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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 5
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0310

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Bevorstehende Versteigerungen

mit getriebenen Reliefs oder gravierten
Zeichnungen. Die Rokokozeit des 18. Jahr-
hunderts hat dagegen vor allem die Silber-
filigranumrahmungen ausgebildet, wie sie
hauptsächlich Schwäbisch-Gmünd in un-
gemein betriebsamen Werkstätten gepflegt
hat. Als Mittelstück tragen diese Anhänger
meistens Reliefs mit bekannten Gnaden-
bildern, wie von Altötting, Mariazell und
Mariataferl. Manche der Anhänger aus die-
ser Zeit sind auch mit Miniaturen oder
Hinterglasmalerei geschmückt.
Außer diesen Anhängern finden sich auch
einige Plaketten und Medaillen, so solche
von Hans Reinhard, Sebastian Datier und
in der Art Peter Flötners. Außerhalb des
Gebietes liegen eigentlich fünf ganz ausge-
zeichnete Goldemailschmuckanhänger aus
der besten Zeit der deutschen Renaissance.
An erster Stelle wäre hier ein großer An-
hänger in füllhornartiger Gestaltung, aus
dem große Rankep herauswachsen, zu nen-
nen. Er ist mit zahlreichen, außergewöhn-
lich reinen Diamanttafelsteinen belegt. Ein
anderer Goldanhänger mit figürlicher Or-
namentation zeigt das polnische Reichs-
wappen, ein dritter trägt in der Mitte einen
kleinen Pudelhund, während ein vierter, der
aus zwei kartuschenartigen Gliedern zu-
sammengesetzt ist, in der Art seiner bunt-
farbigen Emaillierung an Münchner Gold-
schmiedearbeiten unter Wilhelm V. erinnert.
Ein fünfter Anhänger paßt sich mehr dem
Gesamtcharakter der Sammlung an, da er
ein goldgefaßtes Bergkristallkreuz darstellt.
Eine kleinere Kollektion von Papstmünzen
■ und -medaillen des 15. bis 18. Jahrhunderts
macht den Beschluß der Sammlung.
Den Katalog fertigte in Anbetracht der
künstlerischen und wissenschaftlichen Be-
deutung Professor Dr. Georg Lill, Haupt-
konservator am Bayerischen National-
museum, der alle notwendigen ikonogra-
phischen und kunstgewerblichen Angaben
den Beschreibungen einfügte.
Am selben Tag gelangt endlich noch
eine Sammlung von Taschenuhren aus
süddeutschem Adelsbesitz zur Versteige-
rung, die das Kostbarste und Gewählteste
ist, was seit langem an Uhren auf den Markt
kam. Nur 46Stück, aber eine Übersicht über
die Entwicklung der tragbaren Uhr vom 16.
bis ins 18. Jahrhundert. Der verstorbene
Besitzer der Sammlung war ein sicherer
Kenner auf dem Gebiete des alten Kunst-
gewerbes, er war zudem gut beraten und
übersah den internationalen Markt.
Diese Sammlung hat Professor Dr. Emst
von Bassermann-Jordan beschrieben, der
durch seine wissenschaftlichen Werke über
Uhren und auch als Sammler auf dem Ge¬

biete der Zeitmeßkunde bekannt ist. Der
Gelehrte beschreibt die Halsuhren aus Me-
tall und Bergkristall, die Goldemailuhren
und die Uhren in phantastischer Form.
Von der emaillierten Massenware des spä-
ten 18. und des beginnenden ig. Jahrhun-
derts enthält die Sammlung auch nicht ein
einziges Stück. Daß bei Bassermann-Jor-
dans Untersuchungen viel Interessantes er-
mittelt wurde, ist selbstverständlich. Die
alten Uhrmacherländer für tragbare Uhren,
Deutschland, Holland und Frankreich, sind
ziemlich gleichmäßig gut vertreten, und
auch das Einsetzen der bedeutenden eng-
lischen und schweizerischen Uhrmacherei
ist an der Sammlung zu studieren. Große
Meisternamen und nicht nur Namen, son-
dern auch Werke, die ihre gute Herkunft
beweisen, leuchten auf: Von Daniel Hab-
recht, dem Enkel des Erbauers der zweiten
Straßburger Münsteruhr, ist ein silberner
Totenkopf vorhanden, von G. Nourisson,
dem berühmten Wiederhersteller der mo-
numentalen Münsteruhr in Lyon, eine Hals-
uhr aus Kristall, aus dem Kreise der feinen
Meister von Blois finden wir in der Samm-
lung eine hervorragende Sackuhr von
Abraham Gribelin, von den Emailleuren
Huaut ein schönes Brustbild an dem Ge-
häuse einer ovalen Taschenuhr, von einem
Genfer Meister um 1700 einen großen sil-
bernen Totenkopf mit Uhr. Der illustrierte
Katalog ist von Hugo Helbing, München,
Liebigstr. 21 zu beziehen. r.
ALTE MEISTER BEI R. LEPKE
am 31. März 1925
Nach jahrelanger Pause wieder einmal
die Versteigerung einer Anzahl wirklich
guter alter Bilder aus gutem, altem Besitz.
Anschließend an das Hauptereignis der
diesjährigen Auktionssaison, an die Ver-
steigerung der Porzellansammlung Darm-
staedter, werden g4 Gemälde aus einer
fürstlichen Galerie versteigert. Abgesehen
von einigen ganz ungewöhnlichen Stücken
der Düsseldorfer Schule — Hauptwerke
von: Achenbach, Scheuren, Schirmer usw.
— handelt es sich ausschließlich um alte
Meister.
Um die Mitte des verflossenen Jahrhun-
derts erwarb eines der großen deutschen
Fürstenhäuser die Galerie des Oberberg-
rats Bernhard Hausmann in Hannover. Die-
ser unermüdliche Sammler hatte es mit
sicherem Blick verstanden, aus dem rei-
chen Kunstbesitz der niedersächsischen
Lande Bilder aller Schulen an sich zu brin-
gen. Gewiß spiegelte auch sein Besitz die
allgemeinen Tendenzen der Zeit wider, die
z.B. bei den holländischen Landschaften

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