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Antiquitäten-Zeitung — 2.1864

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S



2

Verbürgte

Auflage 3000.


und Alterthumskunde.




Abonnement:
Deutſchland u. Oeſterreich 2.50
vierteljährlich, Ausland M 3,—.

Nr. 5.


Stuttgart, 31. Januar 1894,
Erſcheint wöchentlich)

Auzeigen:
Die Nonpareilezeile oder deren
Raum 20 Pfennig.

2. Jahrgang.

Die Bezugsbediugungen ſind auf der letzten
Seite in ieder Nummer abgedruct, Erfüllungsort für
die Lieferung und für die Zahlung: Stuttgart.

Probe⸗· Nummeru. Sollte durch Zufall eine
Probe Nummer an einen Empfänger gelangen, der
kein Intereſſe für Antiquitäten hat, {o bitten wir, die-
jelbe an einen Sammler weiterzugeben.

Haartrachten und Aupfſchiuuck
der Frauen des Alterthunis.

(Mit 8 Illuſtrationen Seite 37.)
Gachdruck verboten.)
— —

Die gütige Natur hat dem Haupt des Menſchen
zun Schutz gegen die nachtheiligen Einflüſſe der
Witterung den Schmuck des Haaͤres gegeben und
ihm mit Verleihung dieſer Zierde die Pflicht aufer-
legt, durch richtige und ſorgſame Pflege die Geſund-
heit und das Gedeihen des Haares zu fördern. Frei-
lich iſt anzunehmen, daß die Voͤlker längſt ver-
gangener Zeitalter pon der eigentlichen Beftimmung
des Haares, das Gehirn zu ſchützen, ſo gut wie
nicht3 wußten, ſondern dasſelbe lediglich als zur
erſchönerung des Antlitzes dienend betrachteten.
Dieſen Zweck durch die berſchiedenſten Mitiel in
möglichſt hohem Grade zu erreichen, war das Be-
ſtrehen ſchon bei den alten Kulturvölfern, und nicht
allein die Frauen legten auf eine kunſtreiche Frifür
beſonderen Werth, ſondern auch das männlihe Ge-
ſchlecht perwendete auf die Anordnung des vielfach
lang getragenen Haares große Sorgfalt. Beſehen
wir un heute, wie die Frauen im alten. Aeghplen
m Griechenland, Rom und Byzanz das Haar be-
handelten. ;

In Aegypten, und zwar in der fruͤheſten Zeit
Leſes Reiches, finden wir faſt durhgängig bei den
Frauen die einfache Art, das Haar heraͤbhaͤngend
zu tragen Man umgab die Stirne mit einem Bande
oder Metallreifen, je nach Stand und Vermögen der
Trägerin und knüpfte Goldplättchen oder Muſcheln

und gefälligen Formen. Die Griechen kannten ſchon
ein Bekleidungsſtuͤck, das wir unentbehrlich nennen, den
Hut aber er war nicht viel im Gebrauch.! Der mög-
Lichjten Ausdildung des Haar emueks widuleten fie große
Aufmerkjamfeit. Bet den Griechen ſtand das Haar in
ſolchen Anſehen, daß man das Verjchneiden oder den
ganzlichen VBerluft . desfjelben als eine große Verunz
glimpfung anfah. Sn älterer Zeit z0g man in der
Mitte den Scheitel, ftrich das Haar von den Schläfen
wellig nach hinten und band es oben auf dem Wirbei
oder Hinterkopf zu einem Vüſchel zufammen, der Lam:
padion, das heißt kleine Fackel, genannt wurde. Da
die Griechin ſich durchweg ſchöner dünkte, wenn ſie eine
niedere Stirne haite, dies nun aber doch nicht immer


Schminfe, Puderpinjel und Augenbrauenfarbe wußten
ſie vortrefflich unizugehen.

Die romiſchen Haartrachten zeigen anfangs viel
Verwandtes mit den griechiſchen! Die Römerinnen der
erſten Zeit ließen das Haar ungefeſſelt herabhängen,
eine Art des Tragens welche die ärmeren Klaͤffen
dauernd beibehielten Die vornehmen Frauen jedoch
wußten eine fo ungeheure Menge von Abwechslungen
zu exfinden, daß der Dichter Oyid ſchrieb Haarmoden
der Frauen könne man nicht leichter zählen alz die
Eicheln auf einem riefigen Sichbaume. Hauptfaͤchlich
fam in Rom Verkräufelung, Verflehtung und Verknos
tung des Haares zur pielfettigen Anwendung. . Hoch:
geſchätzt waren lange Zöpfe, die man in oft ſehr wunz
derbarer Verfehlingung um den Kopf Herumwand,
bald ſpiralförmig, bald verknotet, oder auch parallel
mit dem Scheitel legte und befeftigte. Sine hübjche
Friſur zeigt uns Bild 5. Da für die unfinnigen
Moden des ſpäteren Rom das Haar, wie e8 auf
dem Kopf gewachfen, nicht ausreichte, am man bald
darauf, Perlicen zu tragen, wie uns eine folche
Bild 6 zeigt. Sine Anzahl kleiner Zöpfe. wurden
auSgefämmt und gebrannt, und das Gaͤnze galt,
je gefchmacklofer, höher und überladener es war,
ggfto ſchöner in den Augen damaliger Modehel-

innen.

Als nach Theilung des römiſchen Weltreiches
das Pyzantiniſche Kaiſerreich entſtand/ trat hier baͤld
in Sitten und Gebräuchen eine Scheidung von dent
Nutterlande ein. Die Haartracht der Maͤdchen von
Byzanz näherte ſich der griechiſchen wiedet mehr.
Das Haar wurde je nach Geſchwack und Geſchick
am Hinterkopf verknotet und mit Zierathen durch-
flochten. Die Frauen dagegen trugen fejtanliegende
Hauben, aus ſteif unterfütterter Seide gefertigt, wie
Bild 7 andeutet! Die Abwechslung fcheint nicht
gar groß geweſen zu ſein, indeni ſelbſt die vornehnt:
ſten Frauen ihr Haupt derartig bedeckten. Bild S
zeigt uns eine bizantiniſche Kaiſerin ſpaͤterer Zeit,
mit der Krone auf dem Haupt. Das Haar iſt mit
einem ſeidenen Tuch umwunden und zu einem Wulft
zuſammengedreht, eine Mode, die von den byzariz
finiſchen Frauen viel und gerne getragen wurde.

Im Allgemeinen fönnen wir fehen, wie das

und Perlen in die herabhängenden Strängen hinein.
Unſer Bild 1 zeigt eine voͤrnehme Aegypterin des
alten Reiches, ehe noch die aſtatiſchen Moden .in
das Land gefommen waren, ein Tragen, das trotz ſeiner
Einfachheit einen gewiſſen Eindruck ernſten Stiles nicht
vermijjen läßt, Als Gegenſatz hierzu ſehen wir auf
Bild 2 den Kopfſchmuck einer Königin, deren Frifur
gleich einfach iſt, welche aber zum Ausdrucke und Zeichen
ihrer Würde den Königinnenhelm trägt, einen aus
Sold und Steinen gefertigten, einen Vogel darftellenden
Roäflcfimucfi‚ von dent ein leichter Schleier hernieder-
wallt.

Bei den Griechen, welche von allen Voͤlkern des
Alterthunis am meiſten mit Schönheitsſinn begabt waren,
zeigt ſich die Haartracht, ganz dem heiteren liebens?
würdigen Naturell des Volks entſprechend, in leichten

Waffenkunde. Text Seite 36.)

von der Natur ſo verliehen war, verhalf ſie ſich am
leichteſten dazu, indem ſie das Haar in Locken tief her
einfämmte, oder porn durch eine Binde, wie Bild 3 zeigt,
bedeckte. Vor allem heliebt waren goldene oder bunte
Bänder, welche vom Hintertopf nach der Stirn gezogen
wurden, um maunigfachere und kühnexe Formen zu erz
zielen. Reiche Damen verdeckten die Stirne durch Dia-
deme, , über die ſie zum Theil das Haar ordneten, wie
Bild 4 zeigt, oder legten auch Golduͤetze und Goldfäden
über das Haar, das meift in roͤthlichem Glanz erftrahlie,
theils von Natur, theils durch Beizen und Färben kKünft-
lich ſo verändert. Und nicht nur hierit verftanden
die alten Griechinnen nachauhelfen, ſondern auch mit

Beſtreben aller Zeiten dahin ging, den Haarputz auf
die mannigfaltigſte Weiſe recht groß erſcheiuen zu
laſſen, um daduͤrch dem Kopfe ein bedeutenderes
Ausſehen zu verleihen.

Es ſeien mir bei dieſer Gelegenheit noch einige
Worte über die Toilette einer aͤntiken römiſchen Dame
geſtattet.

Kaum hatte eine Dame von Stande des alten Roms
ihre Schlafſtätte verlaſſen, ſo richtete ſie ihre Schritte
nach dem Badezimmer, und nachdem ſie ihren Körper
von Badewärterinnen mit Bimsſtein haͤtte reiben laffen
überließ ſie ſich den Kosmetinen, Sklabinnen, welche Re:
zepte von allerlei Ingredienzen beſaßen, und deren Be-
mühungen die Erhaltung der Haui und der geſunden
Farhe zum Zweck Hatte, Man hielt ſehr viel auf ihr
Geſchäft, weil die Kosmetik als ein Theil der Hygiene
 
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