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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

DOI issue:
Heft 11
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Roger-Marx, Claude; Dunoyer de Segonzac, André [Honoree]: Dunoyer de Segonzac
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0562

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gonzac geboren. Die Linie scheint ungelenk, gebrochen, zerrissen und voll
Verbesserungen und ist in Wahrheit von einer Sicherheit, die an die größten
Meister, Rembrandt, Daumier, erinnert. Die Technik verändert sich kaum, ob
er einen Körper durch einen feinen Kontur mit der Spitze der Feder oder des
Pinsels umschließt in der Art der Japaner oder Rodins wie in den ersten Map-
pen (Russisches Ballett, Isidora Duncan, Akte und Boxer), oder ob Schraffie-
rungen, Auftragungen von chinesischer Tusche das Linienspiel verstärken und
es farbiger gestalten. Statt gleichmäßig zu bleiben, wird hier der Strich ein-
dringlicher, breiter und spaltet sich, und gibt gerade durch diese Unterbre-
chung, indem eine Linie über die andere geschichtet wird und sie berichtigt,
das Licht und die Bewegung wieder.
So ist Andre Segonzac für die Ätztechnik und die Kaltnadel berufen. Die Illur
stration der „Holzkreuze“ und der „Boxkampfbilder“ im vergangenen Jahre,
eine Folge von zehn Landschaften der „Ile-de-France“, die dem graphischen
Heft von Jongkind gleichgestellt zu werden verdienen, haben wieder einmal
unmittelbare Überlegenheit des gegen alle Regeln schaffenden Graphikers, des
Maler-Graphikers, über die Praktiker gezeigt, bei denen die Virtuosität so
schnell die Inspiration tötet. Bewunderungswürdig ist die Vielfältigkeit und
der Reichtum seiner Zeichnungen, die beinahe immer nach der Natur bei zu-
fälligen Begegnungen, rein aus der Freude des Zeichnens heraus, geschaffen
wurden: bei einem Match, bei einem Schauspiel, im Walde, nach dem Akt auf-
genommene Skizzen. Wie ihr Schöpfer entzücken sie durch ihre Frische, durch
eine gewisse Unschuld, mit der sie die Welt entdecken, durch ansteckende Ge-
sundheit und Heiterkeit, durch eine von der Vernunft gemäßigte Freiheit. Ge-
sunder Menschenverstand, eine unmittelbare, solide und wundervoll an das
Leben angepaßte Intelligenz offenbart sich hier. Nicht nur die Welt der For-
men wird uns durch Segonzac erschlossen: die kleinste Skizze vermittelt uns
den Duft einer Landschaft, ihren Klang, ihre Wärme, so daß dieser von jeder
intellektuellen und sentimentalen Unruhe freie Mensch, ohne es zu beabsich-
tigen und fast ohne es zu wissen, zu ^enen gehört, die unser Verständnis für
Wesen und Dinge wahrhaft bereichern und uns lehren, sie mit neuem Gefühl
zu lieben.
* *
*

Der Künstler selbst teilt folgende Daten und Tatsachen mit:
Ich bin am 6. Juli 1884 in Boussy St. Antoine (Somme et Oise) geboren. Die
Familie meines Vaters stammte aus Quercy und Burgund, die meiner Mutter
aus Paris. Bis zum Jahre igoö habe ich im Atelier von L. O. Merson gear-
beitet, danach bei verschiedenen Meistern, wie Prinet, J. P. Laurens,
J. E. Blanche. Ich habe 190g bei den Independants und im Herbstsalon aus-
gestellt, in dem Saal, wo sich die Bildnisse von Apollinaire und Marie Lauren-
cin von der Hand des Zöllners Rousseau befanden. Bis 1921 habe ich seither
regelmäßig in den beiden Salons ausgestellt. Meine erste Gesamtausstellung
fand 1914 bei Barbazanges und eine zweite zehn Jahre später an der gleichen
Stelle statt.
Bis zum Jahre 1914 habe ich im Sommer zusammen mit meinen Freunden
Boussingault und Moreau regelmäßig in der Provence gemalt, im Winter fast
immer zwischen Januar und Mai in der Umgegend von Paris (bis zu diesem
Moment; die Kriegsjahre selbstverständlich ausgenommen). Unter meinen
zahlreichen illustrativen Arbeiten steht an der Spitze eine Sammlung von

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