Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

DOI Heft:
Heft 5
DOI Artikel:
Thiis, Jens: Die Fresken von Per Krohg in der Seemannschule zu Oslo
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0273

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
dem Gewölbe, sondern über einer Tür zu finden, ganz einfach aus dem Grund,
weil eine Wage ein hängendes Ding ist, das nicht in einer Deckenfläche ange-
bracht werden kann. Ein logischer Künstler wie Per Krohg nahm also die Wage
heraus und brachte sie über einer bogenförmigen Eingangstür an.
Dies ist eine Stichprobe der künstlerischen Intelligenz, die das Werk geplant
hat. Ja, ich glaube, daß dieses Werk, so klar als Idee, in der norwegischen
Kunst kein Seitenstück bisher besitzt.
Aber was wollen letzten Endes Idee und Erzählung bei einem solchen Werk
gegenüber der monumentalen und malerischen Schönheit sagen und im Ver-
gleich zu dem rein artistischen Geist, der überall hervorsprudelt. Ich hätte viel-
mehr von der Kraft und der Anmut der Farbe, von der Hoheit und dem
Reiz der Zeichnung sprechen sollen.
Die zuerst im Vorraum des Vortragssaales gemalten Fresken sind ein wenig
trocken und unmalerisch in der Behandlung, und dasselbe ist auch bei den
zuerst gemalten Sternbildern der Fall. Aber die später gemalten Felder und be-
sonders das Schlußbild „der Hafen“ zeigt eine derart souveräne Beherrschung
der Fresco-Technik, daß man von Schwierigkeiten nichts mehr merkt.
Hier entfaltet der Maler seine Handschrift so voll und frei, hier ist sein Tem-
perament so stark, daß keine Schwäche mehr zu erkennen ist. Betrachten Sie
nur das flimmernde Spiel der Wasserfläche und den jaspisgefärbten phan-
tastischen Wolkenhimmel — das ist eine unsagbar reizvolle koloristische
Musik auf einer rauhen und groben Mauerfläche. Betrachten Sie die besondere
und individuelle Charakteristik der kleinen Figuren, die Leichtigkeit und die
Laune, mit der Krohg zu erzählen weiß. Wie ist das Ganze malerisch prägnant
und von edelstem Menschsein erfüllt.
Jeder Schiffer würde sich hier in diesem Hafen zu Hause fühlen, denn hier
ist alles natürlich und sehr unterhaltend. Ich bin überhaupt ganz sicher: Die
Ausschmückung der „Seemannsschule“ durch Per Krohg, mag sie auch noch
so modern sein nach Stil und Behandlung, wird eines der volkstümlichsten
Werke der neuen norwegischen Kunst werden.


Lovis Corinth. Küste. igo8
 
Annotationen