Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925
Cite this page
Please cite this page by using the following URL/DOI:
https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0043
DOI issue:
Heft 1
DOI article:Salmony, Alfred: Die Neueröffnung der römischen Abteilung im Museum Wallraf-Richartz in Köln
DOI Page / Citation link:https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0043
Die Neueröffnung der römischen Abteilung
im Museum Wallraf-Richartz in Köln
Mit vier Abbildungen auf zwei Tafeln Von ALFRED SALMONY
ROM ist nicht modern, Angelegenheit älterer Sammler und spezialisierter
Archäologen. Eine Einseitigkeit, die in der alten und neuen Metropole des
Rheinlandes doppelt unberechtigt scheint. Verständlich, wenn man sich er-
innert, wie wirr, unübersichtlich, kunstfern das Zeug auf rotem Sammet stand,
wie langweilig die Reihen wirkten. Die Neuordnung, man möchte sagen Neu-
schöpfung des ganzen Komplexes schließt endlich die Umgruppierung des
großen Museums ab. Sie ist die selbständige Leistung des jungen Leiters
Fritz Fremersdorf.
Die Stadt hat trotz langem Schlaf einen großen Teil der ihrem reichen
Boden entnommenen Schätze bewahren können. Daß man gerade in Köln
die vielleicht bedeutendste Glassammlung sieht, liegt daran, daß sich in seinen
Mauern seit dem Anfänge des zweiten Jahrhunderts n. Chr. die ganze Fabri-
kation konzentriert hatte. Durch Ausmerzen von Fälschungen und unsicherem
Händlergut verbindet Fremersdorf die glänzend durchgeführte Skizzierung der
Stilentwicklung, die Häufung der künstlerischen Höhepunkte mit der bedeut-
samsten Lokalgeschichte.
In einer Nische stehen Sarkophage, der Weidener im Abguß, ein anderer
noch aus Wallrafs Sammlung. Die gotische Kapelle dient den jährlichen
Neuerwerbungen und steht jetzt voll überraschender Schätze. Eine Tongruppe
von drei Matronen (die einzige Parallele in Bonn) trägt die Inschrift: „In Köln
hat es Fabritius eigenhändig gemacht.“ Der Mann war stolz auf Können und
Heimat. Man sieht kostbare ausländische Steinsorten vom kölnischen Kapitol,
Terrakotten und eine signierte fränkische Schnalle. Im Durchgang stehen
Pfähle der römischen Rheinbrücke, ergänzt durch neue Pläne, die überhaupt
verschwenderisch und höchst unterrichtend über die neuen Räume verteilt
sind (früher vier, jetzt nahezu hundert). In einer rechten Ausbuchtung läßt sich
ein Stück Entwicklungsgeschichte an den Inschriftsteinen einer Familie über
ein halbes Jahrhundert verfolgen, während die Mehrzahl der epigraphischen
Denkmäler dem noch fehlenden Lapidarium zugedacht ist. Auch für diesen
Teil der archäologischen Wissenschaft bedeutet Köln als Fundstätte viel.
Mit der Ostflucht beginnt gleich das römische Glas. In den Wandschränken
findet das Gebrauchsglas auf Rupfen Unterkunft, später gefolgt von den deut-
lich durch schwarze Leisten gegeneinander abgesetzten Gräbern. In der Mitte
stehen in Vitrinen und unter neuen Glasstürzen die Meisterwerke, das Luxus-
glas, auf mattgetönter Rohseide oder auf Rips. Alles ist hell, auch der Wand-
anstrich. Der verschluckende Sammet hat raffiniert ausgewählten und abge-
stimmten Stoffen Platz gemacht, die der Leiter privater Hilfe verdankt. Überaus
reichlicher Gebrauch wird vom Recht der Beschriftung gemacht. Fremersdorf
empfindet sie als Pflicht, die er diskret (schwarz auf grün) erfüllt. Früher las
man kategorisch-grob: „Teller“. Jeder Schrank hat sein Leitschild, alle Fund-
orte sind kenntlich, Geschenke hervorgehoben. Der Durchgang wird so, wenn
man will, zum ausführlichsten und selbst für einen Expressionisten oder
Archäologen verständlichen Kolleg über die Entwicklungsgeschichte des
Kunstzweiges. Wer anders will, kann Meisterwerke ungestört und von allen
im Museum Wallraf-Richartz in Köln
Mit vier Abbildungen auf zwei Tafeln Von ALFRED SALMONY
ROM ist nicht modern, Angelegenheit älterer Sammler und spezialisierter
Archäologen. Eine Einseitigkeit, die in der alten und neuen Metropole des
Rheinlandes doppelt unberechtigt scheint. Verständlich, wenn man sich er-
innert, wie wirr, unübersichtlich, kunstfern das Zeug auf rotem Sammet stand,
wie langweilig die Reihen wirkten. Die Neuordnung, man möchte sagen Neu-
schöpfung des ganzen Komplexes schließt endlich die Umgruppierung des
großen Museums ab. Sie ist die selbständige Leistung des jungen Leiters
Fritz Fremersdorf.
Die Stadt hat trotz langem Schlaf einen großen Teil der ihrem reichen
Boden entnommenen Schätze bewahren können. Daß man gerade in Köln
die vielleicht bedeutendste Glassammlung sieht, liegt daran, daß sich in seinen
Mauern seit dem Anfänge des zweiten Jahrhunderts n. Chr. die ganze Fabri-
kation konzentriert hatte. Durch Ausmerzen von Fälschungen und unsicherem
Händlergut verbindet Fremersdorf die glänzend durchgeführte Skizzierung der
Stilentwicklung, die Häufung der künstlerischen Höhepunkte mit der bedeut-
samsten Lokalgeschichte.
In einer Nische stehen Sarkophage, der Weidener im Abguß, ein anderer
noch aus Wallrafs Sammlung. Die gotische Kapelle dient den jährlichen
Neuerwerbungen und steht jetzt voll überraschender Schätze. Eine Tongruppe
von drei Matronen (die einzige Parallele in Bonn) trägt die Inschrift: „In Köln
hat es Fabritius eigenhändig gemacht.“ Der Mann war stolz auf Können und
Heimat. Man sieht kostbare ausländische Steinsorten vom kölnischen Kapitol,
Terrakotten und eine signierte fränkische Schnalle. Im Durchgang stehen
Pfähle der römischen Rheinbrücke, ergänzt durch neue Pläne, die überhaupt
verschwenderisch und höchst unterrichtend über die neuen Räume verteilt
sind (früher vier, jetzt nahezu hundert). In einer rechten Ausbuchtung läßt sich
ein Stück Entwicklungsgeschichte an den Inschriftsteinen einer Familie über
ein halbes Jahrhundert verfolgen, während die Mehrzahl der epigraphischen
Denkmäler dem noch fehlenden Lapidarium zugedacht ist. Auch für diesen
Teil der archäologischen Wissenschaft bedeutet Köln als Fundstätte viel.
Mit der Ostflucht beginnt gleich das römische Glas. In den Wandschränken
findet das Gebrauchsglas auf Rupfen Unterkunft, später gefolgt von den deut-
lich durch schwarze Leisten gegeneinander abgesetzten Gräbern. In der Mitte
stehen in Vitrinen und unter neuen Glasstürzen die Meisterwerke, das Luxus-
glas, auf mattgetönter Rohseide oder auf Rips. Alles ist hell, auch der Wand-
anstrich. Der verschluckende Sammet hat raffiniert ausgewählten und abge-
stimmten Stoffen Platz gemacht, die der Leiter privater Hilfe verdankt. Überaus
reichlicher Gebrauch wird vom Recht der Beschriftung gemacht. Fremersdorf
empfindet sie als Pflicht, die er diskret (schwarz auf grün) erfüllt. Früher las
man kategorisch-grob: „Teller“. Jeder Schrank hat sein Leitschild, alle Fund-
orte sind kenntlich, Geschenke hervorgehoben. Der Durchgang wird so, wenn
man will, zum ausführlichsten und selbst für einen Expressionisten oder
Archäologen verständlichen Kolleg über die Entwicklungsgeschichte des
Kunstzweiges. Wer anders will, kann Meisterwerke ungestört und von allen