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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,4.1916

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Heft 22 (2. Augustheft 1916)
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Vom Heute fürs Morgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14294#0205

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Wenn Fräulein Bäumer, ohne uns
hören zu lassen, „nochmals den be-
stehenden Gegensatz erläutert" hätte,
so hätte sie ihn wieder nur zeigen
können, wie sie ihn sieht.

„5. Noch eine Bemerkung im
ganzen: ich sehe nicht ganz klnr, was
für ein Interesse der Kunstwart
daran hat, meinen brieflichen Anße--
rungen eine Schärfe unterzuschieben,
die sie gar nicht gehabt haben. Ich
habe ebensowenig die ungerechte
Schärfe der Kritik verstanden, die
in den Bemerkungen über den
»Modejammer« an den Frauenver-
einen geübt wird, und die Redaktion
auch gefragt, warum sie — ehe sie
fälschlich berichtet, es sei von den
organisierten Frauen in der Mode-
sache nichts geschehen — nicht ein-
fach bei uns anfragt: was habt ihr
in der Sache getan? Mir scheint
eine Form der Kritik, die vorhandene
Bemühungen nur als Hindernisse
ihres summarischen Verfahrens emp-
findet und lieber gleich mit wegbeizt,
statt sie anzuerkennen, jetzt ganz be-
sonders unzeitgemäß. Dr. Gertrud
Bäumer."

Zunächst: Ich habe Fräulein
Bäumers Aüßerungen keine „Schärfe
untergeschoben", sondern sie wört-
lich zitiert. Sie wirken im Zu-
sammenhange ganz genau so wie
einzeln. Wünscht sie, daß wir das
durch Abdruck beweisen?

Wir hätten also bei Fräulein
Bäumer vorher anfragen sollen, ob
der „Bund deutscher Frauenver-
eine" neuerdings nicht doch viel-
leicht einiges in der gewünschten
Richtung unternommen habe, und
dann darauf warten,ob und wannuns
Fräulein Bäumer, die uns an ihre
vielen nicht nur Redaktions-, son-
dern auch sonstigen Pflichten jetzt
selbst erinnert, wissen ließ, was
dieser Bund an noch unveröffent-
lichten Eingaben oder Beratungen
schon unternommen oder noch unter-
wegs habe. Die Frage liegt aber

nicht so, ob der „Bund deutscher
Frauenvereine" jetzt etwas tut, son-
dern: ob die politische Frauenbe-
wegung seit Iahrzehnten die Fra-
gen der Kleidung (und Ernährung)
so systematisch bearbeitet hat, daß
die Frauen jetzt praktisch wirksam
eingreifen konnten.

Darf ich Frl. Bäumer an ein
Frauenwort zum Thema er-
innern? „Die Frau — es sei zu
ihrem Tadel gesagt — hat viel zu
lange die Herrschaft der Konfektion
über sich ergehen lassen, sie selbst ist
schuld daran, daß sie zu einem
Werkzeug der Modeindustrie gewor-
den ist. Nur die verhältnismäßig
kleine Gemeinschaft unserer Vereine
hat immer den Mut der eigenen
Meinung gehabt da, wo die Mode
Schlechtes brachte. Alle andern
Frauenvereinigungen fan-
den es unter ihrer Würde,
sich mit der Kleidung zu be-
fassen, und diese großen
Vereine, die die Machtmit-
tel besaßen, viel mehr als
die einzelne Frau, müssen
es jetzt von alleu Seiten
hören, daß sie vor lauter
politischer Arbeit blind ge-
wesen sind gegen den größ-
tenFeind derFrauen: gegen
denGeistderNnselbständig-
keit und der Verdummung,
dersichmit den tausend Kin-
kerlitzchen der Modenarr-
heiten bei der Frau ein-
schleicht.« So stellt sich das Or-
gan des Verbandes für deutsche
Frauenkleidung und Frauenkultur
zu unsrer Frage. Es denken also in
der Frauenbewegung gerade die
ebenso wie wir „nicht zum besten
Beratene", die sich mit diesen Fra-
gen ganz vorzugsweise beschäftigt
haben.

Der letzte Satz Gertrud BLu-
mers („Mir scheint" usw.) bedeutet
eine Nnterstellung und entzieht
sich deshalb einer Beantwortung in
 
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