutſchland u. Oeſterreich A 2.50
vierteljährlich, Ausland M 3.—.,

Nr. 45.

Stuttgart, 7. November 1894.

Erſcheint wöchentlich.)

Auzeigen:
Die Nonpareillezeile oder deren
Rauni 20 Pfg., Auktionen 30 Pfg.

2. Jahrgang.

Die Bezugsbedingungen ſind auf der letzter
Seite in jeder Nummer abgedruckt, — SrfülungSort für
Die Lieferung und für die Zahlung: Stuttgart.

— 2

Die Schabkunſt.

8 Oeſterreichiſchen Muſeum am Stubenring
in Wien wurde am 14. Oftober eine Spezialausſtelluns
der Schabkunit oder Schwarzkunſt eröjfnet. Die Auss
ſtellung iſt in vier große Gruppen getheilt und im
Süulenhofe, im Saal VII, unter den oberen Arkaden,
m Saal IX, und im Vorleſeſaal aufgeftellt. Der von
Franz Nitter verfaßte, füperb ausgeftattete Katalog
zählt 595. Nummern und enthält als Einleitung eine
;mit wiſſenſchaftlicher Gründlichkeit geſchriehene, außer-
ordentlich inftruktive Neberficht der ge[Hhicdhtlichen Ent-
wicklung der Schablunſt von S, D, Falke und ſechs
„Heliogravuren. Der Katalog iſt im Verlage des Oeſter-
reichtichen Muſeums erſchienen und um den Preis von
60 Kreuzern kauflich. Die Ausſtellung dauert bis
Cnde Februar 1895. Der Einleitung des Katalogs
entnehmen wir: f

Schabkunit, Schwaͤrzkunſt, Maniere noire, Mezzo-
tinto, alle diele Ausdrücke bezeichnen einen und den-
jelben, dem Kupferftich verwaͤndien Zweig Der gra-
-phifhen Künfte. Aud das Blatt der Schabkunit —
dies il wohl die im Deuiſchen am meiften gebrauchte
Bezeichnung — iſt der Abdruck einer Kupferplatte, nur
ift die Zeichnung auf derſelhen anderS hergeſtellt als
die des eigentlichen Kupferſtichs oder der Radivung,
Diefe drei Manieren gleichen ſich darin, daß hei ihnen
im Gegenjage zu dem HolzjOnitt durch den Druck die
‚Schwärze nicht von der Sberfläche abgenonımen, ſon-
"dern au3 Dder Tiefe herausgeholt witd. Aber dieſe
Tiefe der Zeichnung wird bhei jeder auf andere Weiſe
hergeſteſlt. Die Radirung ätzt die Linien in die Kupfer-
platte eim, der Kupferſtich gräbt ſie mit dem Stichel
hHeraus, die Schwarzkunſt dagegen arbeitet ohne Linien,
nur durch die AWoftufungen der Töne, und dieſe werden
in ganz eigener Weiſe hergeſtellt.

Sine glatte, wohlgehämmerte, nicht zu harte
Kupferplattẽ wird auf der ganzen Oberfläche gleich-
mäßig rauh gemadt. Dies gefchieht durch den Druck
der jogenannten Wiege, des Granierftahls, eines unten
rundlihen, wie mit kleinen Stacheln verſehenen Hand-
infirumente8, weldeS nach allen Richtungen wieder
‚tınd wieder durch ziemliche KXraft der Hand über die
Flädhe der Plalte geführt wird, ſo daß dieſe ſich mit
zahllojen fMeinen Bertiefungen überdeckt ſo dicht an
dicht daß man die einzelnen Punkte nicht mehr erkennt
Sn diefer Aufrauhung der Fläche, welche die größte
Sleichmäßigkeit verlangt, liegt Ihon, wenn nicht eine
Kunfit, doͤch eine Sejchiclihkeit. Sine ſchlechte Aus-
führung dieſer vorbereitenden Arbeit ſchädigt die nach-
folgende Kunftarbeit und läßt fie nie zur Bolllommen-
hHeit gelangen. Iſt die Aufrauhung gleichmäßig und
hinlaͤuͤglich ausgefuͤhrt, ſo wird ein Äbdruck der ſo vor-

bereiteten Platte ein Blatt vor ganz gleicher Schwärze,
von höchſter Tiefe und ſammtartiger Weiche ergeben,
ein ſchwaͤrzes Blatt natürlich noch ohne jede Zeichnung.

Wie entſteht nun die Zeichnung? Dazu dient ein
kleines, meſſerartiges Zuſtruͤment! der Schaber genannt.
Mit dieſem Inſtruͤmente wird das Licht aus der tiefen
Schwärze herausgearbeitet, und zwar indem man das

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AAn

Fig. 1, Venetianiſcher Seſſel.



In jeder graphiſchen Kunſt

So iſt es auch bet der Schahkunſt. Aber während heim
eigentlichen Küpferſtich wie bet der Radirung das höchſte
Licht ſich beim Abdruck von ſelber einfindet, nämlich dort,
wol der Platz von Linien leergelaſſen iſt, muß in der
Schabkunſt daͤs höchſte Licht erſt geſchaffen werden. Man
nimmt, wie gefagt, dort, wo man es haben will, mit
dem Schaber die Kaͤuhheit voͤllig hinweg und glättet die
Stelle mit dem Polirſtahl, ſo daß ein Abdruck an
diefer Stelle nicht die kleinſte Schwärze ergibt, wenn
man eine ſolche nicht mit voller Abſicht zur Dämpfung
des höchſten Lichtes übrig läßt.

Ebenſo werden nun, der Zeichnung entſprechend,
alle Zwiſchentöne hergeſtellt, indem der Schaber mehr
oder weniger von dem Rauhen hinwegnimmt. So
arbeitet der Künftler nach und nach vom Lichte in den
Schatten hinein. Wo er den tiefſten Schatten, die
intenfivfte Schwärze haben will, läßt er die aufgexauhte
Flaͤche einfach vom Schaber unberührt. Iſt die Platte
in dieſer Weiſe nach der gefammten Zeichnung fertig-
geſtelli, ſo wird fie auf der Preſſe abgedruckt, wie ein
anderer Kupferſtich. Das Reſultat gleicht einem Kupfer-
{tich, erſcheint aber doch weſentlich anders; es gibt ſich
** als das Werk einer andersartigen Herſtellung
und.

Der weſentlichſte Unterſchied liegt darin, künſt-
leriſch betrachtet, daß der Kupferſtich aus Linien be-
{teht, ob nun langen oder kurzen, das Schahkunſtblatt
aus Tönen. Dieſe bedingen den Hinwegfall der kon-
tourirenden Linien. Die Kontouren, das iſt die Grenze
der Details in der Zeichnung, gehen weich und ſanft
in einander über; ſcharfe, heftinimte Linien ſieht man
nur im Abdruck aufgeſtochener, alſo nicht mehr in
ihrer Urſprünglichkeit erhaltener Platten. Weicher iſt
die Modellirung, ſammtartig ſind die Flächen, die
hellen wie die dünklen, ohne daß dabei die Zeichnuns,
zum Beiſpiele im Portrait, der Beſtimmtheit der For-
men, der individuellen Charakteriſtik entbehren müßte.
Der rechte Künſtlex bringt das mit der Schabkunſt ſo
gut zu Stande, wie der Aupferſtechex und der Radixer
mit ihrer Eigenart, waͤhrend ailerdings ein ſchwacher
RKünftler geraͤde in dieſer Beziehung ſeine Unzuläng-
lichkeit verräth.

Das iſt freilich ein Nachtheil, den die Schabkunſt
gegenuber dem Kupferftich darbietet Bei der Zartheit
der rauhen Oberfläche iſt die geſchabte Platte unter
dem Drucke der Preffe viel ſchneller abgenützt. Schon
nac wenigen hundert Syemplaren gibt ſie kgum noch
brauchbare Abdrücke, wenigſtens keine Abdrücke, welche
von ihrer urſpruͤnglichen Schönheit eine Vorſtelluns
geben. Wil man dieſe in ihrem vollen Werthe erken-
nen, fo muß man Abdrücke vor der Schrift oder wenig-
{ten8 frühe, unverdorbene Abdrücke jehen, denn einerſeits
iſt die Schwärze leicht abgeriehen und verwiſcht ſich
und aͤndererſeils gibt es voͤn dieſem Kunftzweige zahl-

loſe ganz unbedeukende, ja ſchlechte Blätter, Und davon
liegt die Urfache in einer Elgenſchaft, welche alz Vor-
zug zı betraͤchten iſt, aber auch zum Mißbrauche ge-
führt hat.

Diele Eigenſchaft iſt die leichtere und ſchnellere
Herſtelluug des Schabkunſtblattes im Gegenſatze zum
 
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