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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 12
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Lohmeyer, Karl: Barock und Klassizismus bei Welsch und Dinzenhofer
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0628

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burger und Wiener Einflüsse kreuzen und das man füglich einen steinernen
Falken von Würzburg nennen könnte, den der Charge d’affaires Hilde-,
brandts beim Würzburger Residenzbau, der Ingeniur Tatz, errichtet hat.
Aber auch der französische Neuklassizismus fehlt nicht, wenn er sich auch hier
glücklich mit süddeutscher Art vermischt.
Wenn man am Dom vorbei, vorbei an der meisterlich ihm angepaßten
Gruppe des Neumannbaues, den nur er so, ähnlich wie in Trier, mittelalter-
licher Kirchenkunst anfügen konnte, so öffnet sich der Blick beim Beschreiten
der Treppe zum Oberbach herab einem der malerischsten Städtebilder dieser
Lande, in dem im Hintergrund die reich gegliederte gotische Pfarrkirche hinan-
steigt und in dem vom eine Hausgruppe steht, in der neben dem hochgestaffeL
ten Giebelhaus des alten Ebracher Hofes unter steilem deutschen Dach ein Haus
mit so reiner neufranzösischer Dekoration erscheint, daß sich hier wohl, wie
auch an Bauten am Michelsberg (Nr. 2 und 6) schon Einflüsse der Mainzer
oder Ansbacher Hofkavalierarchitekten zeigen, trotz aller Laune, die noch
das Allianzwappen über dem Tor umspielt. So ziehen sich gerade beim Bam-
berger Bürgerhaus, besser wie anderswo, all die Fäden zusammen, aus denen
das rheinisch-fränkische Barock entstand, Barock und Klassizismus, wie er in
den Werken W e 1 s c h s und Dinzenhofers kämpft, von denen der eine seine
Jugend in Bamberg verlebte, der andere von hier aus seine Haupttätigkeit ent-
falten durfte. Und von beiden hat Balthasar Neumann seine Einwirkun-
gen erfahren, von dem ersteren in vielem, am meisten wohl im Palastbau, von
dem letzteren in seiner Kirchengestaltung, hat auch von lokalen Würzburger
Einflüssen, wie sie ihm über Petrini-Greising vermittelt waren, manches
gewonnen, den ernüchternden Klassizismus des Westens auch unmittelbar
in sich aufgenommen, der ihm aber die Wucht einfacher Baumassen ver-
mittelte und schließlich alles mit der österreichischen Wärme Hildebrandts
durchdrungen, so daß recht erst unter den Wehen der Würzburger Residenz-
planung das rheinisch-fränkische Barock geboren wurde.
 
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