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Antiquitäten-Zeitung — 2.1864

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— — 8

Verbürgte

Auflage 3000.

2


und Alterthumskunde.


E

2

Verbürgte

Auflage 3000.


Abonuement:
Deutſchland u. Deſtexreich A 2,50
vierteijahrlich, Ausland A 3.—,.

Nr. 10.

Stuttgart, 7. März 1894,

Erſcheint woͤchentlich.)

MAnzeigen :
Die Nonpareillezeile oder deren
Raum 20 Pfennig.

2, Jahrgang.

Die Bezugebediugungen ſind auf der lesten
Seite in jeder Nummer abgedruckt, — Srfüllungsort für
die Lieferung und für die Zahlung: Stuttgart.

Ein gefahrvolles Geſchäft.
Eine Juwelengeſchichte

Eduard Braunfels.

—— —
Abbildung Seite

(Fortſetzung)

Monier mußte ſich alſo mit der orientaliſchen Art
zu ſchlafen befreunden und that das denn auch, ſo gut
23 'ging, naͤchdem er vorher ſorgfältig die Thüre ver-

(Mit

77.)

Nachdruck verboten.

riegelt, die Schmuckgarnituren unter das Kopfpolſter
gefteckt‘ und zwei geladene Piſtolen neben ſich auf den
Boden gelegt hHatte. Er ſchlief darauf, da er durch die
Anfitrengungen der Reije jehr ermübdet war, bis in den
hellen Moragen hinein und erwachte erft, als wiederholt
laut an ſeine Thür geklopft wurde.
„Aha, jeßt wird man mir nun endlich was zu eſſen
bringen,“ dachte er und ſprang ſchnell von feinem Lager
auf: al® er jedoch Öffnete, trat ein Offizier der Leib-
wache herein und tiheilte ihın mit, daßz ſeine Hoheit
wünjche, ex, der Franke, möge nach demt alten Paleſte
überfiedeln, wo ſich auch der Harem Seiner Hoheit be-
fände. Die Damen tonnten dann, ohne vorher in die
Stadt fommen zu muͤffen, die Schmuckſachen in Angens
ſchein nehmen und auch in Betreff der Aenderungen

auf die leichteſte Art wiede Ho ihre Angahen wachen

Der aͤlte Palaſt liegt aliv - nidht in der Stadt?
fragte Monier nach kurzem Beſtunen.

„Nein,“ verjebte der Offizier, „er befindet ſich auf
einer Inſel des Sees el Bahira.“

„Das iſt der See, an dem ja auch Tunis liegt;
dann kann die Inſel wohl nicht weit ſein.“

Etwa eine Viertelſtunde wird man mit einem ge-
wöhnlichen Boote fahren.“

— „Sut,“ nahm Monier wieder das Wort, „der Wunich
Seiner Hoͤheit iſt mir Befehl. Ich werde ſo bald als
möglich nach dem alten Palaſte überfiedeln, doch iſt es
nöthig, daß ich vorher erſt einnal den franzöſiſchen Konjul,
Hertn Rafmont, ſpreche! Ich werde daher, da ich nicht
zu ihm gehen kann, einige Zeilen an ihn ſchreiben und
bitte, daß dieſelben fofort befördert werden.“ Dabei
holte er eine kleine Briefmappe aus dem Koffer hervor,
warf mit einem Bleiſtift einige Zeilen auf einen Brief-
bogen, kouvertirte und adreſſirte dieſen dann und üher-
gab den Brief dem Ofſtzier, der darauf ſchweigend das
Zimmer verließ.

Als der Franzoſe ſich wieder allein befand, durch-
maß er mehrere Maͤle mit großen Schritten das Zimmer.
Die ganze Art, wie er hier behandelt wurde, am ihm
verdaͤchtig vor; er wurde in ünberantwortlicher Weiſe
vernachläßigt und ſollte nun auch noch nach jenem alten
Faͤlafte überfiedeln, der wahrſcheinlich wie eine kleine
Feſtung auf der Inſel lag. Sr war dann von allem
Verkehr abgeſchloſſen und vollſtändig in die Hände des
Beh gegeben. Auf keinen Fall durfte Er alſo ſo ohne
MWeiteres. dem Anſinnen entſprechen, vor Allem mußte
er erſt den Rath des franzöſiſchen Konſuls einholen,
der ja auch bexeiis von Paris aus über ihn durch Herrn
Poſſart unterrichtet worden war.

Sr hätte bielleicht noch länger überlegt und ge-


Kachdrücklichkeit gemeldet hätte; ſeit faſt vierundzwan⸗—
zig Stunden hafte er nichts genoſſen; es wurde ihm
daͤher faſt ohnmächtig. Aber er wagte nicht, das Zim-
mer zu verlaffen, da ihm dann die Schmuckſachen vor
Diebeshänden nicht ſicher zu ſein ſchienen! Um aber
nicht laͤnger in ſeinex bedenklichen Lage ausharren zu
miiſſen/ bffnete er die Zimmerthür und rief ohne Weiteres
wiederholt, {o kräftig er nux fonnte: „Hollal Holla!”
in den Koͤrridor hinein. Die Rufe ſchaͤllten ſo laut,
daß ſie weithin gehört werden mußten, und verfehlten
denn auch ihre Wirkung nicht; verjchiedene Diener kanien
beſtuͤrzt herbeigeſprungen und ſelbſt der Oberaufſeher
dez Palaſtes trat aus ſeinem Zimmer und ſchritt raſch
auf Monier zu.

Was iſt geſchehen! Will man Dich berauben?
Trachtet man Dir nady dem Leben? rief er. |

Vorlaͤufig will man mich verhungern laſſen,“ ant-
wortete Monier halb grimmig, halb ſarkaſtiſch.

„Wie, Du hätteſt noch keine Speiſen erhalten?“
verſetzte der Oberaufſeher in ſcheinbar heftigſter Ent-
rüftung. dieſer Schlingel von einem Koch! Ich
werde ihm fünfzig Hiebe mit dem Bambusrohr verab-
reichen laſſen, daß er Zeit ſeines Lebens an Dich denken

ſoll Sn kürzeſter Zeit ſollſt Du mit Allem reichlich ver-

ſorat jein.“ Damit verneigte er ſich und kehrte in wenig
Hoffmung erweckenden/ langfanien/ ſchlürfenden Schritten
nach jeinem Zimmer zurück

Dennoch war der Erfolg des energiſchen Auftretens
zufriedenftellend, ſchon bald brachten zwei Diener Kaffee,
verſchiedene Fleiſchſpeiſen und Früchte, und Monier
konnte nun nach Herzensluſt ſeinen Hunger ſtillen.

Nachdem er ſich genügend gelabt, zündete er ſich
eine Zigarre an und wollte ſich eben behaͤglich auf ein
Sopha ftreden, alz der franzöfijhe Konjul, Herr Raf-
mont, bereits erfchien. Monier’z Brief war gewiß nur
zufaͤlligerweiſe ſofort beſorgt worden, und Herr Rafmont
haͤtle ſich fogleich auf den Weg gemacht! um ſeinem
Landamanne. auf jeden Fall mit Rath und That noch
zur Seite ſtehen zu können.

Ronier berichtete dem Konſul nun üher ſeine bis-
herigen Erlebniſſe/ und dieſer hörte aufmerkſam zu. Als
Monier geendet, verſetzte er: Es war jedenfalls ſehr
gut, daß Sie an mich ſchriehen! Ihre Lage iſt keines
weg3 ungefährlich, ja, c& will mid, wie Sie auch ganz
recht Herauzgefühlt haben, bedünken, als führe man etwas
im Schilde, oder als wolle man wenigitenS — wenn
e3 fih eben ohne viel Lärm machen lajje — Ddie Ge-
Legenheit benußen. Run jedoch, nachdem. ich glücklich
mit: Shnen in Verkehr getreten — man hat das gewiß
eben nicht vermuthet, ſonſt würde man es wahrſcheinlich
verhindert haben — Hat ſich Ihre Sicherheit gebeſſert
Man kannn Sie nun nicht ſo ohne Weiteres verſchwin-
den laffen; ich habe Sie mit eigenen Augen im Palaſte
des Bey gefehen, und der Bey iit ietzt in erſter Sinie
für Ihle Berfon verantwortlich. ‚SO hakte es daher
auch nicht für beſonders gefährlidh, wenn Sie nun nad
dem alten Balalte: überfiedeln, nur machen Sie zur Be-
ingung, daß ich Sie täglich zu jeder Tageszeit beſuchen
darfı Sch werde Jhnen außerdem noch jogleich eine
Karte ſchreiben ſo etwaZ wie eine fingirte Antwort auf
einen von Ihnen erhaͤltenen Brief/ auf der ich Ihnen
mittheile, daͤß ich Sie ſehr gern von Zeit zu Zeit imt
alten Balafte befuchen wolle, um Ihnen.in Ihren Ruhe-
jtunden Gefellſchaft zu leiften. Dieje Karte legen Sie
dem Briefe an den Bey, in welchen Sie ihn nochmals
bitten, er möge geftatten, daß ich Sie im alten Schloſſe
hefuche, bei, IHheinbar, damit er ſehe ich habe bereitz
zugejagt, in Wahrheit, daß er wiffe, i bin von der
Sie nach dem alten Palaſte überzuführen, unter-
richtet.“

Damit hatte der Konſul offenbar das Richtige ge-
troffen und Monier ftimmte ihmn in allen Punkten bei;
Helr Rafmont ſchrieb daher auch ſofort die Karte und
daun febten fih die beiden Herren noch zu einent he-
Haglichen Plauderſtuͤndchen zujammen, in weldem Monier
biel von der Heimath und beſonders von Paris erzählen
mußte, wo der Konful viele Jahre gelebt hatte und vo-
hin er ſich mit alen Faſern feineS HerzenS ſehnte! Da-
durch traten fich die beiden Männer ſchnell näher, und
als ſich ſchließlich der Konful empfahl, drückte er ſeinem
Qandamann herzlich die Hand und verſicherte nochmals,
er werde ſeinen ganzen Sinfluß aufbieten, daß die An-
gelegenheit glatt abgewickelt werde.

Monier fühlte ſich in Folge deſſen wieder ſicher;
 
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