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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 11
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0588

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Ausstellungen

men. In den ersten drei Sälen sind die
topographischen Sammlungen Venedigs
ausgestellt. Hier ist unter anderm der in
Holzschnitt ausgeführte Stadtplan des Ja-
copo de Barberi von 1500 zu sehen; es
schließen sich noch weitere Stadtpläne bis
auf die Gegenwart an, die Einblick in die
Veränderungen des Weichbildes in den
verschiedenen Perioden geben. In den
folgenden Sälen wurden frühe Malereien,
Skulpturen und Elfenbeinarbeiten unterge-
bracht. Von besonderem Interesse sind
zwei bisher unbekannt gebliebene Fres-
kenfragmente aus dem venezianischen Tre-
cento, vielleicht die ältesten erhaltenen Do-
kumente dieser Art. Hier sieht man auch
eine schöne polychromierte und vergol-
dete Holzplastik mit der Signatur: „Cate-
rino, Sohn des Meister Andrea“. An den
Wänden befinden sich Malereien des ve-
nezianischen 14. Jahrhunderts, die teils
noch byzantinischen Einfluß verraten,
während in Glasschränken die Elfenbein-
werke der berühmten Embriachi prangen.
Ferner gibt es byzantinische Emails, illu-
minierte Codices, ein Brevariumblatt aus
dem Jahre 1291, aus Spalato stammend;
ein zweites von Pietro Vesconte aus Genua
(1318). Der nächste Saal enthält Werke des
Quatrocento, darunter Bilder von Lazzaro
feastiani, Michiele Giambono, Quirizio da
Murano, Bart. Vivarini usw. Ferner zwei
bemalte Fragmente von Hochzeitstruhen,
darstellend Szenen aus Boccaccios No-
velle „Griselda“. Als Neuerwerbung ist
hier auch die sehr interessante Einrich-
tung eines Schlafzimmers aus dem sech-
zehnten Jahrhundert ausgestellt. Br.
Ausstellungen
BERLINER AUSSTELLUNGEN
AKADEMIE DER KÜNSTE
Das hauptstädtische Kunstpensum bringt
alle Frühjahr die große Übersicht des kul-
turoffiziös und zünftig Beglaubigten in
der Akademie der Künste. Gerade im
letzten Jahr ist das Institut als solches
wieder heftig als überlebt, seine ausstelle-
rische Betätigung als unbefugt angefehdet
worden. Man wird dieser Kritik etwa inso-
fern zustimmen können, als die Akademie
ja wirklich eine etwas honoratiorenhaft
ruhige Existenz führt und nicht entfernt
das aus sich macht, nicht annähernd die
geistespolitische Aktivität entfaltet, die
möglich und nötig wäre, wollte sie eine
unumgängliche Instanz und einen ins
Volksganze wirkenden Faktor bedeuten.
Und man wird gewiß auch gerade ange-

sichts der augenblicklichen Ausstellung
kaum behaupten können, das Schaffen der
Gegenwart sei hier in unbedingt gültiger
oder gar in sehr produktiver, das künstle-
rische Leben ereignishaft inspirierender,
die Entwicklung inaugurierender Weise zu-
sammengestellt. Aber mit solchen Ein-
wänden ist doch nur gesagt, daß die Aka-
demie, trotz allem Unterschied gegen den
früheren Dämmerzustand, an ihre ideellen
Möglichkeiten nicht heranreicht, — nichts
aber gegen diese Möglichkeiten selbst.
Es ist wohl nicht ohne Wert, daß außer
händlerischer Erfahrung, wissenschaft-
licher Beschlagenheit und publizistischer
Überzeugung auch die Anerkennung der
Meister eine gewichtige Gelegenheit hat,
sich auszusprechen und Einfluß zu neh-
men auf die öffentlichen Kunstanschau-
ungen. Es ist damit ein Innungshaftes
unserer an derartigen Momenten so armen
Zeit bewahrt und eine sonst oft vermißte
Note schaff ender und verantwortlicher Ge-
meinsamkeit angeschlagen. Wenn diesmal
in besonderem Grade eine wohlqualifi-
zierte Ausgeglichenheit den Gesamtein-
druck bestimmt, aber zugleich fast neu-
tralisiert, weil nicht so sehr viel Widriges,
aber auch nicht viel Hinreißendes aus der
wohl doch zu großen Zahl der Werke ent-
gegentritt, so mag dies Ergebnis freilich
einem liberalen Akademietypus entspre-
chen, der weder Normen zu konservieren
noch die Bewegung anzuführen die innere
Entschiedenheit, den theoretischen Elan
hat. Doch wie sollte der Vorzug solchen
Mangels zu übersehen sein? Gewöhnlich
kleidet sich das Lob der akademischen
Kunstschau in die Erwägung, daß schließ-
lich keine sonst dies Niveau und diese
Frontbreite habe. Aber man kann auch um-
gekehrt sagen: hätten wir außerdem noch
eine Kunstrepräsentation von stärkerem
System und bestimmterem Gesamtaus-
druck, so würde die der Akademie gar
nicht mehr unzureichend wirken, sondern
gerade in den Grenzungen ihrer Eigen-
struktur bedeutsam erscheinen.
Da in diesem Jahre die gliedernden und
konzentrierenden Sonderzyklen fast völlig
fehlen, ergibt sich mehr noch als sonst
ein additives Beisammen von Kunst-
dingen, über das als Ganzes wenig zu sa-
gen ist. Durch Liebermanns Krankheit
scheint der Ausstellung der eigentliche or-
ganisatorische Impuls verloren gegangen
zu sein. Sie wirkt ordentlich, aber etwas
automatisch entstanden. Daß man für
Hans Thoma einen Ehrenraum schuf, ein
ruhendes Zentrum inmitten des Vielen,
war wohl eine Selbstverständlichkeit; aber

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