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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 15
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Goetz, Oswald: Leihausstellung aus Privatbesitz im Städelschen Kunstinstitut
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0765

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Holbein, aber acht Cranachs, darunter vier allerhöchsten Ranges. Woher die
Liebe der Frankfurter für den Meister? Franzosen und Venezianer des 18. Jahr-
hunderts machen den Beschluß. Die eigentliche Barockmalerei des späten
17. und 18. Jahrhunderts ist mit Absicht nicht in die Ausstellung aufgenommen,
um die Übersicht nicht zu erschweren.
Im folgenden sei ein kuzer Überblick über die wichtigsten Werke, nach
Schulen geordnet, gestattet. Die Nummern sind dem „vorläufigen Verzeich-
nis“ entnommen, das die Direktion des Städels herausgegeben hat. Ein
wissenschaftlicher Katalog ist in Bearbeitung.
Die italienischen Trecento-Bilder, meist klein im Format, schmücken die
schwarzen Wände eines der Romantikerkabinette im oberen Stock des Neu-
baues. Kunsthistorisch am interessantesten dürften die zwei Tafeln des Grafen
Erbach von Fürstenau sein, die ursprünglich zu einer Truhe gehörten (Nr. 155).
Sie sind neapolitanischer Herkunft und enthalten Darstellungen aus der Apo-
kalypse in miniaturenhafter Größe. Die äußerlich unscheinbaren, fast farblos
wirkenden Tafeln gewähren bei näherer Betrachtung einen magischen Reiz
und entfalten ein Leben, das in meisterlicher Weise und ganz aus den geistigen
Anschauungen des nachdanteschen Zeitalters heraus die Spannung im Kampfe
um die letzten Dinge widerspiegelt. Unter den zahlreichen Madonnendarstel-
lungen ragt die schöne umbische Spitztafel hervor, ein Werk, das man wohl
getrost Alegretto Nuzzi zuschreiben kann (Nr. 247, Slg. Hartmann). Bernardo
Daddi sehr nahestehend ist das farbig reizvoll aufgebaute Täfelchen einer
thronenden Madonna mit Heiligen und Engeln (Nr. 4g, Slg. von Goldammer).
Zahlreiche Florentiner und Sienesen ergeben einen hübschen Einblick in die
zarte Kleinmalerei der Zeit. Eine Vermählung Mariae, florentinisch (Nr. 6g,
Slg. Fuld) leitet in das Quattrocento über, dessen Frühzeit durch Giovanni di
Paolo und Domenico Veneziano repräsentiert wird. Die kleine Kreuzigung
Christi des Venezianers (Nr. 256, Slg. von Gans), in ganz milden weißlich-1,
gelben Tönen auf Goldgrund, ist von zartester Innigkeit und jener träume-
rischen Haltung, wie manche der Zellenfresken des Mönches von S. Marco in
Florenz. Giovanni die Paolo ist durch drei Bilder vertreten. Zwei kleinere
Darstellungen, die Einkleidung eines Mönches (Nr. 85) und eine Heilige als
Retterin in Seenot (Nr. 86, beide Slg. Fuld), sind von der Sammlung Kaufmann
her noch in frischer Erinnerung. Die dritte Tafel, eine fast zwei Meter hohe
Madonnendarstellung mit Kind und Engeln, signiert und 1427 datiert, ist für
Deutschland ein novum (Nr. 84, Slg. von Hirsch). Sie stammt aus der Galerie
Saraceni in Siena. Ein Werk von selten schönem Erhaltungszustand, ^merk-
würdig in der Komposition und leuchtend in der Farbe. —
In demselben blauen Saal, an dessen Stirnwand die Madonna des Sienesen
prangt, hängt auch das Juwel der Ausstellung: die thronende Madonna mit
Engeln und der hl. Katharina des Fra Angelico (Nr. 66, Slg. Henkell). Das
Bild, das noch eine alte Rahmung mit Bemalung von des Künstlers Hand
aufweist, hat schon manche Ausstellung erlebt, als es noch in englischem
Besitz war. Seit einem Vierteljahrhundert befindet es sich in Deutschland.
Versonnen und goldversponnen führt die zarteste und lieblichste Malerei in
die mystischen Gefilde der Marienverehrung. Zwei andere Bilder, weniger
hoch im Rang, aber doch beachtenswert, sind neben dem Angelico als
Florentiner aus der Zeit zu erwähnen: das amüsante Cassonebild mit dem
Triumph Davids in der Art des Pesellino (Nr. 72, Slg. von Weinberg) und die
Verwandlung des Aktäon zum Hirschen, gleichfalls ein Truhenstück, dem
sog. Paris-Meister zugeschrieben (Nr. 182, Slg. Fuld), ehemals Sammlung
Kaufmann.

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