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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 21
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Waldschmidt, Ernst: Die uigurisch-chinesische Epoche in der Kunst der Oase von Turfan
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#1067

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Textabb. 5. Ausritt zur Jagd (nach Grünwedel)


betend je ein Dämon mit spitzen Ohren und drei Augen, aber friedfertigen Aus-
sehens, in voller Rüstung. Die unteren Ecken des Bildes sind durch flammende
Wellenlinien scharf abgetrennt. In ihnen steht je ein Dharmapala (Religions-
hüter) schrecklicher Form, welcher einen tierischen Dämon, der Schonung er-
flehend vor ihm kniet, bändigt. Der Dharmapala in der linken Ecke hält in fünf
seiner Arme Schwert, Fangschnur, Rad, Streitaxt und Messer, den sechsten hat
er gegen den knieenden Dämon ausgestreckt. Eine Schlange ist um seinen Hals
gewunden. Der Dharmapala der rechten Ecke trägt einen Menschenschädel auf
dem Diadem. Drei seiner Arme halten Schlinge, Rad, Donnerkeil, zwei sind vor
der Brust zusammengelegt, der sechste ist wieder gegen den knieenden Dämon aus-
gestreckt. Über den beiden Dharmapalas bemerkt man oben die Reste der Bilder
von Göttern des Hindu-Pantheon, welche alle dem Schivakult anzugehören scheinen.
Von den Gemälden der Seitenwände sind ebenfalls nur die unteren Teile er-
halten. Das eine zeigt einen auf Garudajagd ausreitenden Fürsten, das andere
die Rettung eines Kindes, welches von Garudas entführt worden ist. Der Garuda
ist ein bekannter mythischer Vogel indischer Erzählungen, der ewige Feind und
Vertilger der Schlangen. Aus den Gandharaskulpturen ist eine indische Um-
deutung der Gruppe des Leochares, Zeus als Adler den Knaben Ganymed ent-
führend, bekannt. Der Adler ist zum Garuda umgedeutet, Ganymed zu einer
mit menschlichem Körper dargestellten Schlangenfrau. In der Oase von Turfan
ist der den Ganymed entführende Adler zu einem Kinder raubenden Vogelungeheuer
geworden, und dieser Vorgang ist ein oft, mit großer Lebendigkeit und einigem
Humor, dargestelltes Motiv. Textabb. 5 gibt die Pause einer Replik des Ge-
mäldeteiles des Tempels 9, aus dem, diesem Tempel in fast allen Punkten
parallelen Tempel 4 zu Bäzäklik, Textabb. 6 die Pause eines Bildes mit einer
Garudajagd aus dem Tempel 7. Auf der einen sehen wir den Fürsten mit seinem
Gefolge zu Pferd auf die Jagd ausziehen, die andere zeigt die Jagd in vollem

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