Neue Zeitschriften
Erkenntnis gewesen, wieviel gerade auf die-
sem Gebiete noch aufzuholen ist. Immerhin
muß man der Wahrheit die Ehre geben, in-
dem man feststellt, daß auch in Paris schöp-
ferische Kräfte am Werke sind, diewirnicht
verkleinern wollen und die heute bereits
Neuland verheißen. — Auf dem Gebiet der
Malerei dagegen erkennen wir in mancher
Beziehung Frankreichs stärkere Begabung,
soweit es sich um die Gestaltung rein ma-
lerischer Proleme handelt, an und die ,,1’art
d’aujourd’hui“ ist schon deshalb auch für
uns wichtig, weil auch diese Zeitschrift,
ähnlich wie die erstgenannterer allem Wert
auf die zum Teil prachtvoll ausgeführten
Lichtdrucktafeln legt, die jeder Nummer als
Anhang lose beiliegen. Viele davon sind
farbig reproduziert und man fragt sich ein
wenig besorgt, ob es wirklich möglich sein
wird, solch ein Unternehmen, das sich letz-
ten Endes doch nur an Menschen von Ge-
schmack wendet, auf die Dauer durchzuhal-
ten. Damit dies möglich sei, möchten wir
gerade dieserZeitschrift, die von kosmopoli-
tischem Geist beseelt ist und demnächst
auch der deutschen Moderne gerecht wer-
den will, grade bei uns zahlreiche Freunde
wünschen.
Leonce Rosenbergs kleine Kunstzeit-
schrift, die noch immer ein so überzeugter
Sachwalter des Kubismus ist, erscheint jetzt
unter dem Titel „Bulletin de l’effort mo-
derne“, textlich und illustrativ sehr viel-
seitig und immer vor allem um die Ergrün-
dung ästhetischer Prinzipien bemüht,wobei
sie sich mehr oder weniger mit dem „Es-
prit nouveau“ berührt, der innerhalb eines
weiter gespannten Rahmens mutig sein uni-
versales Programm weiter verfolgt, was
hier ebenfalls dankbar anerkannt sei. Zeit-
schriften aber wie die hier genannten, sind
durchaus Wegweiser einer neuen Gesin-
nung, die den Haß im Leben der Völker
negiert, vielmehr der Gegenseitigkeit zwi-
schen den Nationen vorarbeitet.
ENGLAND
Hier gibt es neuerdings gleich zwei neue
große Kunstzeitschriften, die nicht nur voll-
wertig neben das arg konservative und ge-
schmacklich durchaus veraltete „Studio“
treten, sondern offenbar auch nach neuen
Wegen Ausschau halten. An erster Stelle
ist „Art Work“ zu nennen (Herausgeber
Herbert Wauthier. Verlag the art work
Publishing Company, London W i), eineZeit-
schrift für die große und die angewandte
Kunst, die den Ehrgeiz hat, nicht nur die
Moderne dem englischen Publikum nahe-
zubringen, sondern auch durch Hinweis auf
Vergangenes den künstlerischen Sinn an-
zuregen. Die bisher erschienenen Hefte sind
von einer erfrischenden Vielseitigkeit. Wie-
weit das Europäische schlechthin gegen-
über dem nur-Englischen in dieser Zeit-
schrift Geltung gewinnt, bleibt abzuwarten.
Uns will es indes scheinen, daß diese schö-
ter dem Titel „Apollo A journal of the
arts“ sehr prätenziös mit der ersten Jan-
ne Zeitschrift nur dann wirklich mit Er-
folg ein neuzeitliches Programm verwirk-
lichen könnte, wenn sie zum mindesten
europäisch orientiert wäre. Die insulare Iso-
liertheit des englischen Kunstschaffens hat
schon zu lange gedauert. Nach den uner-
hört bahnbrechenden Ideen, die England
in den neunziger Jahren dem Kontinent auf
kunstgewerblichem und typographischem
Gebiet vermittelte, nach den starken Anre-
gungen, die von diesem Lande aus der Er-
neuerung der Architektur im Geiste der Mo-
derne vorgearbeitet haben, muß man den
Stillstand innerhalb der neuzeitlichen eng-
lischen Kunst doppelt bedauern. Gelänge
es beispielsweise jetzt derneuen,, Art Work“
umgekehrt wieder, der englischen Kunst
feinen frischen Blutstrom aus dem konti-
nentalen Schaffen dieser Zeit zuzuführen,
wäre vielleicht die Lethargie, die heute die
englische Produktion befallen hat, sehrbald
gebrochen. Einmal wird auch gegenüber
England der Dammbruch im Sinne des Eu-
ropäischen bestimmt erfolgen und was in
der Beziehung der gesunde Fortschritt in
der Kunst heißt, das können die Engländer
von heute bereits sehr intensiv von ihren
amerikanischen Halbbrüdern lernen, deren
beste Stärke ihre Aufnahmefähigkeit aus
dem alten Kultur-Europa ist. Ungeachtet un-
serer Wünsche aber ist die „Art Work“ im
Ganzen eine immerhin erfrischende Tat-
sache.
Was für diese neue englische Kunstzeit-
schrift gilt, hat die gleiche Bedeutung für
die zweite englische Neugründung, die un-
nuarnummer an die Öffentlichkeit tritt (Edi-
torial office: 6 Robert streat, London
W.C.2). Diese erscheint im Format des
„Burlington Magazine“, nur durchgehend
auf bestem Kunstdruck gedruckt und reich
mit farbigen Tafeln versehen. Eine einzige
Nummer ist zwar noch nicht in der Lage,
ein Programm im Großen zu erhellen. Den-
noch steht so viel fest: Auch diese neue
englische Kunstzeitschrift will Altes und
Neues vereinigen. Sie beginnt sehr vielsa-
gend mit einem Aufsatz über den St. Bavo-
Altar in Gent, bringt außerdem einen Bei-
trag über englische Gobelins, einen anderen
über alte englische Möbel und dazu zahl-
reiche Beiträge über moderne englische
Kunst. Wird diese Revue ausschließlich
159
Erkenntnis gewesen, wieviel gerade auf die-
sem Gebiete noch aufzuholen ist. Immerhin
muß man der Wahrheit die Ehre geben, in-
dem man feststellt, daß auch in Paris schöp-
ferische Kräfte am Werke sind, diewirnicht
verkleinern wollen und die heute bereits
Neuland verheißen. — Auf dem Gebiet der
Malerei dagegen erkennen wir in mancher
Beziehung Frankreichs stärkere Begabung,
soweit es sich um die Gestaltung rein ma-
lerischer Proleme handelt, an und die ,,1’art
d’aujourd’hui“ ist schon deshalb auch für
uns wichtig, weil auch diese Zeitschrift,
ähnlich wie die erstgenannterer allem Wert
auf die zum Teil prachtvoll ausgeführten
Lichtdrucktafeln legt, die jeder Nummer als
Anhang lose beiliegen. Viele davon sind
farbig reproduziert und man fragt sich ein
wenig besorgt, ob es wirklich möglich sein
wird, solch ein Unternehmen, das sich letz-
ten Endes doch nur an Menschen von Ge-
schmack wendet, auf die Dauer durchzuhal-
ten. Damit dies möglich sei, möchten wir
gerade dieserZeitschrift, die von kosmopoli-
tischem Geist beseelt ist und demnächst
auch der deutschen Moderne gerecht wer-
den will, grade bei uns zahlreiche Freunde
wünschen.
Leonce Rosenbergs kleine Kunstzeit-
schrift, die noch immer ein so überzeugter
Sachwalter des Kubismus ist, erscheint jetzt
unter dem Titel „Bulletin de l’effort mo-
derne“, textlich und illustrativ sehr viel-
seitig und immer vor allem um die Ergrün-
dung ästhetischer Prinzipien bemüht,wobei
sie sich mehr oder weniger mit dem „Es-
prit nouveau“ berührt, der innerhalb eines
weiter gespannten Rahmens mutig sein uni-
versales Programm weiter verfolgt, was
hier ebenfalls dankbar anerkannt sei. Zeit-
schriften aber wie die hier genannten, sind
durchaus Wegweiser einer neuen Gesin-
nung, die den Haß im Leben der Völker
negiert, vielmehr der Gegenseitigkeit zwi-
schen den Nationen vorarbeitet.
ENGLAND
Hier gibt es neuerdings gleich zwei neue
große Kunstzeitschriften, die nicht nur voll-
wertig neben das arg konservative und ge-
schmacklich durchaus veraltete „Studio“
treten, sondern offenbar auch nach neuen
Wegen Ausschau halten. An erster Stelle
ist „Art Work“ zu nennen (Herausgeber
Herbert Wauthier. Verlag the art work
Publishing Company, London W i), eineZeit-
schrift für die große und die angewandte
Kunst, die den Ehrgeiz hat, nicht nur die
Moderne dem englischen Publikum nahe-
zubringen, sondern auch durch Hinweis auf
Vergangenes den künstlerischen Sinn an-
zuregen. Die bisher erschienenen Hefte sind
von einer erfrischenden Vielseitigkeit. Wie-
weit das Europäische schlechthin gegen-
über dem nur-Englischen in dieser Zeit-
schrift Geltung gewinnt, bleibt abzuwarten.
Uns will es indes scheinen, daß diese schö-
ter dem Titel „Apollo A journal of the
arts“ sehr prätenziös mit der ersten Jan-
ne Zeitschrift nur dann wirklich mit Er-
folg ein neuzeitliches Programm verwirk-
lichen könnte, wenn sie zum mindesten
europäisch orientiert wäre. Die insulare Iso-
liertheit des englischen Kunstschaffens hat
schon zu lange gedauert. Nach den uner-
hört bahnbrechenden Ideen, die England
in den neunziger Jahren dem Kontinent auf
kunstgewerblichem und typographischem
Gebiet vermittelte, nach den starken Anre-
gungen, die von diesem Lande aus der Er-
neuerung der Architektur im Geiste der Mo-
derne vorgearbeitet haben, muß man den
Stillstand innerhalb der neuzeitlichen eng-
lischen Kunst doppelt bedauern. Gelänge
es beispielsweise jetzt derneuen,, Art Work“
umgekehrt wieder, der englischen Kunst
feinen frischen Blutstrom aus dem konti-
nentalen Schaffen dieser Zeit zuzuführen,
wäre vielleicht die Lethargie, die heute die
englische Produktion befallen hat, sehrbald
gebrochen. Einmal wird auch gegenüber
England der Dammbruch im Sinne des Eu-
ropäischen bestimmt erfolgen und was in
der Beziehung der gesunde Fortschritt in
der Kunst heißt, das können die Engländer
von heute bereits sehr intensiv von ihren
amerikanischen Halbbrüdern lernen, deren
beste Stärke ihre Aufnahmefähigkeit aus
dem alten Kultur-Europa ist. Ungeachtet un-
serer Wünsche aber ist die „Art Work“ im
Ganzen eine immerhin erfrischende Tat-
sache.
Was für diese neue englische Kunstzeit-
schrift gilt, hat die gleiche Bedeutung für
die zweite englische Neugründung, die un-
nuarnummer an die Öffentlichkeit tritt (Edi-
torial office: 6 Robert streat, London
W.C.2). Diese erscheint im Format des
„Burlington Magazine“, nur durchgehend
auf bestem Kunstdruck gedruckt und reich
mit farbigen Tafeln versehen. Eine einzige
Nummer ist zwar noch nicht in der Lage,
ein Programm im Großen zu erhellen. Den-
noch steht so viel fest: Auch diese neue
englische Kunstzeitschrift will Altes und
Neues vereinigen. Sie beginnt sehr vielsa-
gend mit einem Aufsatz über den St. Bavo-
Altar in Gent, bringt außerdem einen Bei-
trag über englische Gobelins, einen anderen
über alte englische Möbel und dazu zahl-
reiche Beiträge über moderne englische
Kunst. Wird diese Revue ausschließlich
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