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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 6
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0364

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In Wirklichkeit bestätigen aber gerade
Ihre Ausführungen, daß Ihr Entschluß, mit
nach Dahlem zu übersiedeln, lediglich
Ausfluß der derzeitigen Raumnot im
K.-F.-M. gewesen ist, und insofern habe
ich übrigens für meine Person nicht einen
Moment daran gezweifelt, daß Sie selbst-
verständlich mit Freuden nach Dahlem
übersiedelt wären, wenn es die Umstände
gestattet hätten, dieses Projekt im großen
durchzuführen. Denn dort wäre Ihnen
wahrscheinlich eine andere Möglichkeit ge-
boten, sich räumlich mit Ihren Schätzen
zu entfalten, als sie zur Zeit im Kaiser-
Friedrich-Museum besteht.
Wenn ich nun schon Ihren in der Wis-
senschaft autoritativ feststehenden Namen
im Zusammenhang mit meinen Ausführun-
gen nannte, so geschah das keineswegs,
um damit die Welt glauben zu machen,
daß Sie sich der Überführung Ihrer Samm-
lungen nach Dahlem widersetzt hätten. Im
Gegenteil, jeder unbefangene und unvor-
eingenommene Leser wird sofort davon
überzeugt sein (zumal wenn er Herrn
v. Bodes Artikel gelesen hat), daß es sich
um diese Frage bei meinen Ausführungen
überhaupt nicht handelt, sondern vielmehr
um das von Bode in so überlegener
Selbstverständlichkeit ins Feld ge-
führte Dogma von der unbedingten
Zugehörigkeit des Islam zumGesamt-
begriff asiatischer Kultur. Und da Sie,
wie ich erfreulicherweise durch mehrma-
lige Aussprachen mit Ihnen über die Zu-
sammenhänge genau weiß, dieses Dogma
mit Recht nicht teilen, glaubte ich, Herrn
v. Bode ruhig den Rat geben zu dürfen,
sich doch lieber erst einmal über die wirk-
lichen wissenschaftlichen Grundlagen zu
informieren, bevor er mit der Keule so
sehr daneben trifft.
Das sage ich Ihnen, hochverehrter Herr
Professor, damit Sie sogleich verstehen,
wie sehr es mir um die letzte Verdeutli-
chung der Zusammenhänge zu tun ist. Ich
bringe selbstverständlich aus Ihren Aus-
führungen alles, was irgendwie dazu bei-
trägt, das Wesentliche der von Herrn v.Bode
veranlaßten Diskussion zu klären, aber Sie
werden es mir nicht verübeln, wenn ich in
diesem Zusammenhang auch meinerseits
nochmals auf die Punkte zu sprechen kom-
me, um die es sich nach dem Artikel in
der ,D.A. Z.‘ allein handelt.
Was die museale Frage betr. Dahlem an-
langt, so werden Sie verstehen, daß ich
persönlich immer gegen eine Zertrüm-
merung der gerade in Berlin so un-
endlich wichtigen Zentralisation auf
diesem Gebiet gewesen bin, wie sie nun

einmal durch die historische Entwicklung
gegeben ist, ganz besonders, nachdem ich
davon überzeugt bin, daß der kostspielige
Bau des sogen. Deutschen Museums zu-
nächst auch für die Entlastung der übrigen
Abteilungen durchaus ausreichen wird.
Ebenso bin ich heute mehr denn je davon
überzeugt, daß es im Rahmen der zurZeit
aktuell gewordenen Frage der gesamten
Neuordnung möglich sein wird, auch für
Ihre Abteilung die nötigen Räumlichkeiten
bereitzustellen, in denen sich selbst Ihr
Hauptstück, die Mschatta-Fassade, präch-
tig entfalten wird, und daß trotzdem der Is-
lam im ganzen seiner natürlich-genetischen
Basis nicht entfremdet zu werden braucht.“
Zu dem gleichen Thema hat nach An-
frage des Herausgebers dieser Zeitschrift
Herr Professor Dr. A. v. Le Coq, Direktor
am Museum für Völkerkunde, der viel-
leicht als Entdecker von Gandhara und
Turfan am tiefsten mit den asiatischen
Kunstproblemen vertraut ist, unterm
5. März d. J. u. a. folgendes geschrieben:
„Der Plan, die Museen in toto, d. i. die
ethnographischen, nach Dahlem zu verle-
gen, ging, soviel ich weiß, gar nicht von
Bode, sondern von Althoff aus, der in
Dahlem ein Quartier latin gründen wollte,
in der Voraussetzung, daß die Entwick-
lung der Stadt Berlin sich in dem einge-
schlagenen Tempo weiter vollziehen würde.
Als dann der Frieden und die Revolution
kamen und alle Mittel gekürzt werden muß-
ten, wurde ich ein Gegner des Planes und
habe mir Bodes Feindschaft durch meinen
hartnäckigen Widerstand zugezogen. Jetzt
ist alles so eingebaut, daß eine Entfernung
der Bilder nicht mehr möglich ist.
Ich bitte Sie, für Ihren Brief und den
Artikel im ,Cicerone4, der unseren Bestre-
bungen sehr nützlich sein wird, meinen
warmen Dank annehmen zu wollen.“
Abschließend ist an dieser Stelle noch-
mals darauf zu verweisen, daß nicht der
Herausgeber des „Cicerone“, sondern Herr
v. Bode in seinem bekannten Angriffsar-
tikel in der „D. A. Z.“ vom 25. Januar 1925
sich auf die These von der Zugehörigkeit
der islamischen Kunst zu dem Gesamtge-
biet Asiens eingestellt und von hier aus
die wissenschaftliche Autorität des Staats-
sekretärs Dr. Becker angegriffen hat. Würde
Herr v. Bode lediglich für die Vollendung
seines Baues plädiert haben, hätte es ge-
nügt, ihn darauf aufmerksam zu machen,
daß heute weniger denn je eine Zertrüm-
merung der musealen Zentralisation in Ber-
lin in Frage kommen kann, und daß die

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