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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 4
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Klar, Martin: Studien zum Werk des Töpfers MF
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0221

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Entwicklung im einzelnen zu verfolgen, so genügt es doch, um darzutun, daß
wir es mit einem Töpfer von rein lokalem und bodenständigen Charakter zu
tun haben. Fremder Einfluß läßt sich erst bei den Kacheln von 1603 nach-
weisen. Die Sonderstellung, die MF unter den Töpfern der Renaissancezeit
einnimmt, verdankt er seinem außerordentlichen Geschick im Modellieren.
Dieses plastische Können versetzte ihn in die Lage, das Gebiet seiner kera-
mischen Kunst über die normalen Grenzen seines Handwerks hinaus zu er-:
weitern; er schafft Bildplatten und Statuetten. Bei der Wahl seiner Stichvor-(
lagen bevorzugt er Darstellungen, die seine Kunstfertigkeit in das rechte Licht
setzen; im Gegensatz zu dem literarischen Geschmack seiner Zeit, wählt er
moderne Kostümfiguren und Soldatenbilder im Zeitkostüm. Trotz des derben
Werkstoffes sind seine Arbeiten von einer so subtilen Modellierung und Treue
gegenüber den Einzelheiten der damaligen Mode — von Schmuck und der
Haarfrisur bis zu den Spitzen, Zierstreifen, Schleifen und Knöpfen —, daß sie die
lebendigsten kostümgeschichtlichen Denkmäler geworden sind. Die höchste
realistische Wirkung erzielt er bei seinen Soldatenstatuetten, deren prächtige
Physiognomien dem Leben entnommen sind. Mit diesen Figuren hat MF
sich losgelöst von den niederländischen Stichvorbildern, die für die Kacheln
benutzt worden sind. Der stereotyp wiederholte Sockel und Aufbau bei den
Statuetten zeigt das handwerksmäßige dieser Kunst. Trotzdem handelt es sich
hier um selbständige Plastik, nicht, wie man angenommen hat, um Ofen-
figuren. Die Soldatenstatuetten, die zuerst grün, wie die Kacheln, später bunt
glasiert wurden, sind von den Soldatenöfen abzuleiten. Die besprochene
Aufsatzkachel (Abb. 6) ist geradezu ein Schulbeispiel, um zu zeigen, wie sich
die freiplastischen Arbeiten der deutschen Töpfer aus den Ofenbekrönungen
heraus entwickeln. Damit ist das Bodenständige der Kunstfertigkeit des MF
deutlich und die Frage, ob unser Meister die Gandtner-Arbeiten der ehe-
maligen Ambraser Sammlung gekannt hat, belanglos. Die Statuetten des MF
sind nicht Gelegenheitsarbeiten, sondern die Spezialität eines in der Kunst
des Modellierens besonders geschickten sächsischen Töpfers, die sich über
seine ganze Schaffenszeit verteilen.
Die Persönlichkeit des Meisters MF kennen wir nur aus seinen Werken.
Die Akten der Leipziger Töpferinnung sind nicht erhalten; eine Durchsicht
der vorhandenen städtischen Bürgerlisten und Rechnungsbücher hat seinen
Namen nicht erbracht. An der Hand bezeichneter Arbeiten läßt sich seine
Tätigkeit von 1593 bis 1606 nachweisen.
Solange wir nur das Monogramm und nicht den Namen unseres Meisters
kennen, wird die genaue Lokalisierung seiner Werkstatt kaum gelingen. Im-
merhin sind zwei in Leipzig gefundene Kacheln der Sammlung Näbe für die
Werkstattfrage außerordentlich wichtig; sie zeigen den Merkur zwischen Venus
und den Zwillingen. Ein Exemplar (Abb. 8) ist zweimal, vertieft und erhaben,
signiert — VF. Daß dieser VF mit MF zusammenhängt, erweist ein Leipziger
Zufallsfund aus der Poststraße, im Besitz des Zollinspektor Bernhard: näm-
lich das grünglasierte Statuettenfragment eines langbärtigen Mannes in an-
tiker Rüstung. Dieses sehr interessante Werk wird ungefähr gleichzeitig mit
der Merkurkachel, um 1580, entstanden sein, ist also die früheste Figur unter
den Leipziger Fundstücken. Sie steht in Stil und Modellierung der Merkur-
kachel des VF außerordentlich nahe, während Einzelheiten, wie die Haarbe-
handlung und die mit dem Modellierholz eingeritzten Stirnfurchen an das
Aufsatzstück des MF erinnern. Haben wir mithin in Leipzig eine Arbeit, bei
der sich der Stil des MF und VF aufs engste berühren, so liegt die Vermutung
nahe, daß nicht nur der eine beim andern gelernt, sondern daß VF. und MF

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