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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 12
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0638

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Ausstellungen

eine Familie von Kohlhoff, andächtige
Zeichnungen von Landenberger, Aquarelle
von Max Mayershofer, italienische Land-
schaftszeichnungen von H. Schröder, Land-
schaften von H. Stehr, Arbeiten von Was-
ke und O. Schön; die naive Sachlichkeit
N. Kirchners (reine Landschaften), Zeich-
nungen von Rud. Großmann, in Ansätzen
auch Landschaften von G. von Haniel. —
Galerie Thannhauser hat das Verdienst,
immer wieder zusammenfassende Ge-
samtausstellungen erprobter Einzelperso-
nen geboten zu haben. Sie hat in dankens-
werter Weise immer wieder über den nur-
deutschen Rahmen hinausgegriffen (wir er-
innern nur an Chagall, Picasso,Derain, die
sie in großen Zusammenhängen vorwies).
Sie hat dabei aber nie eigene, ja lokale
Tradition zu kurz kommen lassen. So gab
sie voriges Mal eine Gedächtnisausstellung
der Malereien W. Röslers, jetzt aber eine
zusammenfassende Erinnerung an Weis-
gerber (1878—1915), von dem nicht weniger
als 58 Gemälde, 62 Zeichnungen, eine Reihe
Radierungen und eine talentvolle Plastik
zu sehen sind. Weisgerber ist bei der fort-
schrittlichen Malerei heute als dekorativer
Geschickling verschrien, der bei schneller
Erraffung der jeweils neuen Bildmittel im
Grunde doch nie von der Tradition der
,,Scholle”, jener gefällig schmückenden, all-
zu münchnerischen Richtung frei gewor-
den sei. Ist damit auch ein weitgehend zu-
treffender Umstand getroffen, so ist doch
etwas im Bausch und Bogen geurteilt. Min-
destens gegen den zuvor gezeigten Rös-
ler, der gleichzeitig in München schuf und
ebenso früh dahinschied, aber kein bleiben-
des Lebenswerk hinterließ, müssen wir sa-
gen, daß in Weisgerber reiche und gegen-
sätzliche Kräfte angelegt waren, von denen
man doch nicht ganz wissen kann, wohin
sie den Verwandlungsfähigen noch geführt
Fätten. Gerade unter den Früh- und
mittleren Werken sind kräftige und kon-
trastreiche Arbeiten, was die vorzüglich
ausgewählte Schau hervorkehrt. Dann aber
kamen zwei Bewegungen der Zeit, die die-
sem eigentlich nur aufs stofflich Wohlige
und auf Naturfrische gestellten Talent ge-
fährlich werden sollten: einmal das religiös
Ekstatische, das nun Werke hervortrieb wie
den „Jeremias in Ruinen” und den „Seba-
stian”. Andrerseits das kubisch Zusammen-
fassende, das bei diesem Maler oft insDe-
korative, seelisch und stofflich nicht Er-
füllte abführte, wie etwa beim „Ruhenden
Paar“. Beide Strebungen überhöhten sein
Talent ein wenig künstlich, ein Talent, das
irgendwie gesund war, aber allzu selbst-
sicher mit den Oberflächen der Dinge für-

liebnahm, eigentlich jungenhaft weltan-
schauungslos blieb, daher nur selten aus
der Tiefe fragte und antwortete, wie das
— wenn auch unbewußt — alle bleiben-
den Meister auch des sinnlich-glückhaften,
ja fröhlichen Typs getan haben. Aber bei
so kurzem fragmentierten Leben freue man
sich immerhin, wenn man heute eine Reihe
Nummern als anziehend festnageln kann.
R.
WIEN
Die Frühjahrsausstellung der Mitglieder
der Secession steht trotz der spärlichen
bemerkenswerteren Leistungen noch im-
mer auf höherem Niveau, als die vor kur-
zem eröffnete des Künsterhauses. Doch
ist es weniger die Schau der Hauskünst-
ler (von denen der um Einfachheit des
Ausdruckes ringende Kitt wohl das meiste
Interesse beansprucht), die die Aufmerk-
samkeit auf sich lenkt, als vielmehr die
kleine Auswahl Slevogtscher Gemälde.
Unter anderem bringt sie ein groß gese-
henes und doch menschlich einfaches
Bildnis des Prinzregenten, die Menzels
Impressionen nahestehende, farbig pracht-
volle „Totenmesse“, auch das in seiner
gewollten Schlichtheit befangen wirkende
Familienbild, ein markiges Selbstbildnis
in Grau und Rot, Blumenstücke, ein wun-
dervoll gemaltes Stilleben mit Fisch, ge-
spenstige „Bestattung“. Wenig, aber doch
genug, um das starke koloristische Emp-
finden dieses Meisters, dessen Bedeutung
als Maler vielfach gegenüber seiner gra-
phischen Tätigkeit unterschätzt wird, er-
kennen zu lassen. Ein farbenschönes, Rot
gegen Blau und Schwarz absetzendes
Bildnis seiner Frau hat Jaeckel beige-
stellt, der ansonst nur wenig belangreiche
figurale Studien eingesandt hat. —
Auch der Hagenbund hat seine Früh-
jahrsausstellung — zur Feier des 25 jäh-
rigen Bestehens der Vereinigung als Ju-
biläumsausstellung — eröffnet. Sie wird
beherrscht von dem Werke ihres ältesten
Mitgliedes, des Malers K. L. Graf, das
für den Charakter des Hagenbundes in
mehr als einer Hinsicht bezeichnend ist.
Im Impressionismus wurzelnd, leitet es,
regiert von starkem rhythmischen Emp-
finden in Form und Farbe, zu gemäßigtem
Expressionismus über. Bildnisse und
Landschaften — alles gediegen, kultiviert,
soigniert, nie über die Stränge schlagend,
anpassungsfähig wie die Kunst der mei-
sten Hagenbündler. Darin, daß sie sich im
Gegensätze zu dem Künsterhaus und der
ihrer Mission (als Künderin des Neuen)
untreu gewordenen Secession stets die
künstlerischen Forderungen des Tages zu

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