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Antiquitäten-Zeitung — 2.1864

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Deutſchland 1, Defterreidh. A 2,50
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* Nr 43 Abonnement:

Stuttgart, 24. Oktober 1894.

Erſcheint wöchentlich.)

Auzeigen:
Die Nonpareilkezeile oder deren

8
Raum 20 Pfg., Auktionen 30 Pfg. 2 Jahrgang.

Die Bezugobediugungen ſind auf der leßzten
Seite in jeder Nummer abgedruct. — Erfüllungsort für
dẽ Lieferung und für die Zahlung: Stuttgart,

Das Maiumuth/ ein Thier der
Vorwelt.

Von geſchaͤtzter Hand erhalten wir die folgenden,
aus einem Artifel in Memminger!ls
Württenibergiſchem Sahrbuche, 1818,
gezogenen : interefjanten Notizen,
welche einen Ueberblick über den
‚Stand der Forſchung zu jener Zett
‚gewühren.:

; Das Mamnmuth, ein von unſerm
Erdboden längſt verſchwundenes
Thier, kommt zwar der Gattung
naͤch init dem Elephanten übexein,
der Art nach iſt es aber von dem-
ſelben gänzlich verſchieden, ebenſo
fehr als zum Beiſpiel das Pferd
on dem Eſel! Es iſt nicht nur
größer und koloſſaler als Diefer,
ſondern auch in den einzelnen Thei-
ien finden ſich weſentliche Verſchie-
denheiten. Namentlich iſt dies der
Fall mit den Backen= oder Mahl-
zähnen, die zwar denen des Aſta-
tiſchen Elephanten ziemlich nahe
kommen, ſich aber doch in den Au-
ſchichtungen oder Lamellen unter-
‚jcheiden, aus welchen die Zähne
dieſer Thiere Heftehen, die bei dem
Mammuth viel dünner, und eben
deswegen zahlreicher überdies gerad-
inigter, als bei dem Aſtaliſchen
Eleßhaͤnten ſind, wo ſie auf der
Oberfläche des Zahns wellenförmige
Linien bilden. Von dem Afrikani:
ſchen Elephanten ſind ſie eben dieſer
Bildung halber noch ungleich mehr
verſchieden, indem bei dieſem die
Lantellen 40 zuſammengeſtellt ſind,
daß ſie auf der Oberfläche in der
Form von Rauten erſcheinen.

Durch diefe Zähne unterſcheidet ſich das Mammuth
aber auch von einer andern Art foſſiler Elephauten, die
man hauptſächlich in Amerika findet: dem Ohiothier,
vder, wie es Cuvier nennt, dem Maſtodont, deſſen Backen-
zähne eine zackige Oberfläche haben, wodurch ſie Ver-
anlaſſung gaben, daß das Thier unter die fleiſchfreſ-
ſenden Thiere gezählt, und der fleiſchfreſſende Elephant.
genannt wurde.

Nicht weniger als durch ſeine Backenzähne unter-
ſcheidet ſich das Mammuth von den lebenden Elephanten

durch ſeine Stoßzähne oder Hauer. Dieſe ſind erſtlich

viel größer, als bei den jehtgen Etephanten, indem nach
den Verſicherungen neuerer Reiſender die größten bei


Aſiätiſchen bekanntlich noch viel kleiner ſind, während
man von dem Mammuth ſolhe kennt, die fünfzehn Fuß
haben. Sodann ſind ſie weit ſtärker und mehr aus-


Aus Pompejt.

Fuß, obgleich weder das Thier noch die Zähne zu den
größten gehören.

Das Mammuth unterſcheidet ſich ferner durch ſeinen
kürzern Hals, der ihm zum Tragen der ungeheuren Laſt
der Zähne und des großen Köpfes nothwendig war.
Ueberhaupt zeichnet es fich, um anderer weniger in die
Augen fallender Verſchiedenheiten nicht zu gedenken,
durch ſeinen maſſivern Körperbau aus, der ſowohl im
Ganzen, als in den einzelnen Gliedmaßen auffallend
grob und ſelbſt in Vergleichung mit ſeiner Größe
unverhältnißmäßzig ſtark iſt, ſo daß das Thier ein

Marmorne Tiſchfüße. Text Seite 340.)

außerſt plumpes und ungeſtaltetes Anſehen gehabt
haben muß.

Der Rame Mammuth, den man dem Thiere bei-
legt, ſoll von dem Tatariſchen Worte Mamma — Erde
herrühren, und dem Thiere deswegen gegeben ſein, weil
man glaubte, es lebe wie der Maulwurf unter der Erde;
ein Glaube, der darin ſeinen Grund fand, datz man in
jenen Gegenden zwar häufig Ueberreſte des Thiers, nie
aber das Thier felbſt findel! Auch in China wird es,
nach den von Klaproth auf ſeiner Geſaͤndtſchaftsreiſe
eingezogenen Erkundigungen „die verborgene Maus,
Fynschu“” genannt, und die Ehineſen ſollen allerhand
fabelhafte Vorſtellungen davon ha-
ben. Es lebe, meinen ſie, ſtets im
Finſtern unter der Erde, und ſterbe,
ſobald e& an das Tageslicht komme.
Nach dem Aberglauben der Jakuten
muß ſogar der Menſch ſterben, der
es erblickt.

Daß das Thier untex den le-
benden Geſchlechtern nicht mehr
vorhanden iſt, und ſo weit unſere
Geſchichte reicht, auch nie vorhanden
war, daß es im Gegentheil aus
einer, über alle unſere Geſchichte
hinausreichenden Zeit herſtammt,
und der gegenwärtigen Schöpfung
wohl gar nie angehörte, iſt von
den neuern Naturforſchern mit ſehr
einleuchtenden Gründen gezeigt wor-
den. Das Mammuth iſt auch gar
nicht das einzige Thier, das ſich
in der jetzigen Schöpfung nicht mehr
findet. Außer den bekanuten Ammo-
niten und ihres Gleichen hat uns
der Scharfblick der neuern Natur-
forſcher eine ganze Reihe von Thie-
ren nachgewieſen die einſt waren,
und jetzt nicht mehr ſind. Schon
im Jahre 1772 wurden dem be-
rühmten ruſſiſchen Naturforſcher
Pallas zu Irkutzk Ueberreſte eines
an dem Fluſſe Willuji mit Haut
und Haaren ausgegrabenen Rhino-
ceroſes zugeſtellt, das ebenſo wenig
zu der jetzt lebenden Art von Rhino-
ceroſen, als das Mammuth zu denen
der Elephanten gehört, und ſeit
dieſer Zeit wurden immer mehrere
ähnliche Entdeckungen gemaͤcht. Cuvier, der ſich be-
kanntlich um dieſen Theil der Naturwiſſenſchaft die
größten Verdienſte erwarb, zählt uns hereits nicht went-
ger, als achtundſiebzig Arten foſſiler Thiere vor, worunter
neunundvierzig entſchieden nicht mehr vorhanden ſtad,
zweiund zwanzig zu ſieben völlig neuen Gattungen und
ſiebenundzwanzig zwar zu noch beſtehenden Gattungen,
aber zu ganz neuen Arten gehören.

Merkwürdig iſt, daß unter dieſen Thieren noch
eine zweite Art von Ur⸗Elephanten ſich befindet, nämlich
das obengenannte Ohiothier, das nur der Art nach
 
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