Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

DOI Heft:
Heft 1
DOI Artikel:
Ehl, Heinrich: Hamburgische Architektur
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0065

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
einer Gemeinschaft in Architektur umgesetzt worden. Ihre Formen beherr-
schen das Bauwerk, wie dieses aus Geist, Gefühl und Bedürfnis der Men-
schen entstanden ist, die darin leben sollen. Die soziale Symbolik dieser Archi-
tektur von Stadtpark und Halle spricht aus, was hamburgische Art von jeher
bestimmte. Sonnin hat im 17. Jahrhundert durch die Michaeliskirche, ihren
Innenraum und ihren das Stadtbild beherrschenden Turm seine Definition
dieses hamburgischen Charakters gegeben. Auch diese Stadthalle ist zu ihrem
bescheideneren Teil ein sozialästhetisches Symbol für die Kulturgemeinschaft
von Persönlichkeit und Masse. Etwas vom Geiste Lichtwarks, der dem wer-
denden Stadtpark Sinn und Richtung gab, steckt in dieser Halle, die beweist,
wie Persönlichkeit auf eine Gemeinschaft formend wirken kann.
Darin scheint mir Bedeutung und Wert dieser drei großen Backsteinbauten
zu bestehen, daß sie aus dem Lebensbedürfnis entstanden, ein Formausdruck
dieses gegenwärtigen Lebens geworden sind. Man darf darauf hinweisen, daß
der Schöpfer des Chilehauses, Fritz Höger, aus dem Volke, dem nieder-
sächsischen Bauerntum, hervorgegangen ist. Die Gesundheit seines natür-
lichen Baumeisterblutes hat das akademische Gift, das ihm wie jedem anderen
sich bildenden Baukünstler zugeführt worden sein mag, schadlos ausgeschie-
den. Es ist nicht das Material des Backsteins, das den wesentlichen Eindruck
der Bauten ausmacht. Freilich, wenn man den akademisch trockenen, wenn
auch gediegenen Bau des Karstadthauses daneben betrachtet, drängt sich auch
die entscheidende Wichtigkeit des Materials überzeugend auf. Überzeugender
jedenfalls als die mächtigen, haushohen Säulen des Mittelbaues jener an sich
durchaus imposanten Fassade des aus weißem Quader- und Hartstein aus-
geführten Verwaltungsgebäudes. Das Ausschlaggebende und der Vorzug der
Backsteinbauten liegt aber in dieser Einhelligkeit von Ortsgesinnung und
menschlicher Einstellung mit den Architekturgedanken, der das Wesen der
Kaufmanns- und Handelsstadt verkörpert und eines ihrer Wahrzeichen ge-
worden ist. Zugleich sind diese Leistungen ein Sinnbild heutiger Empfindung
für die monumentale Schönheit architektonischer Raum- und Körperhaftig-
keit. Es ist eine Architektur aus unserem gegenwärtigen Geiste und aus der
Gesinnung dieser backsteinemen Stadt heraus. Sie wird für unsere Zeit zeu-
gen. Wenn die Zukunft zu bedeutsameren Lösungen ähnlicher Aufgaben
gelangt, so wird sie die Echtheit dieser Bauten auch da gelten lassen, wo sie
selber stolz auf ein höheres künstlerisches Gelingen der eigenen Versuche
gerne wird hinweisen mögen.

4i
 
Annotationen