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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 15
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0782

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S ammlungen

eine von dem genannten Meister wieder-
holt dargestellte Persönlichkeit, die wohl
dem Hof Philipps des Guten von Burgund
angehört haben dürfte. Variationen derglei-
chen Komposition befinden sich in Berlin
und Brüssel. <
Im zweiten Fall handelt es sich um ein
Altarbild aus dem Hospital von San Miguel
in Zafra (Prov. Badajoz, Extremadura), bei
dem, in Anbetracht seines vernachlässigten
Zustandes, eine ziemlich starke Restaura-
tion notwendig war. Die Darstellung ist die
des Kampfes des Heiligen Michael mit dem
Drachen, umgeben von dramatischen
Szenen des jüngsten Gerichts; die Behand-
lung der Hauptfigur weist verwandte Züge
auf mit dem Gemälde Van Eycks in Pe-
tersburg. Allem Anschein nach ist es die
Arbeit eines spanischen Meisters aus der
zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, der, wie
der ältere Katalane Dalmau, stark unter flä-
mischem Einfluß gestanden hat und mögli-
cherweise ein Zeitgenosse und Landsmann
des Pedro von Cordoba war. Die Reste von
einigen Buchstaben, die sich auf dem
Schwert des Erzengels befinden, sind vor-
läufig noch nicht hinreichend entziffert wor-
den; doch ist es sehr wahrscheinlich, daß
an dieser Stelle das Zeichen des Künstlers
sich befand. A. D.
PRAG
Die hiesigen Staatssammlungen kämpfen
mit großen Raumkalamitäten. Alte wie mo-
derne Kunst ist provisorisch untergebracht.
Eine große Galerie, die beide aufnehmen
soll, ist projektiert, im Entwurf genehmigt.
Ihre Ausführung wird auf sich warten las-
sen. So hat sich die Moderne Galerie
zu einer Neuordnung in ihren unzureichen-
den Räumen entschließen müssen (Baum-
garten). Durch Einbeziehung eines großen
Lichthofes in die Galerieräumlichkeiten wur-
de ein schöner Auf stellungsort für plastische
Werke gewonnen. Leider aber schlecht ge-
nutzt. Schon der Kardinalfehler, daß der Säu-
lenhof nicht umkleidet, sondern in seiner
raumzerreißenden Gestalt belassen wurde,
erschlägt alles hier Aufgestellte. Rodinsta-
tuen, von Säulen hinterschnitten usw. Da-
zu kommt noch, daß in diesen an sich
großen Säulenhof eine solche Unmenge
von Skulpturen hineingestopft wurde, daß
man glaubt, in einem Verkaufsgarten von
Friedhofsdenkmälern geraten zu sein. Ein
Stück mordet das andere. Schauderstücke
dazwischen sorgen, daß die guten ihre letz-
ten Wirkungsmöglichkeiten noch verlieren.
Schade um die schönen Erwerbungen der
letzten Jahre. (Der „Fechter“ von Lederer,
über die französischen Stücke s. Ber. an

dieser Stelle, Jg. 1924.) Gemäldegalerie: Ein-
gangssäle utraquistisch, d. h. Deutsche und
Tschechen untereinander, die großen Flü-
gelsäle nach Deutschen und Tschechen
gesondert. Viel Kompromisse und beider-
seits manche Lokal-Patriotismen. Die ersten
Säle teilweise auf Qualität abgestimmt. Um
so mehr verwundert zwischen zwei starken,
also frühen Pechsteins ein kalter Akt von
Bondy und im selben Raum bei Munch
noch ein Simon. Sonst gute Coubines. ein
Spala, ein Filia, Plastiken von Stursa und
Metzner. Anschließend der feine Jan Preis-
ler (gest. igo8). Große Klimts, die recht ta-
petenhaft wirken, einige Orliks, kein Ko-
koschka. Ein großer Slaviceksaal mit Bron-
zen des klassizisierenden Mylsbeck. In der
tschechischen Abteilung Kosärek, Chitussi,
Purkvne und Ales gut vertreten. In der
deutsch-böhmischen der in der Landschaft
oft delikate Franz Rumpler 1848—ig22, der
kräftige Landschafter Adolf Hölzel, dann
die in Deutschland bekannten RichardMül-
ler, Em. Hegenbarth, Gabriel Max, Plasti-
ken von Hanak und Metzner. Moderner:
Brömse, Feigl, Justitz, Mopp. In Kabinet-
ten (!) die deutsche Kunst aus Österreich
und dem Reich. Eine hübsche Zusammen-
stellung: Waldmüller, Barvitius, Riedel,
Raysky. Dann Liebermann und Corinth.
Von Liebermann: Porträt Dr. Linde und
das Spätbild: Im Garten (1923) (das im
vorigen Jahre von Galerie Arnold erwor-
ben wurde). Von Corinth: „Odysseus im
Kampf mit den Bettlern“ und — wesent-
licher — ein Stilleben von 1922. Die aus-
gestellte Graphik ist wohl (hoffentlich)
als wechselnd gedacht. Man ist geneigt,
die Mängel der Aufstellung dieser „Moder-
nen Galerie“ den Raumschwierigkeiten an-
zurechnen, eine Entschuldigung, die vor
strengen Galeriebeurteilern allerdings nicht
stichhält.
Die Sammlung alter Kunst, im Rudol-
finum vom dort untergebrachten Parla-
ment arg bedrängt, sucht die Synthese aus
Raummangel Und reichem Zuwachs zu fin-
den. Anläßlich der Eröffnung der neuauf-
gestellten Sammlung (im Herbst) soll über
diese an einzelnen Schätzen nicht arme
Sammlung ausführlich berichtet werden.
Heute nur Aufzählung einiger bemerkens-
werter Neuerwerbungen. Rembrandt: Ver-
kündigung (um 1655), aus Privatbesitz er-
worben. Sonst von Niederländern ein Lu-
kas von Leyden, ein guter Jak. Ruysdael,
ein Berchem, Stilleben von Pieter Claes
und, besonders schön, von Jan v. d. Velde.
Eine dunkle Dorfszene vom älteren Teniers
und ein interessanter Höllenbreughel. Von
Italienern u. a. ein Schulbild Palma Vec-

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