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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 6
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Sprinz, Heiner: Ein neuer Hans Wydyz der Ältere
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Baum, Julius: Zur Geschichte des Hallischen Heiligtums und der Magdeburger Elfenbeinaltartafel
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0351

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Studien und Forschungen

zwanglos zwischen die der Freiburger und
Basler Figuren ein. Ihr noch ein wenig
harter und spröder Geist der Renaissance
bindet sie an den Dreikönigsaltar, ein
schwacher doch deutlicher Hauch gelöster
Anmut aber führt hinüber zu dem fortge-
schritteneren Stadium der Basler Gruppe,
mit der sie schon jene leichten Deforma-
tionen der Linienprägung teilt, die die auf-

wallende Übersteigerung der Kräfte in den
Bildhauerwerken der Oberrhein- und Do-
nauschulen einleiten1.

1 Übrige Literatur: H. Bossert, Urkundenauszüge über
Maler- und Bildhanernamen in Freiburg (Repertorium f.
Kunstw. 35. 1912). G.Münzel, Der Dreikönig-Altar von
Hans Wydyz im Freiburger Münster (Freiburger Münster-
blätter. 1910. S. 1 u. 59). Mit guten Abbildungen sämt-
licher Werke.

Zur Geschichte
des Hallischen Heiligtums
und der Magdeburger Elfenbeinaltartafel
Von JULIUS BAUM

Der soeben erschienene Band 17/19(1924)
der Mainzer Zeitschrift veröffentlicht zwei
Abhandlungen von Neeb und Berliner, die
wertvolle Ergänzungen zur Kenntnis des
Hallischen Heiligtums und der elfenbei-
nernen Altartafel Ottos I. für den Magde-
burger Dom bringen. Das Hallische Hei-
ligtum ist bekanntlich nicht nur in dem
gedruckten Heiligtumsbuch von 1520 be-
schrieben, sondern auch in einem hand-
schriftlichen Prachtkodex in Folio von
mehr als 400 Blättern, dem Liber osten-
sionis, dessen Entstehung um 1526 von
Terey und Redlich nachgewiesen wurde.
Mit einem großen Teil des Heiligtums ge-
langte 1540 auch der Kodex in den Main-
zer Domschatz. 1792 wurden die Reste des
Schatzes vor den andringenden Franzosen
geflüchtet; damals gelangte das Buch nach
Aschaffenburg, wo es sich noch in der
Bibliothek befindet. Doch verlor es wäh-
rend des Transportes neun Blätter. Sechs
von ihnen fand Friedrich Schneider in der
Sammlung Lindenschmit; sie wurden mit
dem Buche vereinigt. Die drei noch feh-
lenden fand Professor Neeb nunmehr im
Nachlaß Lindenschmits. Damit ist das
Heiligtumsbuch wieder vollständig. Es
wäre an der Zeit, dieses für die Geschichte
der Goldschmiedekunst so wertvolle Werk
endlich würdig zu veröffentlichen.
Unter den neu gefundenen Abbildungen
gibt die dritte ,,eyn silbernn vbergulten
sarch mit VIII Elffenbeynen teffeleyn. Do-
reyn Acht historien auss den Evangelien
geschnitten“, . . . von Trier geschickt. Aus
einem 1547 in Mainz geschriebenen Ver-
zeichnis vermag Neeb nachzuweisen, daß
dieses Reliquiar zu den von Halle nach

Mainz verbrachten Stücken des Heilig-
tums gehörte. Wann es dem Mainzer
Domschatz entfremdet wurde, ist heute
nicht mehr festzustellen. Erhalten ist es
nicht. Von zwei der vier Elfenbeintafeln,
die, gemäß der neuaufgefundenen Abbil-
dung, die eine Langseite des Reliquiares
schmückten, kann Berliner die heutigen
Eigentümer nachweisen: das eine befin-
det sich in der Sammlung Martin-le-Roy
in Paris, das andere im Museum in Liver-
pool. Sie gehören zu einem der großar-
tigsten Werke der Elfenbeinkunst der früh-
ottonischen Zeit, nämlich zu der von
Goldschmidt im Elfenbeinwerk II, 4—16
und III, 301—303 veröffentlichten, viel-
leicht auf der Reichenau entstandenen,
von Otto I zwischen 962 und 973 dem
Magdeburger Dom gestifteten großen el-
fenbeinernen Altartafel, die um 1060 schon
zerstört war. Die beiden identifizierbaren
Reliefs entsprechen Goldschmidt II8 und
II12. Die beiden anderen, bisher unbe-
kannten, zeigen die Hochzeit zu Kana und
die Heilung des Blindgeborenen. Es ist
interessant zu sehen, wie der Zeichner
des Blattes den ottonischen Stil völlig in
krause Spätgotik umbildet, obgleich er die
Komposition getreu wiedergibt. Man darf
annehmen, daß die vier Elfenbeintafeln
auf der Rückseite des Reliquiars zu der
gleichen Magdeburger Folge gehörten,von
der wir nunmehr die Darstellungen von
18 Tafeln kennen. Auffallenderweise ist
das wichtige Elfenbeinwerk, das lediglich
im Paliotto von Salerno ein um 200 Jahre
jüngeres Gegenstück hat, Josef Braun
(Christlicher Altar, II, Seite 123) völlig ent-
gangen.

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