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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

DOI issue:
Heft 22
DOI article:
Basler, Adolphe: Lotiron
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.42040#1124

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der Seine, die von Ausladern belebt sind und die ihn zuerst bekanntmachten,
bis zu den heiteren Landschaften seiner letzten Periode, die sich mit den we-
sentlichen Elementen und nur wenigen menschlichen oder tierischen Gestalten
begnügen. Trotzdem ist der Stoff nicht arm; doch möchte man wünschen,
daß der Künstler den rein musikalischen Reiz des physischen Anblicks seiner
Naturdarstellungen mit etwas mehr Kostbarkeit erfüllte. In seiner Komposition
„Quatuor“ hat er gezeigt, wie weit seine Fähigkeit und der Zauber seiner
Palette reichen, einen Raum mit schwebenden, nur ihrem natürlichen Rhyth-
mus folgenden Gestalten zu füllen, ohne an intimem Reiz einzubüßen.
Lotirons Kunst ist von keiner Theorie oder Ideenlehre beschwert, sie ent-
stammt allein der Vision des Malers. Er bemüht sich um einen Ausdruck,
der nur auf dem Gefühl beruht und nicht auf der Malerei als Wissenschaft.
Das unterscheidet ihn von zahlreichen lebenden Malern, die umgekehrt das
Gefühl der Palette opfern. Man kann aber voraussagen, daß in Zukunft die
Form nur nach der Empfindung gewürdigt wird, die sie geschaffen hat.
Lotiron kann also sicher sein, daß er richtig gewählt hat.
Seine Aufrichtigkeit rührt uns. Wir lernen in ihm eine Persönlichkeit
kennen, die sich mehr durch ihre Geistigkeit als den äußeren malerischen
Reichtum auszeichnet. Ist es nicht das Ideal einer jeden Kunst, vor allem
die Gaben des Talentes und des Geistes zu entfalten und nicht technische Er-
rungenschaften offenbar zu machen, wären sie auch noch so reizvoll? Eine
Epoche, die Utrillo Gerechtigkeit widerfahren läßt, wird auch Geschmack an
einer Kunst finden, die in engster Verbindung mit der Natur steht. Unsere
Zeit ist einer Malerei abgeneigt, die mehr gedacht als empfunden ist, die nur
über Palettenreichtum verfügt, an dem zumeist der Farbenfabrikant das größte
Verdienst hat. Aus all diesen Erwägungen heraus muß Lotiron als ein guter
Maler seiner Zeit bezeichnet werden.
Deutsch von G. G.


Otto Schoff. Mädchen mit Papagei
 
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