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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 6
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0366

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Ausstellungen

strahlendes, wärmt onigesBild von,,Gothen“;
Klee ist mit einigen zarten, aber nicht be-
sonders fesselnden Aquarellen, Kandins-
ky mit dem „Schwarzen Fleck“ (ig2i)x,
Schlemmer mit einem großen Wandbild
einer „Tänzerin“ und Georg Muche mit
einer „Frühstücksszene“ vertreten, die ihn
sehr unzulänglich repräsentiert.
Unter den weiterhin geladenen Gästen
treten dann noch Conrad Felixmüller
mit selten stark empfundenen Holzschnit-
ten, Heinrich Heuser mit sicher gestal-
teten Aquarellen, Ulrich Hübner mit eini-
gen seiner bekannten See- und Havelland-
schaften, sowie Anton Kerschbaumer
mit mehreren in klaren, räumlichen Ver-
hältnissen aufgebauten Lithographien be-
sonders hervor. Edwin Scharff hat zwei
frühere Arbeiten („Terrakottamaske“ und
„Schreitender“), einige kleine Reliefs und
die Porträtbüsten der „Helene Ritscher“
und von „Heinrich Mann“ gesandt, wäh-
rend Rudolf Belling den durch sein edles
Material und die schnittige, unerbittliche
Formbehandlung sehr eindrucksvollen „Ma-
hagonikopf“ und die maschinenmäßig
durchgeführten „Organischen Formen“ aus
Silberbronze beisteuerte.
Es ist kein Wunder, daß bei einem so
starken Dominieren auswärtiger Elemente
die Gruppe der Leipziger Künstler, um die
herum eigentlich nach dem Hausgesetze
der „Lia“ die Ausstellung aufgebaut wer-
den sollte, fast vollkommen erdrückt wird.
Wenigstens haben die Leipziger einen
schweren Stand bekommen. Der sehr ernst-
haft arbeitende Oscar Behringer strebt
nach einem widerspruchslos sich zusam-
menschließenden farbigen Klang des Bild-
ganzen und gewinnt freilich zunächst nur
in seinen Aquarellen eine überzeugende
Einheit, während seinen mit stark be-
wußter Konsequenz aufgebauten, aber nie
ganz unbefangen gestalteten Gemälden der
letzte unmittelbar sprechende Zusammen-
klang fehlt. Mit neuen italienischen Land-
schaften und einem sehr anziehenden Por-
trät zeigt Eugen Hamm, wie sehr ihm
jetzt an einem kräftig blühenden Schmelz
der Farbe gelegen ist. Von G. A. Mathey
sieht man eine größere Landschaftskompo-
sition und zwei sehr dekorative Stilleben
von einheitlichem Gepräge. Seine Aquarelle
und die Zeichnungen beschwingter Kon-
figurationen verraten daneben sein flottes,
illustratives Temperament. Will Semm
überrascht mit einem weichgemalten, braun-,
tonigen, liegenden Akt und amüsanten Tanz-
aquarellen. In feinen farbigen Bewegungen

1 Abb. Cicerone, 1924, S. 893.

hat Trude Zierfuß ein Kinderporträt ge-
staltet, während Grete Tschaplowitz ein
mit breitem Pinsel sicher durchgearbeite-
tes, sehr beachtenswertes Selbstporträt
zeigt. Von Leipziger Bildhauern bringen
nur Felix Pfeifer und Alfred Thiele
neue Arbeiten. Auf den sehr reichillustrier-
ten, in Buchform erschienenen Katalog,
dessen Herstellung G.A. Mathey leitete, sei
ganz besonders hingewiesen. Er ist an sich
ein nicht gewöhnliches Kunstdokument und
enthält u.a. einen ganz ausgezeichneten
Aufsatz des Grafen Keßler über „Ari-
stide Maillol“ sowie Beiträge von Paul
Westheim undMoholy-Nagy („Von der Pig-
mentmalerei bis zu der in den Raum ge-
worfenen farbigen Lichtgestaltung“). T.
BERLINER AUSSTELLUNGEN
Deutsche und niederländische Ma-
nieristen / Heinrich Nauen / Edu-
ard Bischoff.
Die Kunsthandlung Fritz Gurlitt hat
eine stattliche Anzahl von Gemälden (und
einigen Handzeichnungen) jener niederlän-
dischen und deutschen Übergangsmeister
des Frühbarock zusammengetragen, die um
ihres mehr oberflächlich die Gesten, die
Virtuosität und den Charakter der Reprä-
sentation aufgreifenden Verhältnisses zur
italienischen Hochrenaissance willen, we-
gen ihres mehr auf die Allüren als auf das
tiefere Wesen des römischen Vorbilds ge-
richteten Epigonentums gewöhnlich als
Manieristen bezeichnet werden. Dieser
Begriff, zu allgemein, um eine zeitlich und
territorial bestimmte Gruppe streng abzu-
grenzen gegen sonst und anderwärts auf-
tretende von ähnlicher Verhaltungsweise,
ist auch sachlich ohne Prägnanz und ohne
Logik. Schließlich deckt er sich mit dem
des stilistischen Anschlusses schlechthin,
und es ist nicht recht einzusehen, warum
nicht etwa auch ein Dürer oder ein Ru-
bens Manierist heißt. Es sei denn, der Be-
griff des Manierismus wird werturteilend
verstanden, als Bezeichnung der verklei-
nernden Ausbeutung ursprünglich mächti-
ger Qualitäten, daher dem irgend Großen
gegenüber verfehlt. Aber die Urteile wan-
deln sich, und so wenig die abschätzigen
Benennungen „Gotik“ oder „Barock“ den
tadelnden Unterton behalten haben, sowe-
nig kann die Geschichte auf die Dauer jene
in manchem mißlichen, aber der Eigenart
keineswegs entbehrenden Internationalisten
in Bausch und Bogen ablehnen. Die kleine
Ausstellung erscheint sehr dankenswerter-
weise in einer Zeit, die bereits drauf und
dran ist, das abfällige Kollektivurteil über
diese Generation des Manierismus zu re-

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