Aus der Sammlerwelt und vom Kunsthandel
lers selber begann, durfte man annehmen,
daß Rekordpreise erzielt werden würden;
aber auch der ruchloseste Optimist kann
nicht geglaubt haben, daß es Leute gibt, die
auf einer zweitägigen Vente für das nach-
gelassene Werk (237 Nummern) eines eben
verstorbenen und dazu noch umstrittenen
Künstlers die ungeheure Summe von
£175260 hinlegen werden. Wir können
jenen an der Vente bei Christie anwesen-
den französischen Händler wohl ver-
stehen, der, wenn eine kleine Ölskizze Tau-
send Guineen erreichte und dann weiter-
raste, nichts anderes zu sagen wußte, als
ein vielbedeutendes „Mon Dieu.“ Die Er-
klärung der fast unglaublichen Summe ist
darin zu suchen, daß Sargent in England
undAmerika, wenn auch nicht auf demKon-
tinent, abgötterisch verehrt wird, seine Bil-
der aber nur ganz selten im Handel auf-
tauchen. Als denn nach dem Tode des
Künstlers eine ganze Sammlung von Sar-
gents freigegeben wurde, war wohl zu er-
warten, daß die Händler und Kunstsammler
über einander herfallen würden. 4600 Gui-
neen wurden am ersten Tage bezahlt für ein
Aquarell: A Side Canal, Venice (Format
14 Zoll auf 20 Zoll). Eine andere Zeich-
nung: A View in the Simpion Tunnel, er-
zielte 3000 Guineen und dieselbe Summe
wurde für die „Cypress Trees at San Vigi-
lio“ betitelte Skizze gegeben. Dann kamen
die Gemälde dran. Sein unvollendetes
„Portrait of Madame Gautreau“ wurde von
der Vente zurückgezogen, da es von Sir
Joseph Duveen für die Stiftung an die Täte
Gallery erworben worden war. Weiter
wurde angekündigt, daß ein ainderes Ge-
mälde Sargents, Claude Monet Painting at
the Edge of a Wood, von den beiden
Schwestern des Verstorbenen der Nation
geschenkt werden würde. Von den am
ersten Tage versteigerten Ölgemälden Sar-
gents seien noch folgende Preise notiert:
San Vigilio, a Boat with Golden Sail
7000 Guineen (Maximum des Tages); Torre
Galli 6600 Guineen; Carmencita Singing
4800; A View of the Simpion 4200; Church
of Gesuiti, Venice 3400. Die Sensation des
zweitenTages war die Summe von 6000 Gui-
neen, die für eine Kopie i73/t Zoll)
Sargents nach Velasquez (Kopf des Prinzen
Balthazar Carlos) bezahlt wurde. Bo.
BEVORSTEHENDE
VERSTEIGERUNGEN
BERLIN
Das Kunstauktionshaus Jac. Hecht ver-
steigert am 6. Oktober die überaus reich-
haltige Einrichtung von Schloß Schwante,
daß erst im Jahre ig22 von der Münchner
Firma Bernheimer eingerichtet worden ist.
Neben antiken Einzelmöbeln, kommen
komplette Garnituren, u. a. ein Louis XV.
Salon, ein Chippendale-Herrenzimmer zum
Verkauf. Die zahlreichen Teppiche zeigen
einen sehr guten Geschmack des früheren
Besitzers. r.
Aus der Sammlerwelt
und vom Kunsthandel
BERLIN
Die Kunsthandlung J. B. Neumann so-
wie die Kunsthandlung und Verlag Karl
Nierendorf haben ihre Ausstellungs-und
Geschäftsräume vom Kurfürstendamm 232
nach der Lützowstraße 321 verlegt. Die
Ausstattung der neuen Räume liegt in
Händen des Dessauer Bauhauses. Die Er-
öffnung soll Mitte September mit einer
sorgfältig ausgewählten und großzügig ge-
stalteten Ausstellung stattfinden, an der
führende zeitgenössische Künstler teilneh-
men.
LONDON
Bei Knödler in der Old Bond-Street ist
augenblicklich ein Frauenbildnis zu sehn,
das von dem Besitzer als ein Werk des
Vermeer angesprochen wird. Das Bild,
eine Leinwand, mißt 7V4X9 Zoll und stellt
eine junge Dame von ungefähr 20 Jahren
dar (Halbfigur) in einem breitgeränderten
Hut aus rotem Plüsch oder Filz und in ei-
nem blauen Mantel, dessen Farbe sich
Türkis nähert. Sie sitzt, die Seite dem Be-
trachter zugewendet, auf einem Sessel, des-
sen Rücken mit zwei geschnitzten Löwen-
köpfen dekoriert ist. Das Licht kommt von
hinten und fällt unter dem Hutrand auf die
linke Wange, die linke Schulter und die
weiße Halzkrause. Der Tapetenhinter-
grund ist grün und braun. Das Bild zeigt
auf dem Hintergrund das Monogramm I. M.
auf. Während ungefähr hundert Jahren hing
es in einer französischen Sammlung und
wurde von William Bürger in der Gazette
des Beaux Arts des Jahres 1866 in einem
Artikel über Vermeer zwar genau beschrie-
ben, aber fälschlich als das Bildnis eines
jungen Mannes bezeichnet. Bo.
PARIS
Die Firma Bing & Co. teilt mit, daß sie
ihre Sozietät mit H. Fiquet et Cie gelöst und
jetzt einen eigenen Kunstsalon mit moder-
nen Bildern in der Rue la Boetie 20 bis
(Ville) eröffnet hat.
878
lers selber begann, durfte man annehmen,
daß Rekordpreise erzielt werden würden;
aber auch der ruchloseste Optimist kann
nicht geglaubt haben, daß es Leute gibt, die
auf einer zweitägigen Vente für das nach-
gelassene Werk (237 Nummern) eines eben
verstorbenen und dazu noch umstrittenen
Künstlers die ungeheure Summe von
£175260 hinlegen werden. Wir können
jenen an der Vente bei Christie anwesen-
den französischen Händler wohl ver-
stehen, der, wenn eine kleine Ölskizze Tau-
send Guineen erreichte und dann weiter-
raste, nichts anderes zu sagen wußte, als
ein vielbedeutendes „Mon Dieu.“ Die Er-
klärung der fast unglaublichen Summe ist
darin zu suchen, daß Sargent in England
undAmerika, wenn auch nicht auf demKon-
tinent, abgötterisch verehrt wird, seine Bil-
der aber nur ganz selten im Handel auf-
tauchen. Als denn nach dem Tode des
Künstlers eine ganze Sammlung von Sar-
gents freigegeben wurde, war wohl zu er-
warten, daß die Händler und Kunstsammler
über einander herfallen würden. 4600 Gui-
neen wurden am ersten Tage bezahlt für ein
Aquarell: A Side Canal, Venice (Format
14 Zoll auf 20 Zoll). Eine andere Zeich-
nung: A View in the Simpion Tunnel, er-
zielte 3000 Guineen und dieselbe Summe
wurde für die „Cypress Trees at San Vigi-
lio“ betitelte Skizze gegeben. Dann kamen
die Gemälde dran. Sein unvollendetes
„Portrait of Madame Gautreau“ wurde von
der Vente zurückgezogen, da es von Sir
Joseph Duveen für die Stiftung an die Täte
Gallery erworben worden war. Weiter
wurde angekündigt, daß ein ainderes Ge-
mälde Sargents, Claude Monet Painting at
the Edge of a Wood, von den beiden
Schwestern des Verstorbenen der Nation
geschenkt werden würde. Von den am
ersten Tage versteigerten Ölgemälden Sar-
gents seien noch folgende Preise notiert:
San Vigilio, a Boat with Golden Sail
7000 Guineen (Maximum des Tages); Torre
Galli 6600 Guineen; Carmencita Singing
4800; A View of the Simpion 4200; Church
of Gesuiti, Venice 3400. Die Sensation des
zweitenTages war die Summe von 6000 Gui-
neen, die für eine Kopie i73/t Zoll)
Sargents nach Velasquez (Kopf des Prinzen
Balthazar Carlos) bezahlt wurde. Bo.
BEVORSTEHENDE
VERSTEIGERUNGEN
BERLIN
Das Kunstauktionshaus Jac. Hecht ver-
steigert am 6. Oktober die überaus reich-
haltige Einrichtung von Schloß Schwante,
daß erst im Jahre ig22 von der Münchner
Firma Bernheimer eingerichtet worden ist.
Neben antiken Einzelmöbeln, kommen
komplette Garnituren, u. a. ein Louis XV.
Salon, ein Chippendale-Herrenzimmer zum
Verkauf. Die zahlreichen Teppiche zeigen
einen sehr guten Geschmack des früheren
Besitzers. r.
Aus der Sammlerwelt
und vom Kunsthandel
BERLIN
Die Kunsthandlung J. B. Neumann so-
wie die Kunsthandlung und Verlag Karl
Nierendorf haben ihre Ausstellungs-und
Geschäftsräume vom Kurfürstendamm 232
nach der Lützowstraße 321 verlegt. Die
Ausstattung der neuen Räume liegt in
Händen des Dessauer Bauhauses. Die Er-
öffnung soll Mitte September mit einer
sorgfältig ausgewählten und großzügig ge-
stalteten Ausstellung stattfinden, an der
führende zeitgenössische Künstler teilneh-
men.
LONDON
Bei Knödler in der Old Bond-Street ist
augenblicklich ein Frauenbildnis zu sehn,
das von dem Besitzer als ein Werk des
Vermeer angesprochen wird. Das Bild,
eine Leinwand, mißt 7V4X9 Zoll und stellt
eine junge Dame von ungefähr 20 Jahren
dar (Halbfigur) in einem breitgeränderten
Hut aus rotem Plüsch oder Filz und in ei-
nem blauen Mantel, dessen Farbe sich
Türkis nähert. Sie sitzt, die Seite dem Be-
trachter zugewendet, auf einem Sessel, des-
sen Rücken mit zwei geschnitzten Löwen-
köpfen dekoriert ist. Das Licht kommt von
hinten und fällt unter dem Hutrand auf die
linke Wange, die linke Schulter und die
weiße Halzkrause. Der Tapetenhinter-
grund ist grün und braun. Das Bild zeigt
auf dem Hintergrund das Monogramm I. M.
auf. Während ungefähr hundert Jahren hing
es in einer französischen Sammlung und
wurde von William Bürger in der Gazette
des Beaux Arts des Jahres 1866 in einem
Artikel über Vermeer zwar genau beschrie-
ben, aber fälschlich als das Bildnis eines
jungen Mannes bezeichnet. Bo.
PARIS
Die Firma Bing & Co. teilt mit, daß sie
ihre Sozietät mit H. Fiquet et Cie gelöst und
jetzt einen eigenen Kunstsalon mit moder-
nen Bildern in der Rue la Boetie 20 bis
(Ville) eröffnet hat.
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