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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 15
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Goetz, Oswald: Leihausstellung aus Privatbesitz im Städelschen Kunstinstitut
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0771

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um 1512, ein Werk von meisterlicher Sicherheit und Großzügigkeit des Auf-
baues. Die beiden Tafeln mit dem hl. Martin und der hl. Ursula (Nr. 38, 39,
Slg. von Sierstorpff), die aus dem Mainzer Dom stammen, befinden sich vor-
läufig noch auf der Mainzer Jahrtausendausstellung. Ein interessantes, frühes
Bild ist das männliche Porträt (Nr. 42, Slg. von Grunelius). Es folgt die Maria
auf der Mondsichel mit Kurfürst Friedrich dem Weisen als Stifter (Nr. 45, Slg.
Schaefer, Darmstadt) und das im gleichen Besitz sich befindende Urteil des
Paris von 1528 (Nr. 44), ein bei Glaser abgebildetes Werk. Den Beschluß
dieser Gruppe bilden das Brustbildnis vom jüngeren Cranach (Nr. 46, Slg.
R. v. Passavant) und das kühle, blasierte Bildnis des Pankraz von Freyberg
zu Aschau, das Hans Mielich im Jahre 1545 gemalt hat (Nr. 144, Slg. Max von
Goldschmidt-Rothschild).
Kurz erwähnt nur seien die Bildnisse der Seekatze, Urlaub, Juncker, Tisch-
bein und van der Hicke (?) sowie eine famose Auferweckung von Jairi
Töchterlein von J. Zick (Nr. 26g, Slg. A. Berg), um überzuspringen zu den
Franzosen den 18. Jahrhunderts. Watteau fehlt, aber was sonst in dem
Kabinett des dixhuitieme vereinigt ist, zeigt die bekanntesten Namen.
Lancrets Dame und Neger (Nr. 124, Slg. von Schey), Paters Dame in
Landschaft (Nr. 183, Slg. Max von Goldschmidt-Rothschild) vertreten die Früh-
zeit des Rokoko, unter den späteren Meistern sind zu nennen: Boucher,
Madame Pompadour (Nr. 23, Slg. A. von Goldschmidt-Rothschild), die beiden
Fragonards (Nr. 74, 75, Slg. A. und M. von Goldschmidt-Rothschild) und die
zwei Köpfchen von Greuze. Damenbildnisse von Drouais (Nr. 54, Slg. von
Goldammer), Tocque (Nr. 244, Slg. von Schey) und der Vigee-Lebrun (Nr. 125,
Slg. von Schey) ergänzen die Reihe auf das Glücklichste.
Am Schlüsse möchte ich noch die wenigen spanischen Bilder erwähnen.
Das früheste ist ein Retabel mit Szenen aus dem Leben des hl. Antoniuls,
ein Werk vom Ende des 14. Jahrhunderts, das italienische Einflüsse verrät
(Nr. 21g, Slg. M. Oppenheim). Dann folgt eine großflächige Anbetung des
Kindes aus gleichem Besitz (Nr. 221). Zwei Täfelchen mit dem hl. Franziskus
und Antonius (Nr. 222, 223, Slg. Jacobi) vom Anfang des 16. Jahrhunderts
sind äußerst zart und inbrünstig im Ausdruck. Ein Greco fehlt in Frankfurt,
ebenso Velazquez. Hingegen ist ein Johannes Evangelista des Ribera (Nr. 193,
Slg. Hartmann) ausgestellt, ein ausdrucksstarkes Bild, das wahrscheinlich einer
Serie von Evangelistenbildern angehört. Goya ist mit zwei Bildern vertreten,
einem Picador zu Pferde (Nr. 94, Slg. A. von Goldschmidt-Rothschild), und
einer Bildnisskizze (Nr. 95, Slg. P. Hirsch), die mit dem Bild der königlichen
Familie im Prado im Zusammenhang steht.
Soweit sich zurückblicken läßt, hat bisher in Frankfurt keine größere Aus-
stellung alter Bilder aus Privatbesitz stattgefunden. Auf der Suche danach
stößt man auf Goethes bewegte Klage nach einer Konzentration des Kunst-
besitzes, nach systematischer Sammeltätigkeit der Kunstliebhaber. Das war
noch zu Städels Lebzeiten, dessen Sammlung Goethe kannte und lobend
erwähnt hat. Infolge dieses Mangels an Ausstellungen ist es uns unmöglich,
den Frankfurter Kunstbesitz nach rückwärts zu verfolgen, die Zu- oder Ab-
nahme zu konstatieren. Um so besser für uns, daß wir neben der lebendigen,
augenblicklichen Freude an dem Zusammensein des Frankfurter Bilderbesitzes
auch die Möglichkeit haben, in einem illustrierten Katalog die Ausstellung für
zukünftige Unternehmen dieser Art fixieren zu können.

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