händigkeit des Pradoexemplares festgehalten werden kann. Ehe ich dieses
aus der Liste der Originale endgültig streiche, möchte ich es mir noch einmal
ansehen. Aber wahrscheinlich ist es nur eine derbere Werkstattwiederholung.
Ich kenne keinen Fall, wo Ribera nach ein paar Jahren ein Bild „verbessert“
hätte. Das New Yorker Stück besitzt offenbar in jeder Hinsicht die Strenge,
und man darf sagen, die Vornehmheit, die Ribera so merkwürdig selbst in
diesem Genre wahrt, während die Schüler und Nachahmer schnell gemein
werden. Die Dunkelheiten bei der Augenpartie des Madrider Bildes sind sehr
suspekt, während bei dem New Yorker die volle Schärfe und Klarheit Riberas
deutlich ist. Auf eine genaue Datierung möchte ich mich nicht festlegen. Doch
ist das New Yorker Bild wohl schwerlich vor 1635 entstanden und gegen Ihre
Datierung (ca. 1638) ist an und für sich nichts einzuwenden...“
Um auf die Unterschiede zwischen dem New Yorker und dem Pradobilde
noch etwas näher einzugehen, sei gesagt, daß das erstere, statt der bekannten
dunkel rötlichen Inkarnation des Pradobildes, die zusammen mit der mehr
äußerlichen Behandlung eines „pittoresken Modelles“ die Mayersche Datierung
des Pradobildes als etwa gleichzeitig mit dem „Archimedes“ veranlaßt hat,
einen warmen goldiggelben Fleischton mit zwar nuanciertem, aber nicht un-
natürlichem Rot auf der Wange aufweist; daß die Kontraste zwischen Licht
und Schatten nicht überscharf sind; daß die Schattenpartien in einem bräun-
lichen, aber durchsichtigen Helldunkel liegen, das, wie Mayer das bei einem
späteren Werke Riberas, dem Heiligen Franciscus von Paula (ca. 1640) tut,
sich ähnlichen Halbschatten Rembrandts vergleichen läßt.
Das New Yorker Bild könnte man sehr wohl malerisch als eine „Har-
monie in Braun“ bezeichnen, in der die Abstufungen dieser Farbe mit größter
Delikatesse und dabei wunderbarer Leuchtkraft verwendet sind, und zu der
die helleren, gelblichgrauen Töne der Mantelflecken, des Bucheinbandes,
sowie die Fleischpartien als wohl durchdachte und vorbereitete Steigerungen
wirken und so dem Werke gleichsam seine dramatische Wirkung sichern,
aber durch mehr künstlerische Mittel, als das in den Frühwerken Riberas
geschehen war. Und dasselbe läßt sich nun auch von der psychologischen Be-
handlung des Dargestellten sagen. An Stelle eines „malerischen“ Bartes und
anderer Äußerlichkeiten wegen seines gewählten und dann „gestellten“ und mit
einer gewissen Furiosität heruntergemalten Modelles hier ein ins Vornehme, ja
fast Großartige erhöhtes Porträt eines Philosophen, eines Gelehrten, dem nicht
bloß von des Malers Gnaden ein Buch der Weisheit in die Hände gedrückt
worden ist. Dem entspricht im Gegensatz zu dem breiten, niedrigen Gesicht
des auf dem Pradobilde dargestellten Mannes, das vornehme Oval des Ge-
sichtes, die hohe Denkerstirn, das nachdenkliche, fast etwas träumerisch
schwermütige Auge, entspricht auch, was von den Händen sichtbar ist, dieübri-,
gens denen des „Maestro al Cembalo“ in der Stroganoffsammlung aus dem Jahre
1638 sehr ähneln und mich mit dazu veranlaßt haben, das New Yorker Bild
dieser Periode zuzuschreiben. Wie nun die Figur des Dargestellten in die
Seitenstellung gerückt ist und doch fast en face zu dem Beschauer spricht, wie
mit großem Schwung der Mantel um sie gelegt ist und doch die Form des
Körpers darunter fühlen läßt, wie sich die Figur von dem Hintergrund ab-
hebt, wie wuchtig und symbolisch das Buch mitspricht, all das mit der har-
monischen, im Tonwert dem Thema so angepaßten Farbgebung und der psy-
chologischen Durchdringung des Dargestellten bringen eine Einheitlichkeit
zustande, die dieses porträtartige Gemälde zu einer Meisterleistung Riberas
stempelt.
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aus der Liste der Originale endgültig streiche, möchte ich es mir noch einmal
ansehen. Aber wahrscheinlich ist es nur eine derbere Werkstattwiederholung.
Ich kenne keinen Fall, wo Ribera nach ein paar Jahren ein Bild „verbessert“
hätte. Das New Yorker Stück besitzt offenbar in jeder Hinsicht die Strenge,
und man darf sagen, die Vornehmheit, die Ribera so merkwürdig selbst in
diesem Genre wahrt, während die Schüler und Nachahmer schnell gemein
werden. Die Dunkelheiten bei der Augenpartie des Madrider Bildes sind sehr
suspekt, während bei dem New Yorker die volle Schärfe und Klarheit Riberas
deutlich ist. Auf eine genaue Datierung möchte ich mich nicht festlegen. Doch
ist das New Yorker Bild wohl schwerlich vor 1635 entstanden und gegen Ihre
Datierung (ca. 1638) ist an und für sich nichts einzuwenden...“
Um auf die Unterschiede zwischen dem New Yorker und dem Pradobilde
noch etwas näher einzugehen, sei gesagt, daß das erstere, statt der bekannten
dunkel rötlichen Inkarnation des Pradobildes, die zusammen mit der mehr
äußerlichen Behandlung eines „pittoresken Modelles“ die Mayersche Datierung
des Pradobildes als etwa gleichzeitig mit dem „Archimedes“ veranlaßt hat,
einen warmen goldiggelben Fleischton mit zwar nuanciertem, aber nicht un-
natürlichem Rot auf der Wange aufweist; daß die Kontraste zwischen Licht
und Schatten nicht überscharf sind; daß die Schattenpartien in einem bräun-
lichen, aber durchsichtigen Helldunkel liegen, das, wie Mayer das bei einem
späteren Werke Riberas, dem Heiligen Franciscus von Paula (ca. 1640) tut,
sich ähnlichen Halbschatten Rembrandts vergleichen läßt.
Das New Yorker Bild könnte man sehr wohl malerisch als eine „Har-
monie in Braun“ bezeichnen, in der die Abstufungen dieser Farbe mit größter
Delikatesse und dabei wunderbarer Leuchtkraft verwendet sind, und zu der
die helleren, gelblichgrauen Töne der Mantelflecken, des Bucheinbandes,
sowie die Fleischpartien als wohl durchdachte und vorbereitete Steigerungen
wirken und so dem Werke gleichsam seine dramatische Wirkung sichern,
aber durch mehr künstlerische Mittel, als das in den Frühwerken Riberas
geschehen war. Und dasselbe läßt sich nun auch von der psychologischen Be-
handlung des Dargestellten sagen. An Stelle eines „malerischen“ Bartes und
anderer Äußerlichkeiten wegen seines gewählten und dann „gestellten“ und mit
einer gewissen Furiosität heruntergemalten Modelles hier ein ins Vornehme, ja
fast Großartige erhöhtes Porträt eines Philosophen, eines Gelehrten, dem nicht
bloß von des Malers Gnaden ein Buch der Weisheit in die Hände gedrückt
worden ist. Dem entspricht im Gegensatz zu dem breiten, niedrigen Gesicht
des auf dem Pradobilde dargestellten Mannes, das vornehme Oval des Ge-
sichtes, die hohe Denkerstirn, das nachdenkliche, fast etwas träumerisch
schwermütige Auge, entspricht auch, was von den Händen sichtbar ist, dieübri-,
gens denen des „Maestro al Cembalo“ in der Stroganoffsammlung aus dem Jahre
1638 sehr ähneln und mich mit dazu veranlaßt haben, das New Yorker Bild
dieser Periode zuzuschreiben. Wie nun die Figur des Dargestellten in die
Seitenstellung gerückt ist und doch fast en face zu dem Beschauer spricht, wie
mit großem Schwung der Mantel um sie gelegt ist und doch die Form des
Körpers darunter fühlen läßt, wie sich die Figur von dem Hintergrund ab-
hebt, wie wuchtig und symbolisch das Buch mitspricht, all das mit der har-
monischen, im Tonwert dem Thema so angepaßten Farbgebung und der psy-
chologischen Durchdringung des Dargestellten bringen eine Einheitlichkeit
zustande, die dieses porträtartige Gemälde zu einer Meisterleistung Riberas
stempelt.
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