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Antiquitäten-Zeitung — 2.1864

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Seite 250.


und Alterthumskunde.

den Ausgrabungen thätig geweſen und daher meiſt gut
geſchult waren. Zum Trausport der gegrabenen Erd-
maijenm wurde die ſchmalſpuxige Eiſenbahn verwendet,
welche Schliemann bei den Ausgrabungen des Jahres
1890 benutzt hatte und die ſich jetzt wieder aufs Beſte
bewährte. Auf mehreren Gleiſen wurde die Erde nach
der Nordweit= Ecke und Nordoͤſt⸗ Ecke des Berghügels
geſchafft und dort den Abhang hinunter geſchüttet Dieſe
Gleife waren ſo angelegt, daß von der Ausgrabungs-
ſtelle bis zum Schuͤttplatze ein geringes Gefälle vor-
handen waͤr; die gefüllten Kippwagen liefen ſo von
ſelbſt bis zum Schüttplatz hinunter und konnten im
leeren Zuſtaͤnde wit leichter Mühe von einzelnen Ar-
beitern hinaufgefahren werden. Die Füllung der Wagen
geſchah nicht mit Spaten, ſondern permittelſt weicher
Koͤhrkörbe in welche die Erde mit breiten Hacken ge-
zogen wurde. 8

„Solange das Wetter noch unbeſtändig und kalt
war, wohnten die Arbeiter in den umherliegenden
Dörfern und mußten Morgens und Abend ziemlich
weite Wege zurücklegen; erſt als die Sommerhige ſich
einjtellte, blieben ſie meiſt auch Nachts in Hiſſaxlik
und ſchliefen unter den großen Eichbaumen, die im Ge-
biete der römijhen Stadt Slion in großer Anzahl
ſtehen.! Unſere Aufſeher und wir ſelbſt wohnten da-
gegen waͤhrend der ganzen Zeit in den alten Holzba-
racfen, welche noch aͤus dem Zahre 1889 ftanımten und
ſich troß ihres Aiters in beſſerem Zuſtande befanden,
als wir erwaͤrtet hatten Das Dorf ans den keinen
Holzhaͤuſern pflegten wir nach altem Brauche Schlie-
mannopoliz zu nenneNn, zur Grinnerung an den Manıı,
deffen Werk wir fortzujegen beruſen waren. Daß wir
diejes Mannez überhaupt oft gedacten , perſteht ſich
wohl von jelbjt. Auch bei unfern griechtjhen unDd
kürkiſchen Arbeitern und überhanpt bei den Bewohner
der Troa8 it Heinrih Schliemann in gutem Audenken
geblieben. Daz Bild des raſtloſen Schabgräber3 von
fabelhaftem Gluͤcke und das des helfenden Gönners
wird noch lange bei ihnen fortleben.

„Wit begannen die Ausgrabungen an der Weſtſeite
der Burg an der Stelle, wo fie im Jahre 1890 abge-
brochen woͤrden waren! Die beiden großen Gebände
der VI. Schicht, welche damals die moͤkeniſchen Gefäße
geltefert Hatten, wurden ganz aufgedeckt und die zuge-
Hörige Burgmauer gefucht und khatſächlich gefunden.
Zugleich wurden durch Grabungen an der Veſt⸗ und
Nordweitjeite der II. Schicht einige Lücken in unſerer
Kenntniß der Burgmauer dieſer Niederlaffung ausge-
fült, Sodaun verlegten wir unſern Arbeitsplas nach
der Oſtfeite der Akroͤpolis und deckten in dem von den
SGrabungen bisher noch nicht berührten Theile zuerſt
die Fundamente römiſcher Gebäude, darunter die Reſte
ärmlicher griechiſcher Häuſer und noch tiefer die Mauern
{tattlicher Bauwerke auf, welche wegen der in ihnen ge-
macten Funde und wegen ihrer Bauart wiederum der
myfentichen Epoche zugeſchrieben werden durften. Als
nun im Often auch noch die ſtarke Burgmauex und
ein gewaltiger Thurm aus derſelben Cpoche gefunden
wurde, war die wichtigſte Aufgabe unſerex Arbeiten er-
fült, Die VI. Schicht war ‚alZ eine ſtattliche Burg
der mykenijchen Zeit ermieſen. Wir gruben nun noch an
mehreren Stellen des Hligel8, um zu ſehen, ob die
Burgmanern überall erhalten ſei, und fanden ſie that-
fachlich an vielen Punkten und zum Theil in gutem
Erhaltungszuſtand. Daneben war eine andere Arbeit
ausgeführt. worden. Südlich von dem Burgthor E. M.
der IL Schicht gruben wir eine kleine Stelle, an der
bisher noch keine Ausgrabungen ſtattgefunden hatten,
don oben bis unten ſchichtweiſe ab und ſtellten jo noch
einmal‘ feit, welchem Zeitraum die verſchiedenen, auf
dem Burghügel übereinander lagernden Schichten an-
gehören. Schließlich wurde außerhalb der Burg und
außerhalb der roͤmiſchen Stadt an mehrexen Stellen
nach Graͤbern zeforſcht, wobei auch eine Anzahl von
Gräbern und Graburnen zum Vorſchein kamen,

„SIn der Hauptſache waren damit die Aufgaben,
die uns geſtellt waren, zwax gelöſt; wir fonnten uns
aber nicht entjchließen, die Ausgrahungen in Troja als
abgeſchlaſſen zu belrachten Die Eriſtenz einer ſtatt-
lichen Burg aus mykenijcher Zeit war nachgewieſen.
Wenn irgend eine, ſo war ſie die Burg, um welche der
von Homer befungene trojaniſche Krieg geführt ſein
foll. Die großen Bauwerke und die Burgmauern
dieſer Schicht ſo weit als möglich ans Licht zu bringen,
mußte uufer fehnlichſter Wunſch ſein. Als uns die
flarte Sommerhitze Mitte Juli aus Troja vextrieh,
verließen wir die Stätte mit der Hoffnung, die Arbeit
bald wieder aufnehmen zu können. Wir waren feſt
eutfchloſfen, unſer Möglichſtes zu thun, um die zur
Fortfetzung der Ausgrahungen erforderlichen Mittel zu
erhalten. Durch das hohe und warme Intereſſe, welches
der deutſche Kaiſer für die trojaniſchen Ruinen und ihre
Aufdeckung verſönlich bekundete und durch die that-
fräftige Unterftükung, die wir bei der deutſchen und
preußiſchen Regierung fanden, iſt die Wiedexaufnahme
der Krbeiten und die Ausführung unſers Planes ge-
ſichert. Im April 1894 ſolllen die Arbeiten beginnen
und vorausſichtlich in drei Monaten zum Abſchluß ge-
bracht werden.“

Berichte aus Vereinen.

Berlin. (Anthropologiſche Geſellſchaft) Aus
Zürich lag eine Mittheilung vor, der zur Folge zur Zeit
den dortigen Lehrern auf dem Lande Vorträge mit an-
thropologiſchen Exkuxſionen veranſtaltet werden, um das
Intereſſe dieſer Kreiſe für die vorgeſchichtliche Forſchung
anzuregen und für deraxtige wiſſenſchaftliche Thätigkeit
zu befaͤhigen; die Einrichtung hat ſchon Früchte getragen,
indem von derartig vorgebildeten Lehrern mehrere Grab-
hügel von Intereffe aufgefunden ſind. Wie Geh-Rath
Virchow hiuͤzufügte, hat man Aehnliches auch ſchon in
Oſtpreußen verſucht. Ausgeſtellt war eine große Samm-
lung von Photographien, die die Geſellſchaͤft von Herrn
Finſch erworben hat. Die Photographien ſtellen Ein-
geborene des Marſchall⸗ und des Gilbert⸗Archipels, der
Karolinen u. ſ. w. vor und ſind dadurch ausgezeichnet,
daß jedes einzelne Individnum genau beſchrieben iſt.
Geh.Rath Virchow äußerte ſich über die Bezeichnung

des bekannten prähiſtoriſchen Bronceinſtrumentes, das
bald Celt, bald Kelt genannt wird, und trat entſchieden
gegen die letztere Ausſprache auf. Die Bezeichnung ſelbſt
iſt erſt feit 50 Jahren in die Terminologie eingeführt
und hat ſicher mit den Kelten, wie man zuweilen an-
nehmen will, nichts zu thun.

Bibliotheken, Muſeen, Samim-
lungen.

* Haunover. (rovinzial⸗ Muſeum)
Der Direktor des Provinzial⸗-Mufeums,
Dr. Reimers zu Hannover, iſt zum
N Konſervator der Kunſtdenkmäler und
\\ Alterthümer für die Provinz Hannover
Tgewaͤhlt und als ſolcher voͤm Staate
beftätigt. Der Genannte vertritt für
den Umfang der Provinz Hannover den königlichen
Konſervator der Kunſtdenkmaler zu Berlin.

Nürnberg. (Germaniſches National - Mujeum.)
Dem Vorſchlage des Verwaltungs⸗Ausſchuſſes des Ger-
nianiſchen Muſeums in Nürnberg entſprechend wurden
der Konſervator des baheriſchen National⸗Nuſeums in
Minden, Guſtav v. Bezold, zum erſten Zirektor des
Germaͤniſchen Muſeums und zum zweiten Direktor der
ſeither ſchön mit dieſer Stelle betraute Muſeumspeamte
Hanz Boͤſch ernannt. — Von den Zeitungen wird der
ſicherlich ſehr berechtigte Wunſch nach einem gemeinſamen
Aufbewahrungsort der hei den Limes Forſchungen ans
Licht gefommenen Fundſtücke ausgedrückt. Für Bayern
wuͤrden ſich das Germaniſche Muſeum in Nürnberg
oder auch die Münchener Muſeen zu dieſem Zwecke
empfehlen. Bisher wurden die neuern Fundſtücke arg
verzetlelt. SGrößere Sammlungen haben Apotheker Kohl
in den Räumen des Hiſtoriſchen Vereins von Weißen-
burg a. d. S. und Herr Winkelmann in Pfünz bei
Eichſtätt zuſammengebracht. A

Dinkel8biühl, Bayern. (Hijtorijhes Muſeum.)
Der im November 1893 ‚in unſerer alten ehemaligen
mauerumglirteten Reichsſtadt gegründeie „Hijtorijche
Verein“ konnte Dank der unermüdlihen Thäͤtigkeit der
Vorſtandſchaft, insbeſondere ſeines Mitgliedes Otto
Stroͤbel, Beſitzers des mit reicher Holzarchitektur ver-
zierten ehemaligen Stammhauſes der gräflichen Fami-
lie Drechſel⸗Deufſtetten (SafthHaus zum deutſchen Haus),
bereits heute ſeine reichhaltige Sammlung von Waffen
und Gegenſtänden aller Art aus vergangener Zeit er-
öffnen. Die Sammilung iſt in einigen Zimmern des
alten Rathhauſes in geſchmackbollem Arrangement unter-
gebracht. Wenn auch genannter Verein etwas ſpät ge-
zründet wurde und mauches werthvolle Stück ehemaliger
Reichsherrlichkeit durch Unverſtand oder Gleichgiltigkeit
der Vernichtung anheimfiel, ſo iſt nun doch in der er-
erwähnten Sanimlung noch ſo viel enthalten, daß dieſe
als weitere Sehenswürdigkeit unſerer Stadt verzeichnet.
werden darf.

Berliu. (Kunſtgewerbe⸗Muſeum. Neben den
Neuerwerbungen aus Amerika und der Sammlung
Schröder ſind zur Zeit im Lichthofe des königlichen
Kunſtgewerbemuſeums noch einige anderer Sehens-
würdißkeiten ausgeſtellt. In erſter Linie feſſelt eine
aus dem Ende des 16. Jahrhunderts ſtammende und
im Beſitze des Grafen Oppersdorff in Oberſchleſten be-
findliche runde Tiſchplatte, die mit einer techniſch meiſter-
lich ausgeführten, mehrfarbigen Intarfia figu-
ralen Inhalts geſchmückt iſt. In den figurenreichen
Kompofitionen kommen nehen Jagd⸗ und Kriegsbildern
auch ſolche vor, welche die Geſchichte vom perlorenen
Sohn behandeln. Man hat eine deutſche Arbeit vor
ſich! Nähere Angaben über ihre Herkunft ſind nicht
angegeben. Von hervorragender Leiſtungsfähigkeit auf
dem einſchläglichen Gebiete ſind im 16. und 17. Jahr-
hundert Nürnberg und Augsburg geweſen. In Augs-
burg war es beſoͤnders Daniel Schicker, der um 1600
Vorzügliches in figuralen Intarſten hervorbrachte. Als
Vorwuͤrfe für ſolche eingelegten Arbeiten wählte er mit
Vorliebe geſchichtliche Begebenheiten. Zu ihm geſellen
ſich noch Hieronymus Fleiſcher und für die zweite Hälfte
des 16. Jahrhunderts Lorenz Strohmeier und Barthel
Weishaupt, die beide für Kaiſer Karl V. und deſſen
Sohn König Philipp II thätig waren. Der Einführung
der Intarſia, einer italieniſchen Kunſt, in Deutſchland
rühmen ſich die Nürnberger. Hans Stengel ſoll der erſte
geweſen ſein, der um 1500 die Einlegearbeit betrieb.
Außer ihm haben ſpäter noch Wolf Weiskopf, Sebald
Beck, H. W. Beheim, Jakob Hepner und ſogar Peter
Flötner in Nürnberg die Intaͤrſiakunſt betrieben und
gefördert. Auch in anderen deutſchen Städten wurde
dieſe Lieblingskunſt der Renaiſſance mit Eifer geübt,
und zwar voͤrzugsweiſe fuͤr profane Zwecke. In ſchleſi-
ſchen Städten müſſen beſonders tüchtige Intarſtatoren
thätig geweſen ſein, finden ſich doch in verſchiedenen
Firchen Breslaus und in der Pfarrkirche zu Ohlau
Arbeiten einſchläglicher Art, die ſehr tüchtig ſind. Eine
ausgedehnte Literatur iſt über die Kunſt der Intarſta
erſchienen, ſo noch vor einigen Jahren die verdienſt-
volle Arbeit von Dr. Chr. Scherer. Schon 1668 beſchreibt
der Philologe Joh. Scheffer das bei der Intarſia
anzuwendende techniſche Verfahren ziemlich genau:
„Die Holzarbeiter malen mit ganz dünnen Holzblätt-
chen, die in verſchiedener Weife gefärbt ſind, indem
ſie dieſe in die, nach der Form der Bildwerke ausge-
tieften Tafeln einlegen, alsdann mit Leim befeſtigen
und, damit ſie vollkommen glatt ſeien, an der Oberflaͤche
mit einem Eiſen poliren.“ Ganz ſo iſt die ſchöne In-
tarſia⸗Arbeit im Kunſtgewerbemuſeum ausgeführt. Daß
allerdings in dieſem Falle das Lob vorzugsweiſe der
Technik gilt, iſt zu betonen, denn unzweifelhaft ſind die
Grenzen weit überſchritten, welche die Intarſia innezu-
halten hat, um auch nach der rein künſtleriſchen Seite
eine befriedigende Wirkung zu ergeben. Zu der werth-
vollen alten Tiſchplatte hat. wie noch hervorzuhehen
iſt, der hieſige Kunſttiſchler Tillmanns einen im Stil
der Renaiſſance gut erdachten neuen Fuß, der reich ge-
gliedert und gleichfals mit Intarſia geſchmückt iſt, hin-
zugefügt. Neben dieſem Prachtſtück der Tiſchler⸗ und

Intarſtakunſt feſſelt noch eine von Dr. Deibel dem Mu-

ſeum geſchenkte kleine Sammlung kleiner japaniſcher
und chineſiſcher Kunſtgegenſtände. Sie gehören dem 18.
und 19. Jahrhundert an und liefern glaͤnzende Proben
für die kuͤnſtlexiſche und techniſche Vollendung, welche
Japaner und Chineſen auf dem Gebiete der Elfenbein-
ſchnitzerei, des Emails, der Keramik und der Lackarbeit
erreichen.
Paris. (Nationalbibliothek.) Bei dem Verkauf
der Handſchriftenſammlung Fountaines in London erwarb
die Pariſer Nationalbücheyet den erſten Band (das alte
Teſtament) der beruͤhmten, im 13. Jahrhundert in Frank-
reich für Philipp den Schönen hergeſtellten Bibel, für
610 £. Die Nationalbuͤcherei beſitzt nun das Werk
vollſtändig, da ſie den zweiten Band ſchon früher er-

worben hat.
Brüſſel. (Stadtmuſeum.) Der Brüſſeler Stadt-
rath hat nach dreijährigen Unterhandlungen mit dem

Graͤfen von Dinard für das Brüſſeler Stadtmuſeum
eine dieſem gehörige prächtige Altarwand des 15. Jahr-
hunderts erworben Der Graf hatte 100,000 Frs. ge-
fordert; ſchließlich hat er ſich mit 50,000 Frs begnügt.
Dieſe Altarwand, deren Erwerbung die Brüſſeler Künſt-
lerkreiſe dringend angeregt hatten, iſt von großem
künſtleriſchen Werthe; ſie iſt mit ausgezeichneter Kunſt-
fertigkeit und Feinheit geſchnitzt, reich vergoldet und
bunt bemalt; fie haͤt vier Flügel, die auf ihren beiden
Seiten bemalt ſind. Die Malereien ſtellen religiöſe
Gegenſtände dar. Der Name des Malers iſt noch nicht
feſtgeſtellt, doch vermuthet man nach Auffaſſung, Kolorit
und Ausführung, daß man ein Werk von den nieder-
ländiſchen Meiſter Dierick Bouts, der 1465—1475 in
Loewen eine reiche Thäͤtigkeit entfaltete, vor ſich hat.

London. GBritiſh NMujeum.) Sir Henry Layard,
der Erforſcher Ninives, hat dem Britiſh Muſeum ſeine
beſten Bilder vermacht. Es ſind weiſt italieniſche Werke
des Quattrocento, darunter das Bildniß des Sultans
Mehemet, von Gentile Bellini, das ſeine eigene Geſchichte.
hat. Im Jahre 1479 verlaugte der Sultan pon der
Republik Benedig, ihm einen tüchtigen Künſtler zu
ſchicken, um ſein Bildniß zu malen. Bellini wurde
nun al8 einer der beſten Künſtler Venedigs hingeſandt
und blieb ein gaͤnzes Jahr in Konftantinopel. Der
Sultan war mit feinem Bildniß wohl zufrieden, das
er indeſſen nie erhielt. Bellini hatte in Konſtantinopel-
auch andere Bilder gemalt, darunter Salome, das Haupt
des heiligen Zohaͤnnes in einer Schüſſel tragend.
Mehemet fand dieſes Bild vorzüglich, nur das abge-
ſchnittene Haupt erſchien ihm, der in ſolchen Dingen
ſich fuͤr einen guten Sachkundigen hielt, nicht naturgetreu
genug. MUm ſein Urtheil zu begründen, und dem Maler
das dichtige Modell zu verſchaffen, ließ er vor ihm einem
Sklaven den Kopf abhauen. Bellini war ob dieſes
naturtreuen Schauſpiels ſo entſetzt, daß er eiligſt Kon-
ſtantinopel verließ und alle ſeine Bilder mitnahm. So
kam auch das Bildniß des Sultans nach Venedig, wo
es Sir Henry Lahard kaufen konnte.

Ausgrabungen, Entdeckungen,
Funde.

(Naddrud nur mit Genehmigung der Rebaktion geſtattet. Sämmts-
liche Fund⸗Nachrichten ſtammen ausnahmslos aus der neueſten Zeit.)

Stuttgart. (FJunde.) Bet einer Reparatur des
auf dem kleinen Thurm der Stiftskirche befindlichen
Hahnes fand man in einer offenen Spalte desſelben
drei zuſammengerollte, ſtark vergilbte und durchlöcherte.
Blätter, aus welchen Architekt Frey in Verbindung mit
Prof. Dr. Julius Hartmann, ſoweit es möglich war,
einige ſchriftliche Aufzeichnungen entzifferte, die einen:
kleinen Rückblick auf die früheren Zeiten geſtatten. Auf
dem erſten Blatt iſt etwa Folgendes zu leſen: „Im
Jahr 1797 iſt dieſer Torm reparirt worden. Eine
kleine Beilage von uns erhalten. Erſtlich der Fran-
zoſenkrieg mit dem Kaiſer — — — Den 18. Juli 1796.
ſind die Franzoſen hier in Stuttgart angekommen.
Zwiſchen Kannſtatt und Stuttgart war eine Schlacht
(da3 folgende unleſerlich. Die Maß Wein koſtet 10-
—20 Batzen 6 Pfd. Brod 19 Kr. alles wahr ſehr theuer
das Meß Holz 30 fl. Geſchrieben von Friedrich Ebert
Chirurgus zu Stuttgart wohnhaft bei der Stadtkirche.
Geſchehen den 26. September 1797.“ Auf dem zweiten
Blaͤtt mar Folgendes zu entziffern: „Tiedemann Optikus
Sohn des Meßners und Hofoptikus Tiedemann, welcher
bei Leſung nichts zu erinnern, thut kund und zu wiſſen,
daß zu Verherrlichung und Verewigung beigetragen hat.
1797 Sept.“. Auf dem dritten Blatt iſt nur zu leſen:
„Walzin Chirurgus wohnhaft bei der Stadtkirche.“
Man wird in der Annahine nicht fehlgehen, daß dieſe
Blätter vor dem Heraufbringen des Hahnes von Nach-
barn der damaligen Stadttirche in deſſen Inneres gelegt
worden ſind. Stadtpfarrer Kolb hat von dem Inhalt
der Blätter auf Pergament eine Abſchrift angefertigt
und ſolche wieder in den Hahn löthen laſſen. Es war
mehrfach behauptet worden, daß ſich eine kleine Glocke
von Beutelsbach über dem „Herr-ſegne⸗uns-Glöcklein“
auf dem kleinen Stiftskirchenthurm befände; nach ein-
gehenden Nachforſchungen des Bauführers Rütli hat
fich dieſe Annahme als eine irrige erwieſen.

Oberndorf a. N., Würlt. (Ein neuentdecktes
Freskobild des Herzogs Friedrich von Teck) Im Ma-
ſchinenraum der Waffenfabrik Mauſer, in der ſogenannten
untern Fabrik, im Maſchinenraum, parterre, iſt in den
letzten Tagen ein ſeither übertünchtes Freskobild des
zweiten Kloſterbegründers des hieſigen einſtigen Augu-
ſtinerkloſters aufgedeckt worden. Im untern Stockwerk
der jetzigen Waffenfabrik waren einſt 2 Refektorien der
Auguſtinermönche, beſtehend in zwei großen heizbaren
Sälen. Dort waren einſt in einem dieſer Säle 4 Por-
traits auf die Gipswand gemalt, darſtellend Kaiſerin
Maria Thereſia und ihren Sohn, Kaiſer Joſeph IL, “
ferner Herzog Albert von Teck als erſten und Herzog
Friedrich von Teck als zweiten Stifter dieſes Kloͤſters
Die Geſchichte des Oberndorfer Auguſtinerkloſters iſt
noch ſehr im Dunkeln, beſonders hetreffs ſeiner erſten
Gruͤndung. Es war urſprünglich ein Frauenkloſter,
angeblich 1264 geſtiftet. 1559, den 15. Juni, verwan⸗⸗
delte es Graf Froben Chriſtobh von Zimmern in ein
Auguſtiner⸗Eremitenmannskloſter. 1772—77 wurde auf
 
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