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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 12
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Pauli, Gustav: Leihausstellung in der Kunsthalle zu Hamburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0601

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Leihausstellung in der Kunsthalle

zu Hamburg

Von GUSTAV PAULI / Mit
7 Abbildungen auf 4 Tafeln

ANFANG Mai wurde im Oberstock des Altbaus der Kunsthalle eine Leih-
fe ausstellung aus hamburgischem Privatbesitz eröffnet. Sie wird bis Ende
Juni dauern und verdient ernste Aufmerksamkeit unserer Kunstfreunde von
nah und fern.
Eine Leihausstellung ist unter allen Umständen interessant, weil sie zum
mindesten einen Begriff von dem Stande künstlerischer Kultur in ihrem Wir-
kungsbereich vermittelt. Unsere Ausstellung wird nun zwar jeden Besucher
durch eine Fülle wertvoller Dinge aus den letzten fünf Jahrhunderten fesseln,
vielleicht sogar überraschen; trotzdem darf es gesagt werden, daß in der Blüte-
zeit hamburgischer Geisteskultur um 1800 bis zu der französischen Invasion
der private Kunstbesitz Hamburgs verhältnismäßig reicher gewesen zu sein
scheint. Selbstverständlich hängt das von wirtschaftlichen Voraussetzungen
ab, die gerade in einer Handelsstadt größeren Schwankungen ausgesetzt sind,
als beispielsweise in Städten, deren Reichtum sich auf eine heimische, alt
hergebrachte Industrie gründet. Ihre letzte Höhe hat die hamburgische Sam-
meltätigkeit wohl in dem Menschenalter vor dem Weltkriege erreicht, als
die Web ersehe Galerie noch die Räume des stattlichen Gebäudes an der
Alster erfüllte. Seither ist, der Not der Zeit folgend, manches Wertvolle ab-
gewandert. Immerhin beweist die Ausstellung, die selbstverständlich nur eine
Auslese bedeutet, daß ein ansehnlicher Kunstbesitz den Stürmen der Zeit zu
trotzen vermocht hat. Verhältnismäßig am besten erhalten ist aus begreif-
lichen Gründen der Besitz an Familienbildern. Jedes Haus sucht sie so
lange wie möglich zu behalten. Sie sind das letzte Opfer, das die Not dem
Besitzer entreißt. Andererseits ist erfahrungsgemäß nur ein geringer Teil
davon ausstellungswürdig.
In Hamburg war der Bedarf an Bildnissen im späten 18. Jahrhundert sehr
groß, wurde aber vielfach von untergeordneten Kräften befriedigt. Die besten
hier beschäftigten Bildnismaler waren, nachdem Denner und van der
Smiss en um die Mitte des 18. Jahrhunderts gestorben waren, Ausländer.
Der aus Mähren zugereiste Qua dal, die Sachsen Anton Paulsen und
Anton Graff, die Hessen Johann, Jacob und Wilhelm Tischbein
und schließlich Charles Lemonnier, ein vor der Revolution entwichener
Pariser Maler, der etwas von dem grand air der Hofgesellschaft von Versailles
mitbrachte, aber freilich sehr wenig von der anmutigen Leichtigkeit ihrer be-
vorzugten Meister. Erst in der Frühzeit des 19. Jahrhunderts ließ sich der
wackere Friedrich Carl Gröger mit seinem Freunde Aldenrath in Ham-
burg nieder, wo beide für ein Menschenalter die Stätte ihrer sehr anerkennens-
werten Tätigkeit fanden. Gröger hat, wie die allermeisten Porträtisten, unter
der Menge seiner Arbeiten zu leiden gehabt. Die Gerechtigkeit erfordert es
indessen zu betonen, daß er, eines beinahe geschäftsmäßigen Betriebes un-
geachtet, jede seiner Arbeiten mit gleichmäßiger Gewissenhaftigkeit, ernstem
Eingehen auf die dargestellte Persönlichkeit und mit einem nicht geringen
Geschick zu lösen verstand. Er ist der typisch bürgerliche Porträtist, der in-
dessen noch etwas von der standesgemäßen Haltung des 18. Jahrhunderts in
die neue Zeit herübergerettet hat.
Unter denen, die sich neben Gröger gelegentlich als Porträtisten bewährt
Der Cicerone XVII. Jahrg., Heft 12 28 577
 
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