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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 8
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Der Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0464

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Aus der Sammlerwelt und vom Kunsthandel

Bei der für die letzte Aprilwoche vorge-
sehenen Versteigerung der Mühsamschen
Sammlung soll die Porzellansammlung, de-
ren Bestand die Zahl von 500 Nummern
übersteigt, den Anfang machen. Wie es
sich bei einem deutschen Sammler fast
von selbst versteht, überwiegen weitaus
die deutschen Marken. Von der mehr als
die Hälfte des Bestandes ausmachenden
Meißner Manufaktur werden alle Perioden,
angefangen vom braunen Böttger-Stein-
zeug (worunter sich auch eine kleine Vi-
telliusbüste befindet), veranschaulicht. Aus
Händlers Gruppe der „Handwerker“ sind
12 Figuren vorhanden. Nicht zu vergessen
der Bildnisstatuette des jungen August des
Starken und des Hofnarren Kyaw. Auf-
fallend groß ist die Zahl der Tierfiguren
(hauptsächlich aus der Zeit von 1735 bis
1775). Sehr repräsentativ, ausschließlich
figural (mit Gruppen, großen und kleinen
Einzelfiguren) sind Frankenthal und Lud-
wigsburg vertreten; ebenso Nymphenburg,
Fürstenberg, Berlin, Höchst mit einer statt-
lichen Anzahl von Qualitätsstücken. Aber
auch von den kleineren Unternehmungen,
wie den thüringischen (Gotha, Gera, Lim-
bach, Volkstedt usw.) werden charakteri-
stische Proben geboten. Von den auswär-
tigen Manufakturen schneidet Wien noch
verhältnismäßig am besten ab.
In der Miniaturensammlung fällt die
große Zahl von Miniaturen des 17. Jahr-
hunderts — etwa zwei Dutzend — auf. Un-
ter den englischen Miniaturbildnissen fin-
den sich solche von Cosway, G. Engle-
hardt, den beiden Plimer. Besondere Be-
achtung verdient J. Seoulers originelles,
auch menschlich fesselndes Doppelbildnis
des Schauspielers Garrick und seiner Frau.
Unter den wenigen Franzosen muß vor
allem das farbenschöne, sehr charakteristi-
sche Bildnis Napoleons im Krönungsornat
von der Hand Isabeys und des gleichen
Meisters Bildnis des Marschalls Ney ver-
merkt werden. Ungewöhnlich gut ist die
Wiener Schule, zumal der Biedermeier-
zeit, repräsentiert. Zu ihren Hauptstücken
gehören Fügers Skizze zu dem bekannten
Bild der drei Gräfinnen Thun und sein
Bildnis des Raphael Mengs. Von jüngeren
Meistern sind der mit E. Peter oft verwech-
selte Daffinger und Kriehuber auffallend gut
vertreten.
Die Sammlung G. Eissler, deren für Anfang
Mai angesetzte Versteigerung von Glück-
selig gemeinsam mit dem Auktionshaus
Wawra durchgeführt wird, umfaßt die ver-
schiedensten Kunstgebiete: antike Terra-
kotten, Kleinbronzen, Renaissance- und
Barockplaketten, unter anderem auch eine

ungewöhnlich interessante Sammlung künst-
lerisch hochwertiger, streng realistisch auf-
gefaßter Wachsbossierungen von derWende
des 16. bis Ende des 18. Jahrh. Unter den
Handzeichnungen alter Meister findet sich
ein Dürer („der rechte Schächer“), Blätter
von C.Dusaert, A. van Ostade, A.Cuyp. Von
Ingres eine Bildniszeichnung Paganinis.
Silhouettenbilder zeigen den jungen und
älteren Goethe, Klopstock, Ulrike von
Lewetzow, Lotte Kestner. Es versteht sich,
daß auch die Miniaturmalerei des alten
Wien durch ihre besten Meister vertreten ist.
Füger gibt es vier, zahlreiche Bilder auch
von Daffinger und seinem Kreis:denTheer,
Saar, Peter; von Lieder und Kriehuber.
Von R. Alt sei das bekannte Bild des Ste-
phansplatzes (von 1834) erwähnt. Unter den
spärlichen Ölgemälden gebührt die Palme
Romakos wundervollem impressionisti-
schen Familienbild, Frau und Kinder am
Frühstückstisch darstellend. Wreiters ge-
langt noch einiges Alt-Wiener Silber und
Alt-Wiener Porzellan unter den Hammer
(darunter eine weiß glasierte Statuette des
Petrus [um 1740], das Gegenstück des Pau-
lus im Wiener Kunstgewerbemuseum), fer-
ner deutsche Keramik vom 16. bis 18. Jahr-
hundert.
Daran anschließend ist, vermutlich als
letzte Auktion vor dem Herbst, eine Ver-
steigerung von wertvollem alten Porzellan
aus Wiener Privatbesitz, hauptsächlich figu-
ralen Arbeiten der Wiener Manufaktur, in
Aussicht genommen.
Die Versteigerungen wurden wie folgt
festgesetzt: Sammlung Mühsam vom 27.
bis 30. April; Nachlaß Gottfried Eiss-
ler und eine Sammlung von Wiener
Porzellan-Figuren usw. vom 6. bis
8. Mai. P.-N.
Aus der Sammlerwelt
und vom Kunsthandel
BERLIN
Die Firma A. Blumenreich hat soeben
in der Nähe der Potsdamerbrücke, am
Schönebergerufer 27 neue Räume bezogen,
die eine intime künstlerische Ausstattung
erfahren haben und bezüglich der Licht-
verhältnisse besonders glücklich sind. In
diesem ansprechenden Rahmen zeigt die
Firma eine Reihe von Gemälden älterer
und neuerer Kunst, darunter Bilder von
Teniers, Wouwermann, Liebermann, Men-
zel, Corinth, dem Wiener Maler E. I.
Schindler u. a. mehr, was den Charakter
einer intimen Sammlerwohnung unter-
streicht.

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